Frauen

Das unsichtbare Rückgrat der Gesellschaft

Christine Negele versammelt Frauen. Foto: Isabella Krobisch

Frauentagstreffen in Weyarn

Seit 37 Jahren lädt alljährlich SPD-Kreisrätin Christine Negele am Internationalen Frauentag zum Austausch ein. In diesem Jahr kamen 35 Frauen aus allen Bereichen der Gesellschaft und waren sich am Ende einig: Frauen müssen nach vorn. Also: „Lasst Euch für eine politisches Amt aufstellen!“ und „Wählt Frauen!“

Die Zahlen bei den weiblichen Mandatsträgern seinen rückläufig, sagte Christine Negele im Klostercafé Weyarn. Im Bundestag seien 32,4 Prozent weiblich, im Landtag 25 Prozent, bei beiden sei die Zahl um mehr als zwei Prozent gesunken.


Einladung zum Treffen. Grafik: Christine Negele

Im Miesbacher Kreistag sind genau ein Drittel weiblich, schaue man aber in die Kommunalparlamente, so sehe es sehr unterschiedlich aus. In Bayrischzell etwa gebe es nur eine Frau im Gemeinderat, im Miesbacher Stadtrat seinen es immerhin acht. „Da liegt noch viel Arbeit vor uns.“

Kreisrätinnen tauschen sich aus

Sie hob aber auch das Positive hervor. Die Kreisrätinnen nämlich in Miesbach schlossen sich zusammen. „Es ist sinnvoll, Informationen auszutauschen.“ Grünen-Kreisrätin Harda von Poser ergänzte: „Dabei spielt die Parteizugehörigkeit keine Rolle.“ Man müsse zusammenhalten, betonte Astrid Güldner, Kreisrätin der Grünen, denn leider gebe es auch unter den Frauen noch Konkurrenzdenken.

Christine Negele hatte drei Frauen eingeladen, aus ihrer Sicht die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu beleuchten. Ich durfte die Kultur vertreten und betonte zunächst die Bedeutung der Kultur in unserer krisengeschüttelten zeit für Resilienz und Wohlbefinden der Menschen. Leider werde die Kultur von der Politik, insbesondere der Männer eher als zweitrangig abgetan.

Mit Diplomatie zu Augenhöhe

Wie die Frauen unseres Landkreises die Rolle der Frau einschätzen, konnte ich an einigen Beispielen zitieren. Etwa sagte die Miesbacher Künstlerin Elisabeth Neuhäusler: „Ein gesundes reflektiertes Selbstbewusstsein gepaart mit Ehrlichkeit und homöopathisch eingesetzter Diplomatie verleiht Flügel und bringt uns final ganz elegant auf Augenhöhe mit (männlichen) Unterstützern.“

Das Thema Gleichberechtigung sehen die Befragten sehr unterschiedlich. Während Selina Benda sagt: „Leider ist es immer noch so, dass wir von einer Gleichberechtigung von Männern und Frauen meilenweit entfernt sind“, sagt Regisseurin Steffi Baier: „An sich finde ich, dass sich in unserer Gesellschaft sehr viel verändert hat. Die alten Rollenverteilungen- und -bilder lösen sich auf und ich sehe viel mehr Miteinander von Frauen und Männern.“ Die besonderen Eigenschaften von Frauen, wie Empathie, Resilienz, Offenheit, Idealismus, Kommunikation auf Beziehungsebene wird von vielen Frauen hervorgehoben.

Frauen
Inge Jooß. Foto: Isabella Krobisch

Auch Inge Jooß, Integrationsbeauftrage der Kreisstadt, hob den Idealismus und die Empathie von Frauen in der Arbeit mit Geflüchteten hervor, betonte aber auch, dass die männliche Seite in der Betreuung fehle. Gerade junge männliche Geflüchtete brauchten für den Austausch auch Männer. Sie bedauerte, dass der Kontakt der Migranten zur Bevölkerung Miesbachs nicht so funktioniere wie gewünscht. „Jede Community bleibt lieber unter sich.“

Die Sicht der Landbäuerinnen stellte Kreisbäuerin Brigitta Regauer vor. Nachdem die Landfrauen nach ihrer Wiederbelebung 1948 zunächst für Haushalt und Kinderbetreuung zuständig waren, habe man sich emanzipiert und heute seien die Landfrauen Mitglieder im Bauernverband. Sie hob hervor, dass Gleichstellung nicht Gleichmacherei bedeute, etwa, dass Bäuerinnen Männerarbeit machen.


Brigitta Regauer. Foto: Isabella Krobisch

Die Landfrauen kümmerten sich in erster Linie um die familiäre, soziale und rechtliche Situation der Frauen, so seien Scheidung und finanzielle Absicherung ebenso wie Weiterbildung wichtige Themen. Man müsse mit Diplomatie vorgehen, „und das ist oft mühsam“, sagte die Kreisbäuerin.

Frauen halten alles in Bewegung

Das Engagement von Christine Negele, die seit 37 Jahren Frauen über alle Grenzen hinweg versammle, verdiene einen großen Applaus, würdigte Grünen-Kreisrätin Elisabeth Janner. „Frauen sind das unsichtbare Rückgrat der Gesellschaft“, betonte sie, „was sie leisten, hält alles in Bewegung, aber es ist versteckt“.

40 Prozent aller Frauen seien ehrenamtlich tätig und ihr Einsatz müsse sichtbar gemacht werden. „Wir jammern nicht, wir melden uns“, sagte sie und forderte: „Macht euch sichtbar, geht in die Politik.“


Elisabeth Janner. Foto: Isabella Krobisch

In der lebhaften Diskussion wurde immer wieder betont, dass die Reduzierung von Frauen auf den sozialen Bereich zu wenig sei, dass sie Selbstbewusstsein brauchen, um in die Politik zu gehen, aber auch, dass sie Frauen wählen sollen. Dass in den vergangenen Jahren doch einiges passiert sei, erzählte Isabella Krobisch, Leiterin des Waitzinger Kellers. Ihr sei als junges Mädchen eine Weiterbildung mit der Begründung versagt worden, dass sie ja doch heirate. Sie gründete vor dreißig Jahren das Miesbacher Frauenforum, das eine Menge bewirkte und steht heute dem Miesbacher Kulturzentrum vor.

Der Aufruf am Ende des Treffens für die Kommunalwahl 2026 war klar: „Lasst euch auf eine Liste setzen!“ „Wählt Frauen!“

Zum Weiterlesen: Frauen in Kirche und Kultur

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