Aktionsraum 2 beschreibt gesellschaftlichen Wandel
Einladung zum Aktionsraum 2. Foto: KN
Kulturinitiative in Ebersberg
Die Kreativität vieler Kulturschaffender blieb im Jahr 2020 ungebrochen und manche nahmen die Pandemie zum Anlass, um die gesellschaftliche Situation künstlerisch darzustellen. So auch „Aktionsraum 2“, eine Einladung von Konzeptionskünstler Peter Kees vom Ebersberger Kunstverein.
Als Vorbild nahm der Künstler den legendären 1969 in München installierten Aktionsraum 1, ein Raum für junge Künstler, in dem herkömmliche kunstbetriebliche Werk- und Präsentationsformen vermieden werden sollten, um den neuen performativen, institutions- und gesellschaftskritischen Bestrebungen in der Kunst einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt zu ermöglichen. Der Aktionsraum fungierte auch als Experimentierfeld, in dem das Publikum mit einbezogen und der Vermittlung von Kunst in Form von Vorträgen und Diskussionen Rechnung getragen wurde.
Genau dies ist das Anliegen von Peter Kees, der auch in unserem Landkreis durch seine Initiative „Arkadien“ bekannt wurde.
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Er sagt: „Wir sind in einer Zeit, in der sich ein enormer gesellschaftlicher Wandel vollzieht, beschleunigt, forciert durch die Corona-Pandemie. Menschen gehen auf die Straße, um sich gegen manche Entwicklungen zu wehren. Manche haben Angst vor der Zunahme der rechten Kräfte, andere fürchten chinesische Verhältnisse mit zunehmender Überwachung und Kontrolle. Ob Digitalisierung, eine sich verändernde Arbeitswelt, ein rasant wachsender Kapitalismus oder zunehmende soziale Problemstellungen, die wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen der Pandemie müssen verhandelt werden und vieles mehr. Es geht um nichts weniger als um die Frage, wie wir zukünftig leben wollen.“
Konzeptkünstler Peter Kees. Foto: Andrea Tretner
Deshalb lud er mit einem Open Call beim Ebersberger Kunstverein in den Aktionsraum 2 ein, in dem die aktuellen Themen künstlerisch oder auch nicht künstlerisch verhandelt werden konnten. Für Aktion, Diskurs, Kunst, Vortrag, Diskussion, Performance, Film, etc. wurde Raum geboten. Jede Form war dabei zugelassen. Es meldeten sich viele und so konnte im Herbst 2020, als für kurze Zeit Live-Veranstaltungen möglich waren, im Open Space der Aktionsraum 2 für zehn Tage der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Neben einer permanenten Ausstellung gab es Vorträge, Diskussionen, Filme und Performances. Die gesamte Präsentation der 40 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler wurde dokumentiert und steht als Buch zur Verfügung.
Aus der Vielzahl der Beiträge habe ich einige wenige Statements und Botschaften herausgegriffen:
„Es geht mir darum, die Entstehung von Wertigkeit zu hinterfragen und dabei die Entschleunigung und den Menschen ins Zentrum zu setzen.“ (Veronika Christine Dräxler – Fürstenfeldbruck/Berlin)
„Eine Mixed-Media-Installation thematisiert unser tägliches Rollenspiel, die damit einhergehende Fragmentierung und die Ambivalenz der Freiheit in einer sich beschleunigenden Welt.“ (Stefanie Manhillen – Rheinland/Berlin)
„Aufruf zum kollektiven Freundlichsein.“ (David Lipgens – Aachen)
„Schöpfungskraft der Gemeinschaft: Es geht um Ideen und Errungenschaften, die durch die Gemeinschaft entstanden sind.“
„Die Idee verweist auf die kulturelle Notwendigkeit von Rückzugsorten und auf Friedrich Nietzsche‘s Gedanken über ’stille Stätten zum Nachdenken‘.“ (Hans Hs Winkler – Berlin/New York)
Das Institut für Angewandte Paradoxie ist ein künstlerisches Forschungsinstitut der Užupis University. Das Institut entwickelt Gedankenspiele und Sehübungen, um das Undenkbare zu erkunden. Es fragt, wie eine Welt aussähe, in der Ford auf die Menschen gehört und keine Autos gebaut hätte.
„Die Isolation. Das sich Alleine fühlen, die Abkapselung, das Getrenntsein von der Gesellschaft, von den Mitmenschen und am meisten von einem selbst. Das Individuum sondert sich hier auch auf Grund von äußeren Umständen ab. Das soziale Gefüge bricht zusammen und was bleibt zum Schluss? Welche Konsequenzen zieht das einsam fühlen mit sich?“ (Künstlerkollektiv DramaLamaDingDong)
Das Buch zum Aktionsraum 2. Foto: MZ
„Das Ringen um Distanz und Nähe wird zur tänzerischen Herausforderung, unlesbare Gesichter suchen über Zeichen und Gesten nach neuen Ausdrucksformen. Bewegte und fremdartige Bilder, die die die aktuelle Situation spiegeln und denen die Körper erzählen, was in uns vielleicht nur flüchtige, vielleicht auch gravierende Spuren hinterlässt.“ (Ensemble Urte Gudian – München)
„Erzählt wird die Geschichte eines Theaterensembles, das versucht eine Inszenierung online auf die Beine zu stellen mit allen Hindernissen und Hürden, die ein solches Unterfangen mit sich bringt. Dabei schwingt die Corona-Thematik natürlich mit, im Vordergrund stehen aber die Charaktere und deren Geschichten miteinander und untereinander.“ (Kollektiv Jetzt – München, Ingolstadt, Dresden, Heilbronn)
Inzwischen hat der unermüdlich tätige Peter Kees bereits zu einer neuen Aktion aufgerufen, die wir nicht vorenthalten wollen: