Herbert Klees bayerischer Comic „Tristan und Isolde“
Wolpertinger. Foto: Herbert Klee
Buchtipp von KulturVision
Als der Holzollinger Künstler Herbert Klee im vergangenen November überraschend starb, hinterließ er den fast druckfertigen Comic „Tristan und Isolde“ – eine Hommage an die bayerische Heimat und ein Kaleidoskop des Menschlichen, mit Witz gedichtet und mit spitzer Feder gezeichnet. Seine Familie hat das Werk aus dem Nachlass nun herausgebracht: Ein Vermächtnis zum Lachen.
Ein mittelalterliches Heldenepos als bayerischer Comic
Mehr als 15 Jahre lang hat sich Herbert Klee mit dem sagenhaften Stoff von „Tristan und Isolde“ beschäftigt. Er steht damit in einer langen Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Das bekannte Heldenepos gab zu verschiedenen Zeiten die Vorlage für musikalische, künstlerische, literarische und filmische Interpretationen ab.
Herbert Klee. Foto: Gerd Wilsdorf
In einen Comic wurde der Stoff allerdings noch nie gepackt und auf Bairisch gab es Tristan und Isolde auch noch nicht. Für einen bildenden Künstler wie Herbert Klee, der malte, zeichnete und karikierte und die Eigenheiten von Land und Leuten mit Ironie und Sprachwitz treffsicher aufs Papier bringen konnte, war dies jedoch naheliegend. „Tristan und Isolde. Ein verzwicktes Verhältnis“ ist das Opus magnum seiner letzten langen Schaffensperiode. Über 500 Einzelbilder hat der Künstler gemalt und gezeichnet, die Texte dazu verfasst, den Band selbst gesetzt und für den Druck vorbereitet.
Das Menschliche in all seinen Erscheinungsformen
Wie in der jahrhundertealten Romanvorlage sind in Herbert Klees bayerischem Tristan Abenteuer zu bestehen, Abgründe tun sich auf, es geht um Größe, Lug, Betrug, Hinterlist, aber auch Großherzigkeit, Erbarmen und Edelmut, also das gesamte Spektrum menschlicher Eigenschaften und Leidenschaften. Die Akteure reagieren auf Vorkommnisse nach menschlichen Verhaltensweisen und letztlich ist keiner ein Held ohne Fehl und Tadel. Klees Version spielt im ländlich-bäuerlichen Milieu in Bayern und er holt die Handlung aus dem Mittelalter in die gute alte Zeit.
Kampf mit dem Wolpertinger in der Sparifankerlschlucht
Tristans Heimat liegt bei Herbert Klee im Oberland, ebenso Gut Tintajol, wo der Großbauer Marke lebt, Tristans Herr und Brotgeber, der ihm, ohne dass er es darauf anlegen würde, zum Verhängnis werden wird. Wenn Tristan mit seinem lebenslangen Begleiter Kurneval auf die Walz geht, verschlägt es ihn in die Gegend um Weilheim, ins Dachauer Land und in die Holledau und schließlich nach Franken. Dabei durchqueren sie die Sparifankerlschlucht, Tristan kämpft mit einem Wolpertinger, lässt keine Wirtshausrauferei aus und übt sich im Fingerhakeln und Stoaheben.
Jagdszene. Foto: Herbert Klee
Bei der Brautwerbung für Marke wird Isoldes Aussteuer auf einem Kammertwagen durchs Land gezogen und zur Hochzeitsfeier von Marke und Isolde treten die Goaßlschnoizer auf und die jungen feschen Dirndl bringen Bier in irdenen Krügen und in rauen Mengen herbei. Auch die Jagd spielt eine Rolle, es wird eine Treibjagd veranstaltet mit wilden und hasenfüßigen Jägern und allerhand Getier, das erbeutet wird und selbst zum Angriff übergeht.
Ausgiebig berichtet wird schließlich über den Humulus lupulus – also den Hopfen – seine Ernte und die Bräuche, die damit verbunden waren und die Herbert Klee aus der eigenen Kindheit in der Holledau gut kannte. Ein Schluck aus dem blauen Krug mit dem Zaubertrank ist die Ursache für die Unzertrennlichkeit der beiden Liebenden, doch ihre Beziehung können sie nur im Verborgenen oder vogelfrei ausleben. Erst im Tod sind Tristan und Isolde vereint.
„Was wird jetzt aus dem Tristan?“
Wenige Wochen, nachdem Herbert Klee den großen Leichenzug für Tristan und Isolde gezeichnet hatte, scharte sich eine Trauergemeinde um sein eigenes Grab. Viele Freunde, Weggefährten und Fans waren darunter, die den Entstehungsprozess des Comics über die Jahre hinweg begleitet und sich mit dem Künstler auf das fertige Heft gefreut hatten. „Was wird jetzt daraus? Es wird doch veröffentlicht?“ Die Nachgeborenen nahmen diesen Auftrag gerne an. Noch einmal so tief ins künstlerische Werk des Vaters und Großvaters eintauchen zu dürfen, ist ein kostbares Abschiedsgeschenk. Das von Herbert Klee bringt einen noch dazu zum Lachen.
Buchcover
Dieser Beitrag erschien auf Seite 8 der Ausgabe 42 der KulturBegegnungen.
Das Buch wird am morgigen Sonntag, 3. 11., um 11:00 Uhr in der Galerie Markt Bruckmühl präsentiert.
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