Dialog in der Kaserne
Lisa Mayerhofer mit ihrer Installation in der ehemaligen Küche. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Lenggries
Die 20. Kunstwoche Lenggries wird heute eröffnet. In der ehemaligen Prinz-Heinrich-Kaserne präsentiert die Künstlervereinigung Lenggries mit zehn Gästen eine beeindruckende und inspirierende Schau zum Thema Dialog. Dabei sind auch die Miesbacher Künstlerin Lisa Mayerhofer und der bekannte Bildhauer Andreas Kuhnlein.
Zur Pressevorbesichtigung startet der Rundgang mit der Installation Heldentod“ des Holzbildhauers aus dem Chiemgau. Andreas Kuhnlein erklärt, dass immer wieder Menschen auf einen Sockel gestellt wurden oder sich selbst drauf positionierten und hinunterfielen. Zertrümmert liegen sie unten. Seine zerklüfteten Skulpturen zeigen einerseits Brutalität des Menschen aber auch seine Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit. Seine Töchter gestalteten den Sockel mit Botschaften, die zum Nachdenken anregen.
Andreas Kuhnlein mit „Heldentod“. Foto: Petra Kurbjuhn
Zum Nachdenken regt auch die überdimensionale Walnuss von Gabriele Pöhlmann an. „Es müssen noch viele Nüsse geknackt werden, um unsere Welt gerecht und nachhaltig zu machen“, sagt die Lenggrieser Künstlerin. Die harte Schale müsse durchbrochen werden, um den wertvollen Kern der Veränderung freizulegen.
Walnuss von Gabi Pöhlmann. Foto: Petra Kurbjuhn
Marina Herrmann verbindet in ihren Werken Malerei und Fotografie. Die Kölner Künstlerin arbeitet unter anderem mit Spiegelungen und regt dazu an, Wahrnehmungen zu hinterfragen und neue Perspektiven zu entdecken. So hat sie eine Uhr mit gespiegelten Ziffern mit einer Vogelflugkarte hinterlegt.
Werke von Marina Hermann und Jürgen Dreistein. Foto: Petra Kurbjuhn
Im Kontrast dazu stehen die luftigen Bilder Jürgen Dreisteins. Er stellt den Dialog mit der Natur, insbesondere den Dialog zwischen Himmel und urbanen Strukturen in den Fokus seiner Farbzeichnungen. Die Himmelszenen erinnern in ihrer Leichtigkeit der Farbgebung an die Impressionisten.
In einem schwarzen Raum sind zwei Gucklöcher. Schaut man hinein, leuchte das Wort „Hoffnungsschimmer“ auf. Paul Schwarzenberger sagt dazu: „Ohne Dialog kann aus Krieg kein Frieden werden.“ Bezogen auf den schwarzen Raum lächelt er: „Manchmal muss man auf die Füße treten, dann beginnt der Dialog.“
Mit KI hat Klas Stöver unter dem Namen Kai Syntharis Bilder, etwa im Stile von Caspar David Friedrich generiert. So werden die Besuchenden eingeladen, über den Dialog von Mensch und Maschine nachzudenken und neue Perspektiven auf Kunst im dialogen Zeitalter zu entdecken. Auch einen Heavy Metal Song mit dröhnenden Gitarren produzierte er mit KI.
Angelika Dominique Rauchenberger mit ihrem „Ohr“. Foto: Petra Kurbjuhn
Im Kontrast stehen dazu im selben Raum die Holzskulpturen von Angelika Dominique Rauchenberger. Die 24-jährige Lenggrieserin zeigt ein überdimensionales Ohr und fordert zum Zuhören ein, auch zu dem, was zwischen den Worten ist. In der Luft hängen als eine Art Mobile ihre Tabu-Themen, etwa der Tod.
Mit ihrer KI-generierten Videoinstallation zeigt das Apnoa-Kollektiv eine digitale Schöpfung. Analoge Bilder von Schmetterlingen wurden als Datensatz eingespeist und die KI kreierte daraus neue Schmetterlinge.
Videoinstallation von Apnoa Kollektiv. Foto: Petra Kurbjuhn
In der ehemaligen Küche hat die Miesbacher Künstlerin ihre beeindruckende Gabel-Installation aufgebaut. Ihr liege am Dialog mit dem Raum, sagt sie, sie wolle sich auf Architektur und Geschichte beziehen. In der Mitte hat sie 2260 Gabeln in zwei Einheiten gegenüber platziert. „Gabeln haben etwas Harmloses, Vordergründiges, aber sie können auch gefährlich werden“, erklärt sie. Wenn sie an die Kaserne aus der Nazizeit denke, sehe sie immer Hakenkreuzfahnen und dieses Thema habe sie mit ihren Fahnen ebenfalls aufgegriffen. Die Geschichte des Ortes könne man auch an den Einlassungen im Boden ablesen, „das erinnert mich an Gräber“.
Daneben zeigt Pascale Schwarzenberger ihren Dialog mit der Landschaft. Mit verschiedenen künstlerischen Techniken verarbeitet sie ihre besonderen Eindrücke, zumeist Strukturen, wie etwa die Tratn. Ihre verdichteten Zeichnungen von wahrgenommenen Elementen zeigen neue Ebenen auf.
Installation von Monika Supé und Franziska Futterknecht. Foto: Petra Kurbjuhn
Auf dem ehemaligen Exerzierplatz schufen Monika Supé und Franziska Futterknecht den Schriftzug „Si vis pacem para bellum“, übersetzt: Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor. Sie ergänzten den Platon zugeschriebenen Satz mit einem Fragzeichen, denn zu den aktuellen Fragen zu Frieden und Krieg müsse man in den Dialog treten, sagten die Künstlerinnen. Der aus Ziegelschutt sorgfältig gelegte Schriftzug zerfällt, sobald man die Perspektive wechselt.
Geflochtene Tiere
Malerei und Korbflechtkunst ergänzen sich ganz wunderbar im 1. Stock, wo Bernard Verdet aus dem Unterengadin seinen Dialog mit der Natur zeigt. Zum einen mit Weidenruten und -spänen, zum anderen mit geflochtenen Tieren, die luftig im Raum hängen und sich bewegen und letztlich mit Rattan, das die meisten Menschen nur als Material für Stühle und Tische kennen.
Werke von Bernard Verdet und Ecki Kober. Foto: Petra Kurbjuhn
Aus den Elementen Feuer, Wasser und Licht entwickelte sich das Leben, sagt Ecki Kober. Der Lenggrieser Künstler ist bekannt für seine vielschichtigen stark farbigen Bilder, die er diesen Elementen widmet. Die Zivilisation sei also das Ergebnis von ständigem Austausch. Und er fragt: „Wann befreien wir diese Welt endlich von Grenzzäunen?“
Schleier mit Zapfen
Charlotte Vögele ist bekannt für ihre Arbeiten mit Naturmaterialien, insbesondere Pflanzenteile, wie Zapfen, Wespennester, Schwemmmaterial oder Isarkieseln. Daraus fertigt sie zauberhafte Gebilde in aufwendiger Komposition. Teils sind es Schleier und teils Kugeln, die sie mit Clouds assoziiert.
Werke von Charlotte Vögele und Günter Unbescheid. Foto: Petra Kurbjuhn
Ihr Dialog mit Natur wird ergänzt durch den Dialog mit den Fotografien von Günter Unbescheid, der ausschließlich Bäume mit unterschiedlicher Aufnahmetechnik zeigt. Er nennt sie „Lob des Schattens“. Einige wirken wie aus einem alten Märchenbuch, andere, etwa mit der Lochkamera oder Collagen aus mehreren Schichten gefertigt, muten modern an. Zumeist sind die eindrucksvollen Arbeiten in Schwarz-Weiß.
Eine interaktive spannende Videoinstallation hat Veronika Partenhauser aus Lenggries zur Überraschung der Besuchenden kreiert. Tritt man in den dunklen Raum, dann entsteht ein Dialog zwischen der Person und ihren Bewegungen und Geräuschen mit den Bildern auf der zuvor schwarzen Leinwand.
Veronika Partenhausers Videoinstallation spielt mit den Besuchenden. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch Fiona Peters wartet mit einer interaktiven Lichtinstallation auf. Die Kölner Künstlerin will damit Neurodiversität abbilden, also Menschen mit unterschiedlichen Hirnfunktionen einen Platz schaffen. Betritt man den Raum, sieht man ein Chaos von Objekten, aber diese werden sukzessive nach Farben sortiert.
Mit den Bildern von Sophie Frey endet der Rundgang. Die Lengrieserin geht sowohl in den Dialog mit der Natur als auch mit Zeitthemen, wie Überflussgesellschaft, oder Jammern auf hohem Niveau. Mit Aquarell- und Hinterglasmalerei greift sie diese Themen auf und tritt durch ihre Fragen in den Unterschriften in den Dialog mit dem Betrachter.
Zum Weiterlesen: Natur in der Kaserne