Miesbach – eine Hochburg der Reformation
Plakat zur Ausstellung @Friedrich Woltereck
Ausstellung in Miesbach auf den Spuren Luthers im Oberland
Zum 500. Reformationsjubiläum haben die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in Miesbach und Neuhaus ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Am Dienstag war die Eröffnung der von Pfarrer Friedrich Woltereck aus Hausham zusammengestellten Ausstellung über die Spuren Luthers im Miesbacher Oberland.
Zahlreiche Besucher kamen zur Ausstellungseröffnung zur Reformation im Miesbacher Oberland. Foto: Katja Klee
Woltereck hat seine Ausstellung, die rund ein Dutzend Schautafeln umfasst, in die vier Bereiche – „Auseinandersetzungen“, „Grundlagen“, „die Kontrahenten“ und „Schritte in die Ökumene“ – gegliedert und ein ausgewogenes Verhältnis von (Original-)Texten und Bildern geschaffen. Zentrale Textpassagen der im Faksimile abgelichteten handschriftlichen Urkunden und Mandate werden herausgegriffen, transkribiert und erläutert. Die Bilder zeigen Orte und Personen, die für die Reformation in der Region bedeutend sind.
„Lutheranismo“-infizierte Pfarrkinder
Dabei hat Friedrich Woltereck einiges aufgespürt: So sind aus Neukirchen, heute Gemeinde Weyarn, heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Pfarrer und evangelisch gesinnten Gläubigen überliefert. Nicht nur die „mit dem Lutheranismo infizierten Pfarrkinder“ spielten Pater Johannes Loy üble Streiche und streuten Erbsen unter den Teppich am Kircheneingang, sodass der überzeugte Katholik regelrecht in seine Kirche stürzte. Auch ein besonders makabrer Vorfall ist aus Neukirchen überliefert: Eines Morgens, als Pater Loy seine Haustür öffnete, fiel ihm eine Leiche in die Arme, deren Beerdigung er zuvor mit dem Hinweis verweigert hatte, dass der Verstorbene „sektisch“ war, also den reformatorischen Strömungen anhing.
Wirken charismatischer Prediger
Dass der Einfluss der lutherischen Glaubensbewegung gerade im Miesbacher Oberland besonders groß war, lag an charismatischen Predigern vor Ort wie Abraham Preu aus Berbling, dessen Lebensweg in der Ausstellung ebenfalls dargestellt wird, sowie an der massenhaften Verbreitung von Flugblättern, Schriften und „Glaubensbekenntnissen“ seit der Erfindung des Buchdrucks. Insbesondere waren allerdings die Verhältnisse in der damals reichsunmittelbaren Herrschaft (Hohen)Waldeck mit ihrem Hauptort Miesbach verantwortlich.
Druckschriften als historische Zeugnisse der Reformation im Miesbacher Oberland. Foto: Katja Klee
Die „Hochburg der Reformation“, die Herrschaft Waldeck, nahm Alexander Langheiter in seinem Eröffnungsvortrag zur Ausstellung in den Blick. Kenntnisreich und souverän legte er die historischen Zusammenhänge und Besonderheiten der Reformationszeit in dem kleinen Landstrich um Miesbach dar. 1563 bekannte sich Wolf Dietrich von Maxlrain zum Protestantismus und holte evangelisch gesinnte Geistliche in seine Herrschaft. Angesichts der erdrückenden Übermacht der katholischen Wittelsbacher hoffte er, dass auf einem Reichstag ein Religionskompromiss gefunden werden könnte, der den Protestantismus in der kleinen Herrschaft Waldeck legitimieren würde.
Starke Gegenreformation unaufhaltbar
Doch die Gegenreformation war nicht aufzuhalten. Drakonische Maßnahmen – u. a. die Abriegelung der Miesbacher Stadtpfarrkirche durch den „altgläubigen“ Pfleger von Aibling Johann Kaspar von Pienzenau und ein Handelsembargo gegen Anhänger des protestantischen Glaubens im Jahre 1583 läuteten die Endphase der Reformation im Miesbacher Oberland ein.
Derartige Auseinandersetzungen sind glücklicherweise Geschichte. Die Ausstellung zeigt auch, dass die Ökumene heute ganz selbstverständlich, wenn auch manchmal unbewusst – gelebt wird: Mehr als ein Viertel der Lieder im katholischen Gebet- und Gesangbuch „Gotteslob“ von 1965 und 2013 sind evangelischen Ursprungs oder evangelisch beeinflusst. Man erkennt sie am „ö“ unter der Liednummer.
Weitere Beiträge zum Thema 500 Jahre Reformation
Hier gehts zum Artikel über Luthers Tischreden in Miesbach im Waitzinger Keller und zur Wanderausstellung in Hausham über starke Frauen der Reformation.