Angst zulassen und Hoffnung schöpfen
Hoffnungsschimmer aus dem Erzählcafé. Foto: Anja Gild
Veranstaltungen der Aktionswoche im Landkreis
Eine spannende, inspirierende und berührende Aktionswoche „Angst und Hoffnung“ gestaltete KulturVision e.V. mit der Miesbacher Stadtbücherei und anderen Partnern, unterstützt von der Hubertus-Altgelt-Stiftung. Die Organisatorinnen fassen jetzt ihre Eindrücke zusammen und verraten, dass es weiter geht.
Dabei gab es Angebote für Kinder und Jugendliche ebenso wie für Erwachsene und Senioren. Das Spektrum reichte von Bilderbuchkino, Lesungen. Gottesdienst, Meditation über Vortrag über den Frieden bis hin zu Erzählcafé, Workshops, Podcasts und Ausstellung.
Insgesamt waren es 13 Veranstaltungen und zwei Ausstellungen, die die Organisatoren zu einem Thema zusammengestellt hatten, das aus Landkreisbürgern an sie herangetragen wurde. Angst vor Wohlstandsverlust, Klimawandel, Krieg, aber auch vor Einsamkeit, Krankheit und Tod beherrscht die Menschen an diesem Land zunehmend. Angst auszusprechen und in der Gemeinschaft Hoffnungsschimmer zu wecken, das war das erklärte Ziel der Woche.
Bücher zur Aktionswoche in der Miesbacher Stadtbücherei. Foto: Stephanie Kilian
Schon die erste Veranstaltung, das Bilderbuchkino der Miesbacher Stadtbücherei war ausgebucht. Leiterin Stephanie Kilian sagt: „Eine gute Möglichkeit, Bilderbücher vor größeren Gruppen von Kindern zu präsentieren, ist das BilderBuchKino. Es eignet sich besonders gut über ein bestimmtes Thema zu sprechen. Das Thema kann genutzt werden, um gemeinsam mit den Kindern Erlebnisse zu verarbeiten und zu reflektieren, in unserem Fall war es das Thema Angst.“
Eröffnungsveranstaltung: Theresia Benda-Pelzer, Monika Ziegler und Watching the Cat. Foto: Stephanie Kilian
Über die Eröffnungsveranstaltung mit der Lesung von „Leopoldine“, begleitet von „Watching the Cat“ schreibt Verena Wolf: „Ehrlich sind diese Texte und unverfälscht – wunderbar gelesen von Theresia Benda (Leopoldine) und Monika Ziegler selbst – und so geschieht an diesem Abend etwas, das erklärt, warum Kunst und Kultur die besten Waffen gegen Angst sind, warum sie Hoffnung geben können: In dieser Geschichte gehen zwei Frauen gemeinsam durch einen Teil ihres Lebens. Sie mögen sich. Sie stützen einander, sind füreinander da.“
Fürbitten verlesen (v.l.) Selina Benda, Pfarrer Erwin Sergel und Monika Ziegler. Foto: Stephanie Kilian
Den Ökumenischen Gottesdienst in der Apostelkirche gestalteten Pfarrer Erwin Sergel und Pastoralreferentin Lisa Marie Boxhammer, sowie den Rainbow Gospel Voices. „Selina Benda und ich durften Wortbeiträge und die Fürbitten beisteuern“, erzählt Monika Ziegler. „Die zahlreichen Besuchenden schrieben am Ende ihre Hoffnungsschimmer auf Zettel, die in der Kirche aufgehängt wurden.“
Prof. Dr. Migaku Sato. Foto: MZ
Auch die Einführung in die Meditation im Domicilium Weyarn fand reges Interesse. Prof. Dr. Migaku Sato, Zen-Meister des Sanbôzen, begründete, warum Meditation für das Thema relevant ist. „Ich lernte, dass das Gegenteil von Angst die Stille ist, und die findet man bei Zen in der tiefen Versenkung. Das Gegenteil von Hoffnung indes ist die Verzweiflung und auch diese überwinde man durch die Meditation. Er gab uns hilfreiche Tipps für die Praxis und empfahl die regelmäßige Übung“, sagt die Vorsitzende von KulturVision e.V.
Zahlreich kamen beim Montags-Miteinander im Bunten Haus die Leute zusammen, um über diese beiden Themenbereiche zu sprechen. Selina Benda lud die Senioren nach einer kurzen Einführung in das Thema ein, anhand Tischvorlagen über ihre Ängste ins Gespräch zu kommen. Was sind die Ängste im Alter, wenn man bereits so viel erlebt hat, Nachkriegszeiten überstanden hat, aus großer Armut stammt? Es sind vor allem die Ängste vor den körperlichen Schwächen, jemandem zur Last zu fallen oder nicht mehr selbstbestimmt leben zu können, welche die ältere Generation umtreiben. Dem gegenüber stehen aber so viele schöne Erlebnisse, die Hoffnung bringen: die Enkelkinder, die Gemeinschaft, Hobbys und Haustiere.
„Ein ganz besonderes Erlebnis war der ‚Singende Wald‘ von Helga Brenninger. In einem Waldstück in Kleinpienzenau/Weyarn brachte die Liedermacherin den Teilnehmenden die wunderbare Ruhe der Natur näher, ging mit ihnen achtsam unterschiedliche Stationen ab und schuf durch ihre eigens für diese Waldbadeeinheiten geschriebenen und komponierten Lieder eine klangvolle Atmosphäre“, berichtet Selina Benda.
Weiter berichtet sie: „Insgesamt sieben Mittelschüler hatten sich bereit erklärt, mit mir über ihre Ängste und Hoffnungen zu sprechen. Vier Mädchen und drei Jungen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren erzählten, welche Ängste sie umtreiben, welche Menschen ihnen in solchen Situationen helfen und welche Hoffnungen sie aber auch haben“, erzählt die zertifizierte Schreibtherapeutin.
„Viele der Jugendlichen haben mit Ängsten um den eigenen Selbstwert sowie Verlustängsten zu kämpfen, sei es in Bezug auf Familie oder Freunde. Aber auch der ein oder andere gute Tipp für die Erwachsenen war dabei. Die Podcast-Folgen werden nach Fertigstellung auf den gängigen Online-Plattformen veröffentlicht und sind dann für alle Interessierten zu hören“, Informiert Selina Benda.
Beim Erzählcafé. Foto: MZ
Zum Erzählcafé traf sich ein kleiner Kreis um Anja Gild. „Die Storytellerin eröffnete mit dem Satz ‚Dem Sinn ein Leben geben‘ und empfahl den Utopiemuskel zu trainieren“, berichtet Monika Ziegler. „In der Erzählrunde waren sich die Teilnehmerinnen einig, dass man raus aus der Infoflut und hinein in positive Visionen in der Gemeinschaft finden muss.“ Vertrauen statt Angst und eine Entscheidung gegen die Verzweiflung, letztlich eine innere Haltung wider die Ohnmacht, das seien probate Hilfsmittel. „Auch wir haben unsere Hoffnungsschimmer auf Zettel geschrieben.“
Heribert Prantl. Foto: Petra Kurbjuhn
„Wir waren sehr glücklich, Professor Heribert Prantl bei uns begrüßen zu können, was nur durch die großzügige Unterstützung der Hubertus-Altgelt-Stiftung möglich war“, sagt Becky Köhl. Die 2. Vorsitzende von KulturVision fährt fort: „Er hat bei dem sehr gut besuchten Vortrag in der St. Josef Kirche in Holzkirchen unser Thema von der politisch-gesellschaftlichen Seite beleuchtet. Er referierte überwiegend aus seinem letzten Buch Den Frieden gewinnen – Die Gewalt verlernen und meinte, man könne Hoffnung gewinnen, in dem man aktiv die Zukunft gestaltet.“
Brigitte Appelt und Bayerische Märchen. Foto: Stephanie Kilian
Noch einmal für Kinder war der Nachmittag „Bayerische Märchen“ mit Brigitte Appelt in der Miesbacher Stadtbücherei vorgesehen. Leiterin Stephanie Kilian berichtet: „Jung und Alt haben dem Märchen mit dem Tatzelwurm gelauscht. Im Anschluss konnten die Kinder den Tatzelwurm noch malen.“
Lesung der Schreibwerkstatt. Foto: Martina Fischer
Einen atmosphärischen Abschluss der Angst-Hoffnung-Aktionswoche erlebten die Gäste der Lesung. „Fünf Mitglieder der Schreibwerkstatt von KulturVision lasen ihre Texte über Angst und Hoffnung, musikalisch begleitet von Clara und Chris“, berichtet Selina Benda, Leiterin der Schreibwerkstatt. „Auch nach der Lesung hielt sich die angenehme Stimmung und alle Gäste blieben noch bei Wein und Häppchen beisammen und unterhielten sich über Gehörtes und Gefühltes. Ein wunderbarer Abschluss der Aktionswoche.“
Unser gemeinsames Resümee: Wir alle haben Angst. Und was hilft? Stille und Natur ebenso wie Gemeinschaft, Kommunikation und Empathie – das sind die Heilmittel, die wir uns als Menschen, als Gesellschaft selbst verabreichen können.
Handschuhprojekt im Rupertihof. Foto: privat