Wissen und Klang

„Ohne Kultur sind wir komplett verloren“

Auftakt zur Veranstaltungsreihe „Wissen und Klang“ im HahnHof mit Monika Ziegler und Georg Hahn. Foto: CS

Neue Veranstaltungsreihe in Großhartpenning

Brauchen wir Kultur? Mit dieser Frage befasste sich Monika Ziegler, erste Vorsitzende von KulturVision e. V., am vergangenen Freitag beim Auftakt der Veranstaltungsreihe „Wissen und Klang“ im HahnHof in Großhartpenning. Bei Speis, Trank und Musik des Duos „Regnat & Kloiber“ sowie der Holzkirchner Band „Watching the Cat“ stellte sich klar heraus, dass Kultur überlebenswichtig für uns alle ist.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten tut sich die Kultur besonders schwer: Budgets werden gestrichen, Förderungen gekürzt, kulturelle Projekte auf Eis gelegt. Das wirft eine drängende Frage auf: Brauchen wir Kultur überhaupt? Wer könnte diese Frage besser beantworten als Monika Ziegler, die vor über 20 Jahren mit viel Herzblut den Verein KulturVision mitbegründet hat? Seitdem setzt sie sich mit Verve dafür ein, die Kultur im Landkreis Miesbach und darum herum für alle sichtbar zu machen, zu fördern und zu vernetzen. „Ohne ihr Engagement wäre das kulturelle Leben im Landkreis arm“, sagte jüngst Landrat Olaf von Löwis auf einer Kultur-Veranstaltung in Holzkirchen über sie.

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Diese Frage zu beantworten, stellt daher für Monika Ziegler keine schwere Aufgabe dar. „Ich habe dazu aber erst mal die Künstliche Intelligenz befragt“, beginnt sie ihren Vortrag im Hahnhof mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Kurz zuvor hatte der Veranstalter und Inhaber des Hahnhofs, Georg Hahn, mit dem kräftigen Läuten einer Kuhglocke den Abend feierlich eröffnet und die Gäste seines kulturellen Kleinods in Großhartpenning begrüßt.

„Ja, Kultur ist ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Lebens“, spuckt etwa ChatGPT aus. „Sie prägt unsere Identität, fördert das Verständnis und die Verbindung zwischen Menschen und bietet einen Rahmen für Werte und Normen“, so die KI weiter. „Unbedingt! Kultur ist viel mehr als Kunst, Musik oder Literatur. Sie ist das Herz und die Seele einer Gesellschaft, ein Spiegel unserer Identität, Werte und Geschichte“, antwortet Copilot von Microsoft. „Kultur verbindet Menschen, schafft Verständnis und bietet Räume für kreative Ausdrucksformen. Ein Leben ohne Kultur wäre ziemlich eintönig, oder?“, sagt sie weiter.

Kultur schafft Wohlbefinden und fördert Resilienz

„Keine schlechten Ergebnisse“, attestiert Monika Ziegler. Vor allem die zweite Antwort, die auch Emotion beinhaltet, gefiel der promovierten Physikerin ganz gut. Dennoch sei Kultur nochmal deutlich mehr als das, sagt sie, und führt noch weitere wichtige Aspekte ins Feld.

So etwa die höhere Bedeutung, die Kultur unserem Leben verleiht: „Kultur ist sinnstiftend, wenn ich mich zum Beispiel mit literarischen Texten befasse, ins Theater gehe, Musik höre oder selber kulturschaffend bin“, sagt sie. Dabei sei auch der Einfluss von Kultur auf unsere Zufriedenheit und unsere psychische Gesundheit nicht zu unterschätzen: „Kultur bereitet uns Freude und trägt zu unserem Wohlbefinden und damit auch zu unserer Resilienz bei“, betont sie. „Sie hilft uns, mit den Unbilden des Alltags zurechtzukommen.“ Deshalb müsse Kunst beispielsweise auch nicht zwangsläufig eine Botschaft haben. „Sie kann, aber sie muss nicht“, sagt sie. Sie dürfe auch einfach nur schön sein und Herz und Seele erfreuen.

Kultur fördert Bildung und Demokratie

Auch bei der Bildung spielt Kultur eine unerlässliche Rolle. „Leider haben Kunst und Musik in unseren Schulen nicht dieselbe Priorität wie Mathe, Deutsch und Englisch“, bemängelt die ehemalige Lehrerin. „Das finde ich sehr schade, denn gerade in solchen Fächern können sich Heranwachsende entfalten und ihre Persönlichkeit entwickeln.“

Einen Punkt hebt Monika Ziegler außerdem noch besonders hervor: den Einfluss von Kultur auf die Demokratie. „Ein Mensch, der nicht nur Informationen aufnimmt und sich mit Kunst, Literatur und Musik befasst, ist breiter aufgestellt und denkt nach“, erläutert sie. Dieser Mensch lasse sich im Zweifel nicht so einfach von Parolen über Social Media beeinflussen, sondern habe die Denkwerkzeuge, sich kritisch damit auseinanderzusetzen. Ein enorm wichtiger Aspekt, gerade in der heutigen Zeit, in der viele Kräfte versuchen, unsere Demokratie auszuhöhlen.

„Kultur ist überlebenswichtig – ohne sie sind wir komplett verloren“

Kultur verfügt also über eine immense Bedeutung für den Einzelnen und unser gesellschaftliches Miteinander. Darüber herrscht Konsens im Hahnhof an diesem Abend. Das zeigt sich in der anschließenden Diskussion mit dem Publikum, die Monika Ziegler anstößt. „Kultur eröffnet neue Blickwinkel und ist deshalb wichtig für die Demokratie“, betont etwa eine Teilnehmerin. „Sie ist für den Menschen überlebenswichtig und schafft Orientierung – ohne Kultur sind wir komplett verloren“, sagt eine andere. Dies sei besonders in Krisenzeiten wichtig.

Wissen und Klang
Monika Ziegler erklärt die vielfältigen Aufgaben und Projekte von KulturVision. Foto: CS

Deshalb sind Einrichtungen, die das kulturelle Leben fördern, unentbehrlich. Doch ohne Geld sind diese nicht überlebensfähig. Davon weiß Monika Ziegler ein Lied zu singen. Jedes Jahr bangt der Verein KulturVision etwa um die Förderung in Höhe von 30.000 Euro, die er vom Landkreis erhält und um die er sich jedes Jahr erneut bewerben muss.

Ohne dieses Geld könne der Verein aber weder sein halbjährliches Print-Magazin „KulturBegegnungen“ finanzieren noch das Online-Magazin sowie die zahllosen kulturellen Projekte, die der Verein initiiert und fördert. „Unsere Autoren erhalten ein Honorar unterhalb des Mindestlohns“, bemängelt sie. Mehr sei nicht möglich. Sie selbst und die zweite Vorsitzende, Becky Köhl, etwa arbeiten ehrenamtlich in Vollzeit, um die vielen Projekte des Vereins zu organisieren und zu koordinieren.

Finanzielle Absicherung kultureller Einrichtungen

Eine der wichtigsten Fragen, die Monika Ziegler daher umtreibt, betrifft die längerfristige und sichere Finanzierung der Kultur und auch des Vereins. „Hier muss die Politik aktiv werden“, sagt sie. Denn ihre Aufgabe sei es, in die Kultur, also die geistige Infrastruktur unserer Gesellschaft, zu investieren – genauso wie in Straßen, Schulen, Kindergärten und nachhaltige Energie.

Doch die Gretchenfrage lautet: Wie überzeugt man die Politiker im Landkreis davon, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Gelder für kulturelle Projekte freizumachen? Eine schwierige Aufgabe, weiß Monika Ziegler, zumal es im Landkreis nicht einmal einen Kulturreferenten gibt.

Wissen und Klang
Georg Hahn bedankt sich bei Monika Ziegler für ihre Präsentation. Foto: CS

„Auch Politiker finden Kultur gut, aber es darf nichts kosten“, bringt es eine Zuschauerin auf den Punkt. Man müsse ihnen vor Augen führen, wie sie durch die kulturelle Förderung das Image der Region stärken und ihr eigenes, schlägt eine andere Zuschauerin vor. Vielleicht könne man mit Kultur etwa auch Projekte, die Politikern wichtig seien, unterstützen, regt Georg Hahn an.

Kultur als wichtiger Wirtschaftsfaktor

Keine einfache Aufgabe, das wird klar an diesem Abend. Doch es gibt eindeutige wirtschaftliche Argumente für die Kultur, denen sich auch Politiker nicht verschließen können. „Kultur stellt einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar und schafft Arbeitsplätze, etwa in Theatern und Museen – und ist ein Grund, warum Menschen an einen bestimmten Ort ziehen“, sagt Monika Ziegler. Das sei vor allem in Zeiten von Fachkräftemangel ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Denn wer verlegt seinen Lebensmittelpunkt schon gerne in eine Region, in der kulturell nichts geboten ist?


Das Duo Regnat & Kloiber spielt bayerische und Weltmusik. Foto: CS

Außerdem fördere das kulturelle Leben im Landkreis auch den Tourismus. „Man denke nur an die vielen Besucher, die das Gulbransson-Museum mit seinen hochkarätigen Ausstellungen derzeit anlockt“, führt sie aus. Das gelte genauso für kleinere Einrichtungen wie etwa die WeyHalla in Weyarn, die spannenden Künstlern ein Forum bietet. „Man muss der Kultur endlich das Gewicht geben, das sie in Wirklichkeit hat, und sie aus der Bittsteller-Rolle befreien“, fordert Monika Ziegler daher.

Bühne frei für „Regnat & Kloiber“ und „Watching the Cat“

Die Köpfe der Zuschauer rauchen. Zeit auch im HahnHof, der Kultur die Bühne zu geben und sie erlebbar zu machen. Der Gaißacher Liedermacher Josef Kloiber und der Tölzer Martin Regnat mit seiner steirischen Ziach spielen auf – unter anderem auch eine lustige Adaption des Dreigroschenoper-Songs Mackie Messer, die auf „Mäcci-Fresser“ umgetauft wurde.


Die Holzkirchner Band „Watching the Cat“ mit Keno Dirks, Christian Zimmermann und Andi Bichler. Foto: CS

Die Stimmung steigt, die Füße wippen. Auch als die drei Jungs der Holzkirchener Band „Watching the Cat“, die auf Blues, Bluesrock und Hardrock spezialisiert sind, die Bühne übernehmen und Beatles-Songs spielen. Höhepunkt des Abends: Als die Band spontan zusammen mit dem Duo Regnat & Kloiber den Johnny-Cash-Hit „Folsom Prison Blues“ aufspielt. Ja, hier zeigt sich Kultur par excellence, die Neues entstehen lässt, vernetzt, zum Denken anregt, Zusammenhalt schafft und jedem an diesem Abend ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Weiter ging es mit dem auch im Saal mitgesungenen „Stand by me“ von Ben E. King sowie Johnny Cashs „Ring of fire“. Die Musizierenden zweier Generationen hatten ebenso viel Freude daran wie das Publikum.


Musikalische Kulturbegegnung zwischen Rock und Lederhose, Martin Regnat spielt auch mit, sitzt aber mit seiner Diatonischen seitlich auf der Couch. Foto: MZ

Um den kulturellen Genuss zu vervollständigen hatten Mitglieder der Gruppe KunstStatt eine kleine Ausstellung beigesteuert, in der Malerei von Eli Miklavcic und Sandro „Antik“ Thomas sowie Fotografie von Michael Bachä Bachmann und Simone Möller zu sehen war.


Ausstellung der Gruppe KunstStatt. Foto: CS

Die Veranstaltungsreihe „Wissen und Klang“ inklusive Barbetrieb und kulinarischen Schmankerln findet von April bis November jeden ersten Freitag im Monat im HahnHof in Großhartpenning, Warngauer Straße 7, statt. Einlass ist um 18 Uhr, Vorträge beginnen um 19 Uhr, ab 20 Uhr beginnt die Live-Musik. Mehr Info auf der Webseite.

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