Birgit Baumhammel und Walter Franzen

Stimmigkeit und Resonanz

Birgit Baumhammel und Walter Franzen. Foto: MZ

Ausstellung in Tegernsee

Beide kommen aus der Hotelbranche, beide begannen ihre künstlerische Arbeit spät, beide malen abstrakt und kannten sich nicht. Jetzt aber stellen Birgit Baumhammel und Walter Franzen gemeinsam im Alten Schalthaus in Tegernsee ihre Werke in einer beeindruckenden Schau mit vielen Gemeinsamkeiten aus.

Er sei der Geburtshelfer gewesen, begrüßte Manfred Pfeiler, Hausherr und E-Werk-Chef, die zahlreichen Gäste, die zur Vernissage gekommen waren, denn er habe die beiden Künstler zusammengebracht. Das Alte Schalthaus werde seit einigen Jahren für Veranstaltungen genutzt und am liebsten sehe er, wenn hier Kultur stattfinde.

Birgit Baumhammel und Walter Franzen
Blick in die Werke von Walter Franzen. Foto: MZ

Walter Franzen ist für seine großformatigen und farbintensiven Bilder bekannt. Viele davon sind expressiv und kraftstrotzend, andere wirken still, ruhig, meditativ und dadurch wiederum kraftspendend. Der spät berufene ehemalige Hotelier hat seine eigene Bildsprache gefunden. Oft sind es Linien, die einem Bild eine harmonische Geschlossenheit geben.

Lesetipp: Die abstrakte Kunst eines Spätberufenen

Im Schalthaus zeigt er aus beiden Bereichen Werke in der hinteren Hälfte des Raumes. Im vorderen Bereich ist die Sauerlacher Künstlerin Birgit Baumhammel ebenfalls mit zwei Werkgruppen vertreten. Nach schweren Jahren fand die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die im Vertrieb tätig war, über eine Therapie den Weg zur Kunst. Heute bietet sie unterschiedliche Kurse sowohl als Dozentin bei Boesner als auch in ihrem Sauerlacher Atelier an.

Birgit Baumhammel und Walter Franzen
Birgit Baumhammel: Stier. Foto: MZ

Mit ihrem Stier hat sie sich ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, diese Bilder strotzen ebenfalls vor Kraft, aber ganz anders als bei Walter Franzen. Hier ist es das symbolträchtige Tier, dem Mut und Ausdauer aus jeder Pore spricht, den man schnaubend fast im Ansprung spürt. Aber auch der Hirsch in seiner Kraft und Eleganz hat es der Künstlerin angetan, die in der Malerei Erfüllung fand.

Birgit Baumhammel und Walter Franzen
Blick in die Werke von Birgit Baumhammel. Foto: MZ

Ihr zweites Gleis ist die abstrakte oder informelle Malerei, in der sie ebenfalls mit Walter Franzen Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweist. Beide lieben das Entdecken, Ausprobieren und den Zufall.

Monika Franzen, die Tochter des Kreuther Malers, fand in ihrer heiteren, launigen und intelligenten Laudatio die passenden Worte. Weder Birgit Baumhammel noch Walter Franzen malten, weil sie Botschaften maximal kryptisch vermitteln möchten, sagte sie. „Ihre Werke sind ein individueller Ausdruck und kommen aus ihrer Freude am Gestalten und Werkeln und laden den Betrachter ein, seine eigenen Ideen und Emotionen zu erleben.“


Monika Franzen, Walter Franzen, Manfred Pfeiler und Birgit Baumhammel (v.l.). Foto: MZ

Sie empfehle, bei der Betrachtung der Bilder die Kategorien „schön“ oder „nicht schön“ aufzugeben. „Urteilsfrei lebt es sich am glücklichsten.“ Sie bitte darum, sich bewusst zu machen, „dass die beiden Künstler etwas sehr Individuelles geschaffen haben und von sich preisgeben und dies das Ergebnis eines langen Weges ist“.

Mit viel Fleiß, Übung und Beharrlichkeit entwickele sich Schritt für Schritt das eigentliche Können. „Und auch erst dann ist der Zufall, den beide so schätzen, kein Missgeschick mehr, sondern Gnade. Dann ist sie da, die größtmögliche Schnittmenge zwischen Werk und Künstler, aus Stimmigkeit und Resonanz, aus Idee und Umsetzung. Und dann hängt da vorne ein Bild, wo der Klecks das eigentliche Highlight ist.“


Walter Franzen: Ohne Titel. Foto: MZ

Es erfordere Mut, seine Bilder, die doch etwas sehr Persönliches zeigen, auszustellen. Genauso persönlich sei aber auch wie Ausstellungsbesucher die Kunst erleben. „Das, was sich in Ihnen rührt, tut es genau in diesem Moment, weil sie das Werk ansehen. Das kann kein Handybild und kein Kunstdruck. Das echte Werk am Ende der eigenen Nasenspitze ist etwas ganz Besonderes“, betonte Monika Franzen.

Auch was die Technik anbelangt, ähneln sich die beiden Künstlerpersönlichkeiten und haben Unterschiede. Birgit Baumhammel bevorzugt Erde, Kalk, Gesteinsmehle, Kreide, kombiniert mit Pigmenten und erzeugt eine Strukturmalerei, wobei sie nicht nur mit dem Pinsel arbeitet.

Walter Franzen arbeitet mit Acryl und verschiedenen Mischtechniken. Auch er arbeitet mit Strukturen, die er mit Pinsel und Spachtel, alten Bürsten und auch mal mit den Fingern aufträgt und mit Sand, Holzteile, Bitumen, Stoffreste, Gold oder Papier ergänzt.

In Resonanz treten

Monika Franzen riet am Ende ihres heftig beklatschten Vortrages dazu, den Kopf auszuschalten und die Sinne anzuschalten. „Welches Bild weckt angenehme Erinnerungen oder Assoziationen, welche eher unangenehme?“, fragte sie. Man möge sich austauschen, allein genießen, mit den Bildern in Resonanz treten. „Vielleicht lernen Sie ja heute Abend die Liebe Ihres Lebens kennen, weil sie plötzlich nicht mehr etwas zu verstehen versuchen, sondern ganz bei sich sind und nur fühlen“, sagte sie unter dem Lachen der Gäste.

In diesem Sinne, die Ausstellung von Birgit Baumhammel und Walter Franzen ist bis zum 3. Januar im Alten Schalthaus in Tegernsee, Hochfeldstraße 2 täglich 15-19 Uhr (außer 24. & 25.12.) zu sehen.

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