Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Riva Krymalowski als Anna. Foto: Warner Brothers

Filmtipp von KulturVision e.V.

Welch eine Freude und auch Beruhigung, dass dieser Film in Zeiten aufkeimenden Rassismus so viele Menschen anzieht. Ausverkauftes Haus im FoolsKINO am Samstagabend. Viele Familien mit Kindern. Auch ich habe meinen zehnjährigen Enkel mitgenommen. Mittendrin flüstert er mir zu: „Gefällt dir der Film auch so gut?“

Danach frage ich ihn: „Hast du überhaupt die Geschichte verstanden.“ „Na klar“, sagt er. „Der Hitler hat die Juden ins Konzentrationslager geschafft und viele sind umgekommen. Aber die Anna und ihre Familie sind geflohen. Die Schauspielerin von der Anna, die hat mir gefallen.“

Verständlich, Riva Krymalowski ist nicht nur bildhübsch, sondern spielt die Zehnjährige so selbstverständlich und authentisch, als würde sie die „schwere Kindheit, die jeder Berühmte hinter sich hat“ aus eigener Erfahrung kennen. Dieses Zitat liest ihr ihr Bruder Max vor, ernsthaft und glaubwürdig von Marinus Hohmann dargestellt.

Die beiden heranwachsenden Kinder sind die Hauptfiguren in Charlotte Links neuem Film „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, die autobiografische Geschichte der Schriftstellerin Judith Kerr, ein berühmtes Jugendbuch.

Die Autorin beginnt ihren Roman kurz vor der Wahl Hitlers in Berlin. Ihr Vater, der bekannte jüdische Theaterkritiker Alfred Kerr, bekommt den Rat, schnell das Land zu verlassen bevor sein Pass eingezogen wird. Trotz Krankheit reist er unverzüglich ab und die Familie folgt ihm.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
In der Schweiz. Foto: Warner Brothers

Es beginnt eine Odyssee nach Zürich, dann in ein Schweizer Bergdorf, nach Paris und letztlich nach England. Was das Buch und jetzt auch den Film charakterisiert, all das Grauen der Judenverschleppung und -vernichtung kommt nur unterschwellig vor.

Vielleicht ist das manchem zu wenig, aber die Nachgeborenen, die ja wissen, was passierte, fühlen die subtile Angst, fühlen das Ungewisse. Die Familienmitglieder wissen nicht, ob sie jemals wieder nach Hause kommen können. Sie erfahren, dass ihr Besitz konfisziert wurde.

Sie erfahren, dass der Onkel sich das Leben genommen hat. Und Anna muss erfahren, dass der Koffer mit dem geliebten rosa Kaninchen eben auch von den Nazis mitgenommen wurde. Denn nur ein Plüschtier durfte sie damals in die Schweiz mitnehmen.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
Oliver Masucci und Carla Juri als Eltern mit Anna (Riva Krymalowski). Foto: Warner Brothers

Wesentlich für die Stimmung des Films ist der Vater, hier im Film Arthur Kemper. Oliver Masucci gibt dem für die Familie Verantwortung tragendem kantiges Profil. Vorher gefeiert, jetzt um Anstellung bettelnd, aber immer für die Familie lebend. Da kauft er schon mal Max Schnecken in Paris, obwohl man mit der Miete im Verzug ist.

Carla Juri als Mutter verkraftet den Absturz von der reichen Pianistin und Komponistin zur Hausfrau mit Bügeleisen und Wischeimer in einer schäbigen Wohnung in Paris nahezu mühelos. So ist es der Zusammenhalt der Familie, der Hoffnung macht, auch schwierige finanzielle Zeiten zu überstehen. Hauptsache, man ist zusammen.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
Hauptsache man ist zusammen. Foto: Warner Brothers

Ganz mühelos geht es natürlich nicht. Da braucht Max dringend lange Hosen und eine französische Schulmappe und der Stinkekäse ist auch nicht jedermanns Geschmack, aber irgendwie ahnen die Kinder die Dramatik der Situation und geben der heutigen jungen Generation ein Beispiel dafür, dass man auch äußerst bescheiden leben kann.

Der Film besticht durch seine ruhige Kameraführung. Insbesondere in der Schweiz kehrt Ruhe in das Geschehen ein. Die Berge, der ruhige Ort, die sommersprossige Freundin, das Radschlagen, da ist kurzzeitig die Welt in Ordnung. Nur, die Schweiz will dem jüdischem Autor keine Arbeit geben.

Und so muss die Familie weiterziehen und erfährt in Paris Ablehnung und Rassismus. In England schließlich winkt ein gesichertes Einkommen. Die weißen Felsen von Dover geben Hoffnung. Eine unsagbar sympathische und intelligente Familie, die niemandem wehtut, im Gegenteil. Warum schlägt ihr ein solcher Hass entgegen?

Zum Weiterlesen: „Bauer unser“ – ein Gebet, das gehört werden muss

Filmplakat

„Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ Warner Brothers, FoolsKINO Holzkirchen: 3. und 5.2. 18 Uhr, 4.2., 20.30 Uhr, Kino Tegernsee in Rottach-Egern, 4.2. 17 Uhr.

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