Am Ende schafft es jeder
Felix Mitterer in „Ein Bericht für eine Akademie“ von Franz Kafka. Foto: Petra Kurbjuhn
Theater in Pürbach
Wind, Möwengeschrei, Dschungelgeräusche, zwei Schüsse. Dann Musik, Saxofon und Akkordeon, heiter und beschwingt. Und jetzt Auftritt von Rotpeter, dem Schimpansen, fantastisch in der Maske, großartig in den Bewegungen und in der Mimik: Felix Mitterer. Er trägt karierte weite Hosen, Fliege, einen Frack und Zylinder, darunter ragen die großen Ohren hervor. Rotpeter, der dressierte Affe, wurde eingeladen, einen „Bericht an eine Akademie“ über sein äffisches Vorleben abzugeben.
Franz Kafka schrieb das Stück 1909, viele Schauspieler lesen und spielen den Text, der die absolute Assimilation des Tieres an den Menschen beschreibt. Der Schimpanse Rotpeter, durch zwei Schüsse verletzt und von Hagenbecks Leuten in einen Käfig gesperrt, erkennt, dass er die Freiheit aufgeben muss, aber einen Ausweg finden kann, wenn er sich für das Varieté entscheidet. Also lernen, lernen, lernen, den Menschen nachzuäffen.
Das Leid der gefangenen Kreatur
Felix Mitterer, der Autor, der vor vielen Jahren schon einmal in seinem Stück „Kein Platz für Idioten“ in die Rolle des „Idioten“ schlüpfte, ist jetzt ganz Rotpeter. Der Zuschauer lebt das Leid der gefangenen Kreatur mit, er bewundert die Akrobatik des Darstellers, der eingezwängt im Käfig sitzt, an einem Ring schwingt, auf den Käfig springt und dann wieder wie ein echter Vortragender am Pult steht. Er hat sich für den Bericht eine artifizielle, wie angelernt klingende Sprache zugelegt, die er genüsslich darbietet, nur hin und wieder von einem Schrei gewürzt.
Felix Mitterer hat den etwa 25 Minuten dauernden Bericht in eine 75minütiges Schauspiel verwandelt, mit Musik und Tanz. Juliana und Siggi Haider sind seine kongenialen musikalischen Begleiter, er selbst tanzt und singt Schlager der 20er und dreißiger Jahre, die die aufgesetzte Heiterkeit dieser, aber ebenso unserer Zeit dokumentieren.
Schwer war der Umgang mit der Schnapsflasche
„Ein Freund, ein guter Freund“, singt er da, „und wenn die ganze Welt zusammenfällt“, oder „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“ oder „Jawoll, meine Herren“. Leicht sei es gewesen, den Menschen nachzuahmen, nachdem er beschlossen habe, sein äffisches Vorleben abzustreifen, erzählt uns Rotpeter. Schwer sei ihm nur der Umgang mit der Schnapsflasche gefallen, aber auch daran habe er sich letztlich gewöhnt.
Mitterer gelingt es, aus dem bekannten Text Kafkas das Letzte herauszuholen, es gelingt ihm, die Zuschauer vom Inhalt ebenso wie von seiner Vortragskunst zu begeistern. Sie sind bewegt, berührt und lauschen atemlos. Im voll besetzten Saal des Wald4tler Hoftheaters im niederösterreichischen Pürbach gibt es am Ende, als Mitterer singt „Am Ende schafft es jeder“ und Konfetti streut, frenetischen Applaus. Der ORF zeichnet für die „Seitenblicke“ auf:
http:///tvthek.orf.at/program/Seitenblicke/4790197/Seitenblicke/12836866
Das Wald4tler Hoftheater bürgt seit 30 Jahren für Qualität. Seinen Gründer Harald Gugenberger stellten wir in der 10. Ausgabe der KulturBegegnungen vor und pflegten all die Jahre guten Kontakt. Bis zu seinem viel zu frühen Tod im vergangenen Herbst. Sein Sohn Moritz Hierländer führt das Vermächtnis des Vaters weiter. Das Programm 2016 verspricht hochkarätige Veranstaltungen. Und „Ein Bericht für eine Akademie“ mit Felix Mitterer ist zweifellos ein Höhepunkt der diesjährigen Saison.