Das Internationale Musikfest Kreuth

Zur Absage Musikfest Kreuth, das heute eröffnet worden wäre

Barocktrompeten Ensemble Berlin. Foto: Joanna Ogrodnik

Interview mit Helge Augstein, musikalischer Leiter des Musikfestes Kreuth

Heute hätte das Barocktrompeten Ensemble Berlin das 31. Internationale Musikfest Kreuth mit einem Open-Air-Konzert auf Schloss Ringberg eröffnet. Bis zum 2. August wären im Tegernseer Tal wieder hochkarätige Musiker zu außergewöhnlichen Konzerten zusammengekommen. Wir fragten den musikalischen Leiter Helge Augstein, wie es ihm mit der Absage Musikfest Kreuth wegen Corona geht.

MZ: Wie ist Ihnen heute zumute, heute hätte das Eröffnungskonzert für das Musikfest stattfinden sollen?

HA: Mit „Stille“ verbinde ich üblicherweise etwas Positives im Sinne von Ruhe beziehungsweise Abwesenheit von Lärm. Wenn aus Stille dann Musik erklingt, ist das für mich überaus beglückend. Heute – und überhaupt in dieser Zeit – fehlt mir das ganz unbeschreiblich. Insofern ist der heutige Tag noch immer traurig, weil heute und in den nächsten zwei Wochen eben keine Musik am Tegernsee erklingen kann, wie sonst während des Musikfestes. Dabei gäbe es dafür aktuell eine große Sehnsucht, meine ich.

Musikfest Kreuth 2020
Die Organisatoren: Helge Augstein, Dieter Nonhoff und Rudi Wolf stellten das Programm vor(v.l.). Foto: MZ

Dankbar und glücklich bin ich über unser großartiges Publikum, das teilweise unbeschreiblich großzügig auf eine Erstattung der Kartenpreise verzichtet hat. Das ist eine wundervolle Motivation für unser ganzes Team, sich weiterhin mit aller Kraft für das Musikfest zu engagieren.

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Reaktion auf Absage Musikfest Kreuth

MZ: Wie haben die Künstler auf die Absage reagiert?

HA: Da die unsrige sich in eine lange Reihe von Absagen einreihte, waren die Reaktionen verhalten im Sinne von „Wir hatten es befürchtet“. Aber auch wenn nicht alle Künstler es sagen – es herrscht große Verzweiflung, denn Musiker leben nun einmal vom Musizieren, finanziell wie mental. Wenn das abrupt zu 100 Prozent aufhört, ist das Leid in beiden Bereichen groß.

Musikfest kreuth
Kit Armstrong. Foto: JF Mousseau

MZ: Welchen finanziellen Verlust bedeutet die Absage des Musikfestes?

(Diese Frage beantwortet Rudi Wolf, Schatzmeister des Vereins Musikfest Kreuth)

RW: Wir haben am 11. Mai unsere Kunden über die Absage des Musikfestes informiert und dabei die Rücksendung der Tickets gegen Erstattung des Kartenpreises angeboten. Erfreulich ist, dass sich in diesem Zusammenhang so manche Musikfreunde solidarisch erklärt und mit einer Spende zum Fortbestehen des Festivals beigetragen haben. Zumal wir uns noch in der Rückabwicklungs-Phase befinden, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, welchen Verlust der Verein durch die Absage hinnehmen muss.

Isabelle Faust
Isabelle Faust. Foto: Felix Broede

MZ: Was wäre denn in diesem Jahr das Besondere gewesen?

HA: Besonders war und ist, dass es auch nach 30 Jahren noch gelingt, hochkarätige Künstler an den Tegernsee einzuladen. Zu danken dem Publikum, denn wir kommen mit viel geringerer öffentlicher Förderung aus als andere Festivals. Igor Levit sagte vor zwei Jahren sinngemäß, dass ein Musikfest etwas richtig macht, wenn es gute Programme in eine besondere Umgebung bringe – da er es anlässlich seines Auftritts bei uns in der Abendschau sagte, haben wir es als Lob aufgefasst.

LGT Young Soloists
LGT Young Soloists. Foto: privat

MZ:
Neben bekannten Künstlern hätten wir auch solche getroffen, die das erste Mal dabei sind. Was sind Ihre Favoriten?

HA: Besonders glücklich war ich über die Zusage von Isabelle Faust zum Abschlusskonzert, die mit ihren großartigen Kollegen ein barockes Programm gespielt hätte. Auch auf Dennis Russel Davies und Matt Haimovitz mit Beethoven hatte ich mich sehr gefreut. Wie auch auf die Ensembles „Young Soloists“ sowie „The Queens Six“. Und ich verrate schon einmal: Das Konzert mit Isabelle Faust können wir im kommenden Jahr nachholen.

The Queen six
The Queens Six. Foto: privat

MZ: Welche Konzerte wären Ihre Highlights gewesen?

HA: Der Liederabend am 22. Juli mit Benjamin Appl und David Fray mit Mahler und Strauss, der 29. Juli: „Young Soloists“ wegen des selten zu hörenden Repertoires und der jugendlichen Begeisterung, der 1. August: Das Trio mit französischer Musik mit Xavier de Maistre an der Harfe, eine seltene Besetzung, last but not least das Beethoven Abo mit den Werken für Violoncello und Klavier am 25. und 26. Juli.

Absage Musikfest Kreuth
Maistre Xavier. Foto: Jean Baptiste Millot

MZ: Sie hatten ja etwas geplant, um die Jugend an Klassik heranzuführen.

HA: Erstmals gab es ein Konzert für Kinder im Alter zwischen 6 und 12 Jahren – hoffentlich können wir das 2021 erneut planen. Je früher man die Freude an Konzerten weckt, desto besser. Daneben war das Konzert der „Young Soloists“ besonders geeignet für junge Menschen, denn ebensolche konzertieren auf der Bühne. Die Begeisterung hochbegabter Nachwuchskünstler ist im Grunde immer ansteckend.

Der Bayerische Rundfunk sendet Mitschnitte früherer Musikfeste in der “Festspielzeit” – die Liste wird aktualisiert:
16.07.2020, 20.05 Uhr, Festspielzeit auf BR-KLASSIK: Mitschnitt Armida Quartett vom 21./22.07.2016
11.08.2020, 18.05 Uhr, Festspielzeit auf BR-KLASSIK: Mitschnitt Julia Fischer, Violine; Daniel Müller-Schott, Violoncello; Herbert Schuch, Klavier vom 18.07.2017
25.08.2020, 18.05 Uhr, Festspielzeit auf BR-KLASSIK: Mitschnitt Schumann-Quartett vom 28.07.2017

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