Im Landkreis lauern Abgründe
Autor Andreas Föhr: Heitere Kurzweil und Konzentration auf das Wesentliche. Foto: Camehn
Lesung in Holzkirchen
Texte wie Alpen-Föhn, kurzweilig wie flüchtig mit Wallner und Kreuthner von der Kripo Miesbach: Der Bestseller-Autor Andreas Föhr las im Holzkirchner FoolsTheater aus seinem aktuellen Kriminalroman „Totholz“. Sein nun schon elfter bayerischer Krimi.
Der Witz macht’s. Die Freude am Vorlesen eigener Texte speist sich ja nicht selten um das Wissen gelungener Pointen. Auf diese zielsicher, weil sprachgewandt, zuzusteuern, sie einzukreisen und dann wie nebenbei zu zünden, ist schon eine Kunst für sich. Einer wie Andreas Föhr kann das sehr gut. In seinen im Bayerischen angesiedelten Krimis sind die eigentliche Tatorte jene feingewobenen Dialoge, Reaktionen und Nicht-Reaktionen seiner Protagonisten. Und der (mitunter leicht konstruiert wirkende) Plot bildet hier nur den Rahmen für die vorgeblichen Abgründe im Landkreis Miesbach. Hier spielen seine Geschichten, hier lauert das Verbrechen. Beinahe nichts Menschliches bleibt unbeschrieben, mitunter derb, selten dösig, immer nachvollziehbar heiter. Das szenische, sezierende Schreiben kommt im Fall Föhr ja auch nicht von ungefähr: Er arbeitet bekanntlich auch erfolgreich als Drehbuchautor. Im Grunde könnte man, so man denn wollte, alle seine Romane aus dem Stand weg verfilmen.
Andreas Föhr liest „Totholz“ in Holzkirchen. Foto: Camehn
Der Alpenkrimi als literarische Bergkette
Andreas Föhr, 65, liest am vergangenen Donnerstagabend wieder mal in Holzkirchen, zum 13. mal, wie Cornelia Engl, Chefin der dortigen „Bücherecke“, nicht ohne Stolz erzählt: Erste Lesungen in der Buchhandlung, die wurde dann aber irgendwann zu klein, weil Föhr stetig mehr Leute sehen und hören wollten. Jetzt also Lesung im fast ausverkauften FoolsTheater, das Bücherecken-Team ist Veranstalter. Es geht um seinen aktuellen, mittlerweile elften Roman „Totholz“ (Knaur), wieder mit den bewährten Kripo-Ermittlern Wallner und Kreuthner. Never change a running system, der Alpen-Krimi als literarische Bergkette, unbeirrt, weil bewährt, in seiner Fortschreibung. Man kann das auch Masche nennen, eine erfolgreiche ist es immerhin. Zahlreiche Zuschauer haben sich am Saaleingang zuvor das Buch noch rasch gekauft oder es von zu Hause mitgebracht – auf jeden Fall bildet sich nach über einer guten Stunde Lesung eine lange Schlange vorm Autorentisch. Föhr, Typ schlaksiger Amtsträger, signiert freundlich wie geduldig und routiniert.
Nach der Lesung ist vor dem Signieren. Andreas Föhr und seine Fans. Foto: Camehn
Schnapsideen, Schüsse und etwas Schwarzpulver
Die Lesung selbst ist, was sonst auch, auf Kurzweil ausgerichtet. Keine Show, Konzentration aufs Text-Konzentrat, es gilt das verlesene Wort. Andreas Föhr bleibt ansonsten unnahbar, im Dienst seiner Geschichte. Vor sich das Mikrofon, neben sich stilles Wasser, von dem er nur bedingt Gebrauch macht, liest er über sprichwörtliche Schnapsideen, Schwarzpulver und Mondstaub. Es geht um Beziehungsdramen und Überwachungskameras, Lug und Trug, entflammbare Gase und nicht ganz unberechtigtes Misstrauen: „Du fragst sonst nie, ob irgendwas in die Luft geflogen ist.“ Und wenn sich da mal ein Schuss löst, dann geht der bestimmt nach hinten los. Grundlage des hier ausgestellten Humors sind zum einen der dialektbasierte Tonfall sowie der allgegenwärtige Euphemismus, das Ganze mitunter getragen von einer „sadistische Lässigkeit“, wie es an einer Stelle im Buch heißt.
Mag der Autor seine Figuren?
An dieser Stelle käme es jetzt sicher ganz gut zu behaupten, dass Andreas Föhr seine Figuren mag, sie nicht bloßstellt sondern sie liebevoll an die Hand nimmt und durch die Geschichten geleitet. Möglich ist das, sicher ist es nicht. Denn Andreas Föhr bietet, bei allem handwerklichen Know-how dann doch wenig mehr als gehobenes Erzähl-Fast-Food. Bekömmlich wie Schweinsbraten, gut kalkuliert und lässig aufbereitet. Das ist witzig. Vor allem aber flüchtig wie Alpen-Föhn.
Cover „Totholz“. Foto: Droemer Knaur
Zum Weiterlesen: Andreas Föhr liest „Unterm Schinder“