Zeit der Erwartung – auf Amadeus Wiesensee
Jakob Weiland, Amelie Böckheler, Amadeus Wiesensee und Martin Maria Krüger (v.l.). Foto: privat
Konzert in Warngau
Das ist das besondere der Adventszeit in Warngau. Hier freuen sich die Menschen seit 2009 jährlich auf das Konzert mit dem jungen Ausnahmepianisten. Auch am Samstag begeisterte er die Zuhörer im voll besetzten Altwirtsaal, sie sparten nicht an Bravorufen.
Es ist das Verdienst des 2. Bürgermeisters und Kulturreferenten Jakob Weiland, in der Gemeinde eine Kulturreihe ins Leben gerufen zu haben, deren Glanzpunkt das adventliche Konzert ist. So lobte Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrates, der wie immer die Moderation des Abends übernommen hatte.
Mit der a-Moll-Sonate D784 hatte sich der 24jährige Pianist die düsterste der Sonaten von Franz Schubert zur Eröffnung des Abends vorgenommen. Als Grund führte Krüger aus, dass im Jahr, in dem die Komposition entstand, die schwere Krankheit bei Schubert ausbrach, an der er wenige Jahre später starb. In seinem Gedicht „Mein Gebet“ schreibt er von „des Lebens Martergang“.
Amadeus Wiesensee spielt Franz Schuberts a-Moll-Sonate. Foto: Monika Ziegler
Gebannt lauschten die Zuhörer der Wiedergabe dieses Werkes voller Schmerz, Zorn, Aufbegehren und auch immer wieder kleiner hoffnungsvoller Passagen. Amadeus Wiesensee gab ihm die notwendige Leidenschaft ebenso wie Virtuosität. Er setzte die Pausen dramaturgisch einfühlsam ein und gab den harten Akkorden danach die notwendige Energie. Er fügte das zuweilen Bruchstückhafte und Zerbrechliche zu einem solchen gewaltigen Ganzen zusammen, dass die Zuhörer am Ende in donnernden Applaus fielen.
Nach a-Moll ging es zu dem heiteren A-Dur der Sonate Nr. 2 von Johannes Brahms für Violine und Klavier. Martin Maria Krüger erklärte die Stimmung des Werkes durch eine neue Liebe des Komponisten, der sich in die Sängerin Hermine Spies verliebt hatte.
Amelie Böckheler spielt mit Amadeus Wiesensee die Brahms-Sonate in A-Dur. Foto: privat
Mit Amelie Böckeler kam eine junge Violinistin aus München nach Warngau, die hier schon mehrfach mit Amadeus Wiesensee konzertierte. Sie spielt als Akademistin im Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, hat reiche solistische Erfahrung und errang zahlreich Preise. Den beiden jungen Musikern gelang es, die Innigkeit und Zartheit des Brahmsschen Werkes in voller Tiefe auszuloten. Nach dem lebhaften 1. Satz schleichen sich im 2. Satz Mollakkorde ein, die aber von den tänzerisch-heiteren, gar hüpfenden Durklängen übertönt werden. Im warmen 3. Satz finden sich Violine und Piano in einem harmonischen Zusammenspiel, das nicht mit Pathos, sondern weich fließend in einem großen Gefühl endet.
Pianist und Philosoph
Amadeus Wiesensee studierte nicht nur Musik, sondern auch Philosophie. In unserem Beitrag in der der 22. Ausgabe der KulturBegegnungen sagte er: „Mein Ziel ist es, Musik machen und Denken zusammen zu bringen und die verloren gegangene Einheit der beiden Sphären wieder zu gewinnen.“ Und er sagte auch, dass wegen des Karrieredrucks bei manchem Musiker das Bewusstsein auf der Strecke bliebe. Für ihn aber ist es essentiell, die Hintergründe der menschlichen Existenz zu erfragen. Und dies schlägt sich in seinen Interpretationen nieder. Im vergangenen Jahr schloss der junge Pianist mit einer Bachelorarbeit über Musikphilosophie das Studium ab.
Professor Martin Maria Krüger moderierte den Abend. Foto: Monika Ziegler
Martin Maria Krüger erzählte, dass Robert Schumanns Fantasie C-Dur, die nach der Arabesque des Komponisten nach der Pause erklang, eine von tiefer Liebe zu Clara ausgedrückte Seelenäußerung des Komponisten sei. Schumann habe gesagt, dass er in dieser Zeit durcheinander gelacht und geweint habe, typisches Verhalten also eines Liebenden.
Leidenschaft und Leiden
Diese Passion, Leidenschaft und Leiden gleichermaßen drückt das titanische Werk aus und Amadeus Wiesensee gab ihm die im Werk enthaltene ergreifende Wirkung. Nach der ersten Leidenschaft folgt energiegeladene, melodische Virtuosität, die in starker Empfindsamkeit ausklingt. Schlicht großartig und so brauchten die Zuhörer ein paar Sekunden bis sie aus ihrem Bann erwachten. Dann aber nicht enden wollender Beifall, Bravorufe und zwei Zugaben. Und das Versprechen, im nächsten Jahr wieder den Advent in Warngau zu etwas Besonderem zu machen.
Hier können Sie den Bericht vom vergangenen Jahr lesen: