Sparsamkeit in der Kunst
Die Ochsenhütte. Foto: Almresidency
Kunstprojekt in Waakirchen
Zum achten Mal sind derzeit wieder Künstlerinnen und Künstler für zehn Tage auf zwei Almen unterhalb des Rechelkopfes bei Marienstein, um im Dialog mit der Natur künstlerisch tätig zu werden. Am 27. August wird zu einer Kunstwanderung mit Werkpräsentation geladen.
Es war im Jahr 2016 als Landwirt und Förster Leo Brendel aus Waakirchen die Idee hatte, seine Almen für ein Projekt Artist Residency und Raum für internationalen Dialog im bayerischen Alpenraum zur Verfügung zu stellen. Das besondere an der AlmResidency ist ihre Urtümlichkeit. Das Duschwasser wird noch in einem alten Holzofen erwärmt. In der oberen, auf der Alm gelegenen Hütte, dient zur Dusche eine Gießkanne. Wenn man am Morgen einen Kaffee möchte, beginnt man am besten erstmal damit, Holz zu hacken. Der kleine Bachlauf und das Solarpanel generieren den Strom. Die nassen Socken werden über dem Feuer getrocknet und am Morgen weckt einen der Buchfink vor dem Fenster. Wer hier Handyempfang sucht, muss schon mal einige Höhenmeter aufsteigen.
Ursprüngliches Leben. Foto: AlmResidency
In dieser Umgebung entstanden in den vergangenen sechs Jahren spannende Kunstprojekte. Unter der Regie von Janina Totzauer und der gebürtigen Miesbacherin Magdalena Jooss entwickelte sich das Konzept AlmResidency zu Programm, das insbesondere Künstlerinnen und Künstler aller Altersgruppen und Geschlechter, aller kulturellen Hintergründe und Religionen sowie Minderheitengruppen unterstützt.
Lesetipp: Die Symbiose von Natur und Kunst
In diesem Jahr lud die Ausschreibung zu einer besonderen Herausforderung ein. Die Teilnehmenden sollten sich in ihrer Bewerbung dem Thema „Nachhaltigkeit in der Kunst“ widmen. In der Ausschreibung hieß es: „Luftpolsterfolie en masse, dreißig Meter Messeteppich, eine Tonne Carraramarmor“ – als Künstler verbrauche man im Laufe des Lebens eine Menge Material. Wie könne man sparsam mit Material umgehen und auf solche zurückgreifen, die nachhaltig sind, wie etwa Alginat, Mycelium oder Stampflehm. Und wie ließen sich Materialien auch wiederverwenden? Was könne man zu diesem Thema von der Natur lernen?
Performance auf der Alm 2022. Foto: Magdalena Jooss
Bis zur Deadline der Ausschreibung gingen 95 Bewerbungen ein, informiert Magdalena Jooss. Daraus entschieden sich die Organisatoren für vier Frauen und einen Mann. Erstmals, so erzählt die Künstlerin, habe man auch Familien mit Kindern dazu eingeladen.
Seit vergangenen Freitag sind nun die fünf Auserwählten auf den Hütten. Der Bildhauer Pedro Hurpia aus Brasilien widmet sich energetischen Feldern im Wald, die er mithilfe von performativen Spaziergängen in Video und Sound einzufangen versucht.
Julika Meyer aus München nutzt die Technik der Frottage um riesige Fels blöcke auf Leinwand abzupausen. Anna Lena Keller kommt frisch von der Kunstakademie in München und möchte mit einfachen Zutaten selbst Biokunststoff herstellen.
Anne Seiler bringt ihre Nähmaschine mit und widmet sich voll und ganz einer riesigen Patchwork-Arbeit. Jeden Tag soll ein Fleckchen zu diesem riesigen Textil genäht, gestrickt oder gehäkelt werden.
Die Fotografin Sophia Kesting aus Leipzig wird mit dem Thema des fotografischen Reenactments experimentieren und will sich selbst in der Natur in Szene setzen.
Wie jedes Jahr bieten ein gemeinsames Dinner mit Koch Freddie und ein Waldspaziergang mit Förster Leo Bendel Anhaltspunkte, die oftmals die künstlerischen Arbeiten beeinflussen oder gar komplett verändern.
Am Ende des Aufenthaltes findet am 27. August eine öffentliche Kunstwanderung mit Werkpräsentation statt. Treffpunkt: 12 Uhr Wanderparkplatz Marienstein. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, aber man freue sich darüber, um planen zu können, sagt Magdalena Jooss. Am kommenden Freitag strahlt der BR in der Abendschau einen Beitrag über die diesjährige AlmResidency aus.