Die emotionale Wirkung der Musik
Kammermusikfestival 2023. Foto: Thomas Bundschuh
Konzerte im Landkreis
Das Miesbach Kammermusikfestival findet heuer vom 14. bis 26. August statt. Zum vierten Mal hat der Violinist Miclen LaiPang als künstlerischer Leiter junge Musizierende unterschiedlicher Nationen zum gemeinsamen Musizieren eingeladen. Im Interview erzählt er, was das Publikum in diesem Jahr erwartet.
MZ: Was hat sich in diesem Jahr verändert?
MLP: In den letzten vier Jahren ist unsere Organisation effizienter geworden. Im Vergleich zu früher ist unser Marketing besser, wir können die notwendige Menge an Essen besser schätzen – ganz wichtig – und die Logistik für Transport der großen Instrumente. Zusätzlich haben wir den Einsatz von iPads durch viele Musiker standardisiert. Sophie Bundschuh, unsere unschätzbare Organisatorin, managt alle administrativen Aufgaben. Ihre Familie – Sonja, Thomas, Dominik, Nici und Flo – spielt eine wichtige Rolle für den Erfolg des Festivals. Wir sind auch unseren Sponsoren sehr dankbar. Diese Leistungen ermöglichen es uns, unseren Musikern ein einmaliges Erlebnis zu bieten, was schon immer mein Ziel gewesen ist.
Bei der Probe 2023. Foto: Thomas Bundschuh
MZ: Ihr kombiniert bekannte Komponisten mit unbekannten. Warum? Und Ihr habt zwei Komponistinnen dabei, ist deren Musik anders als männliche?
MLP: Ich glaube, es ist wichtig, dem Publikum neue Musik vorzustellen und ich bringe hervorragende Komponisten aus diversen Hintergründen und Kulturen. Dadurch, dass ich viele Festivals habe besuchen können, habe ich viele neue Stücke kennengelernt, die ich dann bei meinen Festivals bringen kann.
Talent ist unabhängig vom Geschlecht und es gibt viele außergewöhnliche Komponistinnen, wie Caroline Shaw und Gabriella Smith, deren Werke wir dieses Jahr spielen. Letztes Jahr haben wir Fanny Mendelssohns schöne Streichquartett gespielt und dieses Jahr diese beiden lebenden Komponistinnen.
Miclen LaiPang. Foto: Thomas Bundschuh
MZ: Im 1. Konzert spielt Ihr Reinhold Gliere, ein in der Sowjetunion hochdekorierter Komponist. Wollt Ihr Völkerverbundenheit per Musik demonstrieren?
MLP: Ich glaube fest daran, dass Musik eine eigenständige Kunstform ist, wobei die Schönheit durch unterschiedliche Ausdrucksweisen entsteht. Auch wenn der Kontext wichtig ist, Zensur ist nicht die Lösung, um informierte Kunst zu unterstützen. Mein Fokus liegt auf die emotionale Wirkung der Musik, nicht auf den Hintergrund des Komponisten.
Wenn man aufhöre, wegen deren politischer Meinung die Werke von Komponisten zu schätzen, würde das bedeuten, die Schönheit, die sie der Welt durch ihre Kompositionen geben, zu ignorieren. Musik ist größer als jedes Individuum oder politische Richtung – es ist grenzenlose Energie und ein profundes Gefühl. Das Reinhold Gliere Oktett ist ein sehr unterschätztes Werk der Kammermusik.
Probe in St. Andreas Hohendilching 2023. Foto: Thomas Bundschuh
MZ: Anton Arensky im 2. Konzert ist ebenfalls Russe, ihn kombiniert Ihr mit einem Finnen.
MLP: Auch wenn man meinen könnte, dass hinter der Kombination von Anton Arensky mit dem finnischen Komponisten Olli Mustonen eine thematische Verbindung steckt, ist meine Intention, den Reichtum ihrer jeweiligen Beiträge auszuloten. Beide Komponisten bringen einmalige Perspektiven und Stille ins Programm, die ein diverses Hörerlebnis ergeben.
Anton Arensky war ein russischer Komponist, der im 19./20. Jahrhundert lebte. Er war für seinen romantischen und expressiven Stil bekannt. Sein Leben und seine Werke waren zutiefst durch die reiche Musiktraditionen Russlands beeinflusst. Im Gegensatz dazu, Olli Mustonen, ein zeitgenössischer finnischer Komponist, bringt eine moderne Sensibilität und innovative Herangehensweise in seine Kompositionen. Seine Werke zeichnen sich durch eine eigenartige Mischung von klassischer Tradition und zeitgenössischer Kreativität.
Diese Kombination ist ein weiteres Beispiel, wie unsere Programme unterschiedliche Kulturen zusammenbringen. Der Fokus liegt auf die Musik und die Emotionen, die sie heraufbeschwört.
Konzert in St. Josef Holzkirchen 2023. Foto: Sophie Bundschuh
MZ: Im vorigen Jahr gab es Begegnungen mit regionalen Musikern, ist das wieder geplant?
MLP: Es wird wieder ein Bayerischer Abend mit einigen Musikern, die durch Annemarie Hagn vermittelt werden. Das ist ein wichtiger Teil des Festivals, der die Musiker von Auswärts mit den lokalen zusammenbringt.
Miclen LaiPang und Annemarie Hagn 2023. Foto: Thomas Bundschuh
MZ: Sind die Musikerinnen und Musiker längere Zeit im Landkreis? Wie fühlen sie sich hier?
MLP: Ich versuche jedes Jahr, andere Musiker einzuladen, weil ich möchte, dass möglichst viele Personen dieses Festival erleben können. Dieses Jahr sind nur vier Teilnehmer schon dagewesen und sie sind gerne wieder gekommen, weil sie die Gemeinschaft und das Festival lieben.
Nach jedem Festival sind unsere Musiker voller Energie und inspiriert. Sie verlassen uns regeneriert, gestärkt und mit einem Gefühl von Glück und Ruhe. Die Wärme, Liebe und Gemeinschaftsgefühl, die sie hier erleben, machen unser Festival zu einem besonderen Erlebnis.
MZ: Du kommst gerade aus Paris in das Oberland. Was ist hier anders?
MLP: Nach Valley zu kommen ist ein wunderbarer Wechsel in vieler Hinsicht. Der auffälligste Unterschied ist die Schönheit der Natur und die Ruhe in Valley. In Valley gibt es einen starken Gemeinschaftssinn und enge Beziehungen, die es in einer Großstadt wie Paris weniger gibt. Die Leute sind unsagbar gastfreundlich und unterstützend. Die ruhigere Gangart ermöglicht eine tiefere Verbindung zur Natur und mehr Zeit, sich auf die Musik und Kreativität zu fokussieren.