Granatkapelle am Penkenjoch

Besuch der Granatkapelle am Penkenjoch

Architekturkleinod, Andachts- und Pilgerort: die Granatkapelle am Penkenjoch. Foto: IW

Ausflugstipp in Tirol

In der Form eines riesigen Granates thront die Granatkapelle am Penkenjoch hoch über dem Zillertal. Erbaut wurde sie nach Plänen des Architekten Mario Botta, die Innengestaltung stammt vom Achenseer Künstler Markus Thurner. Gewidmet ist die dem Seligen Engelbert Kolland, der aus dem Zillertal stammte. Und dieser wird im Herbst heiliggesprochen. Darum lohnt sich jetzt ein Ausflug dahin – vor dem  Ansturm der Pilgerinnen und Pilger.

Das Zillertal ist immer wieder einen Ausflug wert. Auch wer nicht ganz so gut zu Fuß ist, kann sich mit zwei Gondelbahnen rasch hinauf auf das Penkenjoch tragen lassen, wo eine überwältigende Aussicht in die Alpen den Besuchern den Atem verschlägt. Für konditionsstarke Wanderer gibt es mehrere Wanderwege aus dem Tal von Mayrhofen, Finkenberg oder Lanersbach aus, die Gehzeit variiert von 2,5 bis 4 Stunden. Etwa anderthalb Stunden Wanderung hat man von der Bergstation der Penkenbahn oder von der Mittelstation der Finkenberger Almbahn vor sich. Von der Bergstation letzterer ist man direkt zur Stelle – und reibt sich die Augen.

auf dem Weg zur Granatkapelle
Prächtige Aussichtspunkte auf dem Weg zur Granatkapelle. Foto: IW

Riesiger Granat 

So unwirklich und zugleich wunderschön ist der Anblick der Granatkapelle, die am Rande eines idyllischen Speichersees steht. Oder besser: thront. Wie aus dem stahlblauen Himmel geschnitten wirken die scharfen Kanten der präzisen Flächen des Rhombendodekaeders. Die Kapelle hat die Form eines Kristalls, genauer gesagt eines riesigen Granates. Denn Granate wurden in den Zillertaler Alpen jahrhundertelang geschürft – auch von den Vorfahren der Familie Brindlinger, welche die Granatkapelle bauen ließen.

Granatkapelle von Stararchitekt Mario Botta
Das Kreuz als christliches Symbol ist die einzige Zierde von Außen. Foto: IW

Granate, im Volksmund auch „Karfunkelsteine“, galten als Zillertaler Volksedelsteine.  Der Urgroßvater von Josef Brindlinger Senior, Josef Hofer, war ein erfolgreicher „Steinklauber“, der im hinteren Zillertal, im Ahrntal und auch in Kärnten Granat abbaute. Daraus entstand die Idee, die geplante Kapelle als Granat auszuführen und damit zugleich auch die Arbeit der Vorfahren zu würdigen.

Kontrapunkt zur Natur

Es gelang Josef Brindlinger sen., den Schweizer Star-Architekten Mario Botta zu gewinnen. Der berühmte Erbauer zahlreicher zeitgenössischer Sakralbauten weltweit wurde für seine Arbeit sogar vom Vatikan ausgezeichnet. Mario Botta setzte den überdimensionalen Kristall in Form eines Rhombendodekaeders als Kontrapunkt zur Natur auf den Felsvorsprung östlich des Speichersees Penkenjoch. „Speziell in den Bergen ist die Wahrnehmung verstärkt“, so der Architekt. „Und ein Stück purer Geometrie wie diese Kapelle hilft dabei, die Natur, die Landschaft, den Himmel und die Atmosphäre besser zu lesen“.

Das Mosaikbild des seligen Engelbert Kolland aus 5 heimischen Hölzern gestaltete Markus Thurner
Das Mosaik gestaltete Bildhauer Markus Thurner aus fünf heimischen Hölzern. Foto: IW

Gewidmet ist die Kapelle dem Seligen Engelbert Kolland, der als Michael Kolland am 21. September 1827 als fünftes von sechs Kindern einer armen Holzknechtsfamilie im Zillertal geboren wurde. Er war schon als kleiner Bub so religiös wie gescheit und wurde daher schulisch gefördert. Bei den Franziskanern nahm er den Ordensnamen Engelbert an und wurde 1851 zum Priester geweiht. Er wirkte als Missionar im Heiligen Land und starb schließlich einen Märtyrertod in Damaskus. Ihm zu Ehren wurde die Granatkapelle am 22. September 2013 eingeweiht – nach einer äußerst aufwendigen Bauphase auf über 2.000 Metern Höhe.

Materialien widerspiegeln die Landschaft

Betritt man den Andachtsraum der Kapelle, überwältigen die außergewöhnliche Form, die handwerkliche Meisterleistung und das Material – man befindet sich im Inneren des Rhombendodekaeders, welches ganz in Holz gehalten ist. Der Altar bildet eine andachtsvolle Einheit mit dem Raum, in das Lärchenholz ist eine Steinplatte mit Granat-Einschlüssen eingelassen. Über dem Altar hängt ein Bildnis des Seligen Engelbert Kolland. Der Mauracher Bildhauer Markus Thurner schuf es aus fünf heimischen Hölzern – Ahorn, Kirsche, Apfel, Birne und Nuss. Licht fällt einzig durch ein schlichtes Kreuz und ein kreisrundes Fenster in der Decke. Als Lichtpunkt wandert es im Laufe der Tageszeiten und Jahreszeiten um die Wände, um etwa zur Zeit des Namenstages des Seligen auf sein Bildnis zu fallen. Wanderer, die in der Kapelle verweilen, erleben eine einzigartige Atmosphäre der stillen Andacht und Geborgenheit des Raumes.

Granatkapelle - fotografiert von Fotokünstler Günter Unbescheid mit der Lochkamera
Die Granatkapelle am Penkensee – fotografiert mit der Lochkamera. Foto: Günter Unbescheid

Der Fotokünstler Günter Unbescheid aus der Jachenau verbrachte in einem Winter zwei Tage in der Kapelle, um diese zu erforschen, zu erspüren und zu fotografieren. Es ist ihm gelungen, das Mystische einzufangen, zu unterschiedlichen Tageszeiten und im Wandel des Lichtes. Mit unterschiedlichen Kameras, darunter einer Lochbildkamera, gelangen ihm außergewöhnliche Bilder des architektonischen sowie religiösen Kleinods.

Lesetipp: Günter Unbescheid – Fokus auf der Ästhetik 

Künstler Markus Thurner (links) erläutert das Altarbild
Der Mauracher Bildhauer Markus Thurner (links) erläutert Besuchern das Altarbild. Foto: IW

Wer die Kapelle in der Hauptsaison besucht, trifft auf einen regen Besucherstrom, aber mit etwas Glück, beispielsweise am Morgen oder späteren Nachmittag, kann man die Kapelle in stiller Andacht allein genießen. Schlicht geformte Holzhocker laden zur Andacht und zum Verweilen ein. Im Spätherbst wird der Selige Engelbert Kolland als Märtyrer heiliggesprochen, dann wird die Kapelle in einen neuen Fokus gerückt.

Granatkapelle und Granatalm

Wer sich nach dem Besuch der Granatkapelle und einem aussichtsreichen Spaziergang rings um den Speichersee stärken möchte, kann in der Granatalm auf 2.095 Meter Höhe bei Familie Brindlinger einkehren. Bei schönem Wetter lädt die Sonnenterrasse, bei Schlechtwetter ein offenes Kaminfeuer in den urigen Stuben zum Verweilen ein. Eine bodenständige Küche in regionaler Qualität und mit original Zillertaler Gerichten rundet das Erlebnis ab.

Moderne Architektur auch beim Anbau an die Granatalm der Familie Brindlinger
Moderne Architektur auch beim Anbau an die Granatalm der Familie Brindlinger. Foto: IW

Die Granatkapelle am Penkenjoch ist in den schneefreien Monaten täglich geöffnet. Die Bergbahnen fahren von 9 bis 17 Uhr. Die Engelbert Kolland Gemeinschaft unterstützt den Bau einer „Kapelle zum seligen Engelbert“ in Sambia. Außerdem können Besucher der Granatkapelle das Hilfsprojekt „Namenlose Kinder“ der Franziskaner in Syrien mit dem Kauf eines handgefertigten Engelbert Kolland Rosenkranzes unterstützen. Die Heiligsprechung erfolgt im Oktober im Vatikan.

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