Der Kleesche Strich
Herbert Klee, Laudator Klaus Herber und Galeristin Peggy Neumann (v.l.). Foto: Ines Wagner
Ausstellung in Tegernsee
Dichtes Gedränge herrschte gestern Abend bei der Ausstellungseröffnung von Werken Herbert Klees in der Galerie Orange. Kein Wunder, konnte doch Galeristin Peggy Neumann einen der arriviertesten Künstler der Region präsentieren. Der Betrachter findet in den Werken einiges über sich selbst.
Denn das Thema von Herbert Klee ist der Mensch, der Mensch allein in seinen Wesenszügen und der Mensch in der Begegnung mit anderen Menschen. Dies stellt der Weyarner Zeichner, Grafiker, Holzbildhauer und Maler Herbert Klee mit seinen verschiedenen Techniken dar. Ob er mit Pinsel, Feder oder Tusche zeichnet oder das Schnitzmesser bemüht, immer fällt sofort die besondere Linienführung auf.
Die dünne, sparsame Linie zeichnet den Künstler aus und Laudator Klaus Heber nannte sie die Kleesche Linie, eben weil sie etwas ganz besonderes ist. Auf den ersten Blick, so der Jugendfreund aus Pfaffenhofen und ehemaliger Kulturreferent der Heimatstadt Klees, wirkten die Werke wie Karikaturen, verzerrte und übertriebene Darstellungen von Menschen.
Herbert Klee und Klaus Herber. Foto: Ines Wagner
Auf den zweiten Blick aber stelle man fest, dass die Gesichter nicht bestimmte Menschen darstellen, sondern dass sie Wesensmerkmale aufzeigen, die der Künstler, aber auch der Betrachter erdacht oder erträumt habe. Da ist also die Emanze, stark, maskulin ohne Busen, aber gar nicht glücklich, eher gebrochen. Da ist die Gerissene, wirklich aus Papier gerissen mit einem geschlossenen Auge. Judith ist verführerisch und die Grand Dame besteht nur aus einem fließenden Kleid. „La Belle“ ist einfach unbeschreiblich zauberhaft in ihrer eleganten Körperdrehung und ihrem Pagenkopf.
„La Belle“. Foto: Petra Kurbjuhn
Das sei mehr als eine Karikatur, sagte Herber, denn hier gehe es nicht um real existierende Personen. Nur in einer einzigen Arbeit, genannt „Die Birne“ sind die drei Köpfe echte Karikaturen und eindeutig Helmut Kohl zuzuordnen. Ansonsten sind es Archetypen, die beim Betrachter etwas auslösen: Wünsche, Erinnerungen, Gefühle. Mit nur einem feinen Strich kann der Künstler ganze Geschichten lebendig werden lassen.
„Zwei Freundinnen“- Holzschnitt. Foto: Monika Ziegler
Sein enormes Können zeigt sich auch in der zweiten Gruppe der Werke, den Begegnungen. Wer dominiert in der Er und Er-Gruppe, welche Dynamik spielt sich in der Vierergruppe hat? Wer hat das Sagen, wer unterwirft sich, wer ist aggressiv? Die Körperhaltungen sagen eine Menge aus, aber sie lassen auch verschiedene Deutungen zu. Ist Sie bei „Er und Sie“ uninteressiert? Ist Er bei „Sie und Er“ abwartend? Oder ist alles ganz anders?
Die dritte Gruppe Werken zeigen Herbert Klee mit einer einzigartigen Technik. Der gelernte Holzbildhauer schneidet große Hölzer nicht zu Skulpturen, sondern er fertigt Druckstöcke. Die gedruckte Grafik vervollständigt er mit Zeichnungen, mit Pinsel oder Tusche. Und auch hier besticht der feine Strich, ob mit dem Messer geschnitten oder gezeichnet. Die ausgestellten Bilder zeigen ebenfalls Begegnungen. Durch die gewählte Technik kommt zur Linie noch die farbige gedruckte Fläche hinzu, eine spannungsgeladene Ergänzung.
Ob der Mensch allein oder im Dialog mit dem Anderen von Herbert Klee dargestellt wird, immer findet der Betrachter allgemeingültige Wesenszüge vor, präzise und meisterhaft fein umgesetzt, in denen er sich selbst und sein Verhältnis zur Welt wieder findet.