Filmmatinee gerät zum vollen Erfolg
Weisheit des Glücks. Foto: XVerleih
Film in Holzkirchen
Ein junger Mönch, kaum älter als zehn Jahre, kniet am Boden, zwei Uniformierte halten ihn fest, die Hände am Rücken, den Kopf gesenkt, legen sie ihm einen Strick um den Hals. Der filmische Zyklus von KulturVison startet mit „Weisheit des Glücks“ von Barbara Miller und Philip Delaquis mit ausverkauftem Haus. Eine Zusatzvorstellung ist bereits für kommenden Sonntag geplant.
Vier Soldaten knüppeln einen Mönch nieder, eine Frau mit zerschlagenem Gesicht liegt am Boden. Schnittbild, Szenenwechsel. Das Gesicht seiner Heiligkeit, des 14. Dalai Lama in tiefer Versenkung, die Unterlippe bebt, man sieht den inneren Kampf des Meditierenden: „Ich habe nie Zorn oder Hass gegen die Hardliner in China empfunden“, wird er kurz darauf in die Kamera sprechen. Sein Weg ist der des Mitgefühls.
Getragen von der Erzählung des Dalai Lama
Das Publikum im ausverkauften FoolsKINO, es ist Sonntagvormittag, ist vollkommen eingenommen von den Bildern, der Kraft der Worte, des weltberühmten Kicherns des bald 90-jährigen geistigen Oberhauptes der Tibeter, den großen Landschaftsbildern und der Musik des neuen Films über die Weisheiten und die Geschichte des Dalai Lamas.
Die Veranstaltung ist eine Initiative des „Eine Welt Vereins“, vertreten durch Rudi Hogger, und „anders wachsen“ von Kulturvision e.V., vertreten durch den Heilpraktiker Philipp Schmid und Dr. Monika Ziegler. Ausgewählt hat den Film „Die Weisheit des Glück“ Kinobetreiber und Cineast Thomas Modlinger.
Rudi Hogger, Monika Ziegler, Philipp Schmid. Foto: SF
„Ich bin sehr froh, endlich mal wieder einen vollen Kinosaal zu haben. Leider mussten wir heute sogar Leute wieder heimschicken. Deshalb nehme ich den Film am kommenden Sonntag, den 26. Januar (11 Uhr) noch mal ins Programm“, so Thomas Modlinger, dessen Besucherzahlen im Jahr 2024 um 2,1% zurück gingen. (Gesamtkinobranche -7,3% / Quelle FFA).
Die größte Stärke und Einzigartigkeit des Films liegt darin, dass der Sprechertext einzig aus der Erzählung von Tenzing Gyatso, der 14. Reinkarnation des Dalai Lamas, besteht. Dem Glauben nach also einer Seele, die zum ersten Mal in menschlicher Form 1391 in Tibet geboren wurde. Und diese Stimme, das schon erwähnte fröhliche Kichern, die Tiefe der Gedanken und das anekdotische Momentum sind tief ergreifend.
Eine technische Panne nutzt Sandra Freudenberg für Interview mit Klauß Stüwe, evangelischer Pfarrer und spiritueller Lehrer. Foto: MZ
Thematisch gliedern sich die Worte des Friedensnobelpreisträgers in Kindheits- und Lebenserinnerungen, die Unterdrückung des tibetischen Volkes durch die chinesische Militärherrschaft und Anleitungen für den Alltagsgebrauch, um zur inneren Ruhe zu finden. Seine Essenz ist der Gebrauch von Atemübungen und des Erkennens von negativen Emotionen und Gedanken. Sein zentrales Thema ist das Mitgefühl. Und dann beweist er, dass sein Humor tiefgründig ist: „Viele denken, man sollte in der Meditation an nichts denken. Aber dadurch entstehen ja nur leere Gedanken“, lacht er. Seine Praxis sei die der analytischen Meditation, der Vertiefung in ein Gefühl, dessen Geheimnis er zu ergründen suche.
Archivmaterial der Tibetischen Kultur von allergrößtem Wert
Hochinteressant ist das Archivmaterial, welches das Schweizer Filmteam aufbereitet hat. Da sieht man einen kleinen Jungen, der sich an die Schürze seiner Mutter klammert und weint. Denn zum Dalai Lama erzogen zu werden bedeutete ein unfassbares Pensum an Texten auswendig zu lernen, zu fasten und zu ertragen, wenig Zeit für kindliche Vergnügen und Entfaltung zu haben. Die Erziehung wurde durch, wie der Dalai Lama sagt, Peitschen durchgesetzt. Versteh wer will, wie dies mit der buddhistischen gewaltfreien Lehre zu vereinbaren ist.
Publikum in der Warteschleife. Foto: SF
Weiteres Archivmaterial zeigt den Überfall der Chinesen auf Tibet 1959 – die Grausamkeiten, die Vernichtung von Kulturschätzen und Misshandlung Wehrloser. Sogar Originalbilder der Flucht des Dalai Lamas mit seinem Gefolge sind in den Film verwoben, ein wirklich großer filmischer Schatz, von größter Seltenheit. Vermutlich ist es dem Co-Produzenten und Förderer Tibetischer Kultur Richard Gere zu verdanken, dass derart wertvolles Material zugänglich gemacht wurde.
Andere Szenen zeigen tibetische Kultur, wie das Debattieren: Das tibetische Debattieren ist eine einzigartige und dynamische Methode des Lernens und Diskutierens in den Klöstern des tibetischen Buddhismus. Es ist eine essenzielle Praxis, die darauf abzielt, das Verständnis buddhistischer Philosophie zu vertiefen, logisches Denken zu schärfen und die Fähigkeit zu entwickeln, Argumente klar und präzise zu formulieren. Diese Methode wird seit Jahrhunderten angewendet und ist besonders charakteristisch für die Gelug-Schule, aber auch in anderen tibetisch-buddhistischen Traditionen verbreitet. Eine Dame aus dem Publikum seufzst: „Würde man doch auch gerne hierzulande eine andere, gepflegtere Debattierkultur pflegen, gerade auf politischer Ebene“, sagt sie später.
Es gibt einen Weg, der aus dem Leiden führt
(aus den „Vier edlen Wahrheiten“ des Buddhismus)
Der Dalai Lama mit der Weltkugel. Foto: XVerleih
Die aktuelle chinesische Regierung beansprucht bei der Findung und Anerkennung eines zukünftigen Dalai Lamas, also nach dem Tod des jetzigen, bestimmend zu sein. Der amtierende spricht indes davon, dass er vielleicht nicht mehr in die Reinkarnation eintreten würde, so dies auf dieser Welt nicht mehr von Nutzen sei. Gleichzeitig zieht er aber auch in Betracht, dass eine Frau die Wiedergeburt sein könne und dies auch außerhalb Tibets möglich sei. Wenn die Kamera statisch und ganz nah die Mimik des 1935 Geborenen in der Vertiefung einfängt, glaubt man Planeten, ja ein ganzes Universum im Inneren des Buddhisten leuchten zu sehen. Und daran, dass er die Ewigkeit in sich trägt.
Die „Weisheit des Glück“ ist KEIN Film über den Dalai Lama, sondern eine Betrachtung des Dalai Lamas. Der Originaltitel lautet „Wisdom of Happiness“, die Spielzeit beträgt 90 Minuten.
Zum Weiterlesen: Verhalten optimistisch: FolsKINO macht weiter