Thomas Olbricht

Macht Sammeln glücklich?

Michael Beck und Thomas Olbricht (v.l.). Foto: MZ

Dialog in Tegernsee

Zum Face-to-Face-Gespräch hatte Michael Beck, Vorsitzender der Olaf-Gulbransson-Gesellschaft, Thomas Olbricht geladen, den Sammler, dem das Museum die aktuelle Ausstellung „Gerhard Richter Werke im Plural“ zu verdanken hat.

Das vergleichsweise kleine Museum in Tegernsee sei in den letzten Jahren etwas bekannter geworden, sagte Michael Beck. Das sei den Sammlern geschuldet, die ihre Werke, die man üblicherweise nicht zu sehen bekomme, zur Verfügung stellen.

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Die aktuelle Ausstellung von Gerhard Richter habe dessen Sammler Thomas Olbricht konzipiert, sie habe bisher 16.900 Besucher angelockt. Das heutige Face-to-Face-Gespräch stelle nun die Frage: „Kunst macht unter Umständen glücklich, aber nicht nur, es macht auch Arbeit.“ Denn die hier gezeigten 90 Werke aus einer Sammlung von insgesamt mehr als 3000, da gehe es doch nicht nur um Freude, oder?

Es gehe in erster Linie um Kunst und Kunst könne in schwierigen Zeiten helfen, konstatierte Thomas Olbricht. Zudem habe Goethe wohl gesagt: „Sammler sind glückliche Menschen.“ Er allerdings empfinde Glück auch in der Familie und in der Natur. Kunst indes treibe ihn an, sei Leidenschaft. Und er habe Freude daran, wenn die Menschen zu seinen Sammlungen kommen.

Thomas Olbricht
Thomas Olbricht beim Signieren. Foto: MZ

Diese Freude, durch Kunst kommunizieren zu können, habe Thomas Olbricht professionalisiert und eine eigene Ausstellungshalle, den me Collectors Room in Berlin eröffnet, informierte Michael Beck. Launig berichtete der Sammler, dass das auch schief gehen könne. Mit jungen unbekannten Künstlern grabe man sich sein Grab und durch zusätzliche Missverständnisse habe er das Experiment wieder aufgegeben. Stattdessen habe er eine Stiftung gegründet, die Grundschulkindern Kunst näherbringt. Dazu, so erklärte er, gehöre auch die Wunderkammer, in der er Objekte aus Barock und Renaissance zeige.

Mit einem Bild von Ernst Wilhelm Nay habe seine Sammelleidenschaft 1986 begonnen, erzählte Thomas Olbricht. „Ich bin ein dynamischer Sammler, ich zeige gern Kunst, um andere anzustecken, ich bin hochinfektiös“, lächelte der promovierte Chemiker und Mediziner. Er sei hochbeglückt, dass er jetzt mit dem Folkwang-Museum in Essen kooperiere und auch dort mit Schulen mit sehr hohem Migrationsanteil zusammenarbeite.


Gerhard Richter. Farbfelder. Foto: MZ

Kunst sei gesellschaftlich wichtig, bestätigte Michael Beck und fragte, wie denn sein Gesprächspartner zur Kunst gefunden habe. Der Großonkel sei Sammler gewesen und habe einen Vertrag mit Joseph Beuys gehabt, den er selbst kennenlernen durfte. „Das war der Kristallisationspunkt“, konstatierte Thomas Olbricht.

Eine zweite wichtige Begegnung sei die mit der Fotografin Cindy Sherman gewesen, zu deren Preisverleihung er die Laudatio gehalten habe. Dabei habe er sein Fachgebiet, die Endokrinologie mit der Sammlerleidenschaft verbunden. Das sehe so aus, dass Stresshormone beim Anblick eines erstrebenswerten Werkes ebenso ausgeschüttet werden wie danach, wenn man sich frage: Was habe ich da getan? „Aber irgendwann wird’s gut, dann, wenn Anfragen nach Leihgaben von Museen kommen“, lächelte Thomas Olbricht.

Wie es denn mit den Beziehungen zu Künstlern aussehe, wollte Michael Beck wissen. Er wolle objektiv sein und deshalb halte er Freundschaften für nicht erstrebenswert. Mit Gerhard Richter verbinde ihn Respekt. Er habe eine vollständige Sammlung des Künstlers angestrebt und das funktioniere nur über Editionen.


Gerhard Richter: Ema Akt auf der Treppe. Foto: MZ

Und so habe er die vielfältigen, auch unikatären Editionen von Gerhard Richter gesammelt, fanatisch, wie er bekannte. Inzwischen habe der Künstler das auch bemerkt und so erfahre er, wenn eine neue Edition anstehe. „Das ist das Höchste, wenn es nur acht Auflagen gibt“, meinte der Sammler und er habe eine davon.

Er verriet dem Publikum sein neuestes Vorhaben. 2026 werde er seine Wunderkammer mit Objekten der Renaissance und Barock im Grünen Gewölbe Dresden zeigen. Gerhard Richter stamme ja aus Dresden und so habe er eine Idee. August der Starke, König von Sachsen habe Objekte aus sächsischen Mineralien gesammelt. Er wünsche sich nun, dass er sein berühmtes Kreuz aus diesen Steinen fertige. „Ich bin neugierig, ob er es macht.“


Gerhard Richter: Kreuz. Foto: MZ

Was sei es denn, was ihn am Werk Gerhard Richters so fasziniere, fragte Galerist Michael Beck. Die Initialzündung sei das Ölbild „Ema“ gewesen, „das hat mich geflasht“. Aber auch seine Erfindungen für die verschiedenen Editionen finde er spannend.

Es sei schon verrückt gewesen, als Gerhard Richter, der gegenständliche Maler aus Dresden, 1961 in die abstrakte Kunstszene des Westens gekommen sei, meinte Michael Beck und Thomas Olbricht fügte hinzu: „Sein Markenzeichen war die nasse verwischte Ölfarbe.“ Und auch das Beherrschen ganz unterschiedlicher Ansätze, ergänzte Michael Beck.


Face-to-Face: Michael Beck und Thomas Olbricht. Foto: MZ

Die Frage, ob Sammeln glücklich macht, wurde abschließend nicht konkret beantwortet. „Sammeln ist kein Kinderspiel“ hieß es, aber „die Beschäftigung mit Kunst verändert das Leben“ und das gilt nicht nur für Sammler.

„Gerhard Richter. Werk im Plural. Aus der Sammlung Olbricht“ ist im Olaf Gulbransson Museum Tegernsee noch bis zum 28.7. zu sehen. Nähere Informationen finden Sie auf der Webseite.

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