Zeit für Kultur
Eigentlich hat Kultur keinen bestimmten Ort im Jahresverlauf. In Otterfing scheint das indes anders: Dort findet das Kulturjahr mit der Otterfinger Kunst- und Kulturwoche traditionell seinen Höhepunkt Ende Oktober. Auch heuer wartet vom 26. Oktober bis 2. November ein reichhaltiges Programm auf die Besucher.
Begegnung mit den Künstlern
Arne Hanselmann ist nicht wirklich aufgeregt, verrät der 44-jährige. Denn „nach der Kulturwoche ist vor der Kulturwoche“, erzählt der Bad Endorfer und lacht. Er verweist darauf, dass die Vorbereitungen für die Kulturtage das ganze Jahr stattfinden. Zusammen mit sieben weiteren Kulturbegeisterten ist er für die Organisation zuständig – dafür, Künstler zu finden, Workshops zu organisieren oder die Turnhalle in der Otterfinger Grundschule herzurichten. Denn dort findet der Hauptteil der Veranstaltungen statt. Außerdem zeigen hier verschiedene Künstler ihre Werke. Am Sonntag, den 27. Oktober, können die Besucher mit den Schöpfern der Kunstwerke sogar direkt Kontakt aufnehmen: Bei der kostenlosen Führung durch die Ausstellung präsentieren die Künstler ihre Werke persönlich.
Vorgesehen ist auch darüber hinaus ein reichhaltiges Programm, wie Arne Hanselmann berichtet. Ein Blick darauf zeigt schnell: Die Besuchenden dürfen sich nicht nur von musikalischen Klängen verzaubern, von gewählten Worten überzeugen oder von beeindruckenden Bildern hinreissen lassen. Die Kunst- und Kulturwoche lädt auch ein zum Selbermachen. In verschiedenen Workshops erhalten interessierte Nachwuchsünstler eine fundierte Anleitung. Auf dem Programm stehen etwa Veranstaltungen zum Upcycling, Linoldruck oder zum Arbeiten mit Filz.
Auch heuer können sich die Besucher der Otterfinger Kulturwoche durch die Ausstellung führen lassen und in Kontakt mit den Künstlern treten. Foto: Arne Hanselmann
Musik und Politik
Die musikalische Seite der Kulturwoche wird von den Nostalphonikern eröffnet. Die Musik der sechs Sänger lässt die legendären Comedian Harmonists wieder aufleben und geht damit „an die Wurzeln unserer Kultur“ zurück, wie es in der Ankündigung heißt. Dazu trägt auch bei, dass die Nostalphoniker auf der Bühne aus Briefen vorlesen, die die Comedian Harmonists im Frühjahr 1934 mit der Konzertdirektion Gensberger austauschten. Die Briefe belegen, dass Kultur immer auch von einer sie fördernden politischen und gesellschaftlichen Umwelt abhängen. Denn sie stammen aus einer Zeit kurz bevor das NSDAP-Regime die Musik der Comedian Harmonists verboten – und dokumentieren so, „welche Schwierigkeiten und Repressalien die letzten Konzerte begleiteten“, heißt es auf der Homepage der Nostalphoniker.
Musikalisch nicht weniger beeindruckend verspricht der Auftritt der Gruppe Vielsaitig zu werden. Ausgestattet mit Hackbrett, Blockflöte, Harfe, Geige und Bratsche zeigen die Musikerinnen um Lisa Schöttl, wie mit ihren Instrumenten die Musik der Welt klingt – ob Südamerika, Irland oder Bayern.
Christine Hörter (links), Veronika Schöttl (2.v.l.) und Lisa Schöttl (rechts) zeigen, dass sie ihre Instrumente auf „vielsaitige“ Weise beherrschen.. Foto: Vielsaitig
Eine Harfe hat auch die Musikerin Susanne Würmell im Gepäck, wenn auch eine nicht ganz gewöhnliche: Susanne Würmells Instrument besteht aus 43 handgefertigten Kristallgläsern. Diesen entlockt sie vielfältige und immer beeindruckende Klänge. Bayerischen Blues und Rock liefert Francesco P. alias Franz Putz ab. Die Musik des Liedermachers beschließt die 21. Auflage der Otterfinger Kunst- und Kulturtage.
Wort und Witz
Auch die Freunde des gesprochenen Wortes finden in Otterfing ausgiebig Gelegenheit, ihrem Interesse nachzugehen. So drückt Constanze Lindner in ihrem Comedy-Programm ihre „Lebenslust“ aus, während Julia von Miller und Ecco Meineke in „Jurassic Park“ mit viel Witz über den „unsterblichen Tyrannosaurus Mann“ philosophieren. Auf die Spuren des bayerischen Robin Hoods – auch bekannt als Robert von Fuchsling – begeben sich Stefan Murr und Heinz Josef Braun. Für Kinder ab einem Alter von 12 Jahren bietet die Familie Bille vom gleichnamigen Marionettentheater das Stück „Faust 1“ dar. Es bringt eine der Inspirationen für den berühmten Faust des Johann Wolfang von Goethe auf die Bühne. Jüngere Kinder kommen bei den „Bremer Stadtmusikanten“ auf ihre Kosten.
„Bavarese“ lautet der Titel des neuen Romans von Schauspieler und Autor Leo Reisinger. Bei einer Lesung im Rahmen der Otterfinger Kulturwoche stellt er sein Werk vor. Foto: Monika Ziegler
Neuheit bei der Kulturwoche
Ein wenig stolz wirkt Mitorganisator Arne Hanselmann, wenn er auf eine Neuerung bei der Otterfinger Kunst- und Kulturwoche hinweist. Zum ersten Mal gebe es heuer eine Lesung, erzählt der Bad Endorfer, der selbst als Künstler ausstellt. Der Schauspieler Leo Reisinger liest aus seinem jüngst erschienenen Roman „Bavarese“. So birgt das mit viel Blick für’s Detail zusammengestellte Programm der Otterfinger Kunst- und Kulturwoche heuer eine gute Mischung aus Altbewährtem und Neuerungen – für Kulturbegeisterte ein Highlight im Otterfinger Jahr und für alle anderen die Einladung dazu, selbst kulturbegeistert zu werden.