Anders reisen – zwei Empfehlungen
Auf dem südostbayerischen Jakobsweg. Foto: Petra Kurbjuhn
Sonntagskolumne
In diesem Sommer ist alles anders. Auch das Reisen. Keine Fernreisen. Brauchen wir überhaupt große Entfernungen? Welches Reisen tut uns wirklich gut? Zwei Beispiele für das Unterwegs sein zu sich selbst – anders reisen.
Der Dalai Lama hat einmal gesagt, dass man jedes Jahr einmal dahin reisen sollte, wo man noch nicht war. Dazu gehören aber nicht nur ferne und fremde Orte, sondern auch die Reise in sich selbst hinein, in das unentdeckte Wesen, das vom Alltagsgetriebe zugeschüttet wird.
Heike Wellisch macht diese Reise alljährlich einmal für eine Woche. Das Bayerische Fernsehen hat sie dabei begleitet und in der Reihe „Stationen“ einen Film gedreht.
In der Einsiedelei des Klosters Maria Eck verbringt die Holzkirchnerin eine Woche allein und ohne jede Ablenkung. Kein Handy, kein Fernsehen, dafür Meditation und Einkehr. Spannend sei es, was da aus dem Inneren komme, meint sie, manchmal auch nicht so angenehme Dinge.
Die Einsiedelei des Klosters Maria Eck. Foto: privat
Eine Stunde Arbeit am Tag am Steingarten, das ist alles an Tätigkeit, ansonsten geht es nur um Wahrnehmung, darum, sich zu öffnen. Das kann der Blick in einen Baum sein, das kann das stille Sitzen auf dem Meditationskissen sein.
Der Franziskanermönch Bruder Christian hatte die Idee für die Einsiedelei, die das ganze Jahr über ausgebucht ist. Der Sinn sei, aus dem täglichen Getriebe herauszukommen, nicht zu denken, nicht Lösungen für Probleme zu finden, sondern zu empfangen und zu hören. „Dann werden die Menschen ansprechbar“, sagt er.
Sie sei durch diese Tage in der Einsiedelei gelassener und achtsamer geworden und habe ihren inneren Frieden gefunden, sagt Heike Wellisch.
Die Jakobsmuschel. Foto: Petra Kurbjuhn
Wer die Reise zu sich selbst mit Bewegung und dem Kennenlernen einer neuen Umgebung verbinden will, ist beim Pilgern auf dem richtigen Weg. Es kann der Jakobsweg in Frankreich und Spanien sein, muss es aber nicht. Auch im heimischen Oberbayern ist der mit der Muschel gekennzeichnete Pilgerweg empfehlenswert.
Auf dem Jakobsweg in Frankreich. Foto: Petra Kurbjuhn
Der voralpine Jakobsweg läuft von Salzburg nach Weilheim. Wir sind die Strecke von Bad Aibling bis Bernried am Starnberger See gegangen. Das stetige Gehen ohne zu plaudern sondern allein in der Wahrnehmung zu bleiben ist wie Meditation. Der einzige Unterschied: Am Abend ist man auch körperlich erschöpft, vor allem dann, wenn man sich nicht an die Etappenempfehlungen hält, sondern munter weitergeht.
Allein pilgern, nur der Hund ist dabei. Foto: Petra Kurbjuhn
Der äußere Weg begleitet den Weg nach innen. Nach einiger Zeit des Gehens wird das Gedankenkarussell ruhiger, kommt zum Stillstand, es ist, als ob sich Kanäle nach innen öffnen. Neue Einsichten entstehen, Haltungen verändern sich.
Reisen verändert, heißt es. Aber es sind eben nicht nur die äußeren Eindrücke, die prägen, sondern es sind ebenso die inneren Erfahrungen – anders reisen also.