Andreas Kuhnleins „Spuren des Menschseins“
Troika. Foto: MZ
Ausstellungen in Staré Město pod Landštejnem und Eichhofen
Der international bekannte bayerische Bildhauer Andreas Kuhnlein hat derzeit Ausstellungen mit dem Titel „Spuren des Menschseins“ in zwei ganz unterschiedlichen Orten. Am 4. September startet die Präsentation der Kunstmühle Eichhofen, wir waren in Böhmen.
Direkt hinter der österreichischen Grenze liegt das Schloss Ebergersch (Zámek Dobrohoř) in Staré Město pod Landštejnem. Das im 19. Jahrhundert im klassizistischen Stil erbaute Schloss war früher im Besitz der deutschen Familie Sternbach, nach dem zweiten Weltkrieg verfiel es bis es der Prager Unternehmer und Kunstliebhaber Jan Mužak 2013 kaufte und sukzessive restauriert. Sein Ziel ist es, das Schloss zu einem Kulturzentrum auszubauen, in dem tschechische ebenso wie österreichische und deutsche Kunst ihren Platz findet.
Schloss Ebergersch. Foto: Bérénice Salvan
Jetzt also hat Jan Mužak Andreas Kuhnlein eingeladen. Mit seiner Ausstellung „Spuren des Menschseins“ zeigt der renommierte Bildhauer aus dem Chiemgau einen Querschnitt seines Werkes, das dem Menschen in seiner Vielfalt, Zerbrechlichkeit, Endlichkeit, aber auch seiner Gewaltbereitschaft gegen Mitmenschen und Natur gewidmet ist. Bisher hatte Andreas Kuhnlein mehr als 200 Einzelausstellungen sowie über 120 Ausstellungsbeteiligungen in 16 Ländern.
Wir durften seine Werke im Landkreis Miesbach bei einigen Ausstellungen bestaunen und haben ihn auch zum Festival „Menschenrechte“ eingeladen, das nunmehr auf Mai 2022 verschoben wurde. Erst kürzlich berichteten wir über die Ausstellung „Das Narrenschiff“ im Schafhof in Freising.
Lesetipp: „Das Narrenschiff“ von Andreas Kuhnlein Im Schafhof
Unterdrückung. Foto: MZ
In Schloss Ebergersch trifft die Besucherin als erstes auf sein Werk „Unterdrückung“, das Gewalt des Menschen gegen Menschen verdeutlicht und bedrückt zurücklässt. Dazu passt auch der lorbeerbekränzte Imperator. Das große Werk „Engstelle“ lässt Raum für eigene Interpretationen, ebenso „Balance“, „Rückblick“ und „Seitenblick“. In all diesen Skulpturen zeigt der Künstler seine einzigartige Begabung, aus dem Holz mit der ungelenken Kettensäge Körperhaltung des Menschen darzustellen und feinsten Ausdruck durch Zerklüftungen herauszuarbeiten.
Engstelle, Balance, Imperator (v.l.). Foto: MZ
Einen großen Raum nimmt seine Skulpturengruppe „Krone der Schöpfung oder Die Rache der Tiere“ ein. Edel in Schwarz gekleidete, ein wenig höhnisch schauende Tiere sitzen um einen Tisch herum, der sich bei näherem Hinschauen als gläserner Sarg entpuppt. Darin liegt die Krone der Schöpfung.
Krone der Schöpfung oder Die Rache der Tiere. Foto: MZ
Selbige entlarvt Andreas Kuhnlein mit seiner Serie „Schein und Sein“, in der er paarweise Skulpturen gegenüberstellt. In Schloss Ebergersch ist das „Der Stellvertreter“, also ein hoher Priester in vollem Ornat, daneben aber in seiner ganzen verletzlichen Blöße. Der Schein des Würdenträgers als glatte Fassade gegenübergestellt dem wahren Sein, verletzt, zugerichtet. Beide schauen auf die Skulptur des Philosophenkopfes, den der Künstler mit dem Titel „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ als Sokrates benennt.
Schein und Sein: Der Stellvertreter. Foto: MZ
Im letzten Raum hat der Bildhauer seine Figurengruppe „Troika“ platziert. Auch dieses Werk lässt freie Assoziationen zu, soll es die Männerherrschaft zeigen? Eine Troika von drei Männern bemüht sich, offensichtlich erfolglos, ein kaputtes Schiff als Metapher für die ausgebeutete Natur wieder flott zu kriegen. Und nur eine schwangere Frau am Heck des Schiffes scheint den Überblick zu bewahren. Sie schaut hoffnungsfroh in die Zukunft, zu ihren Füßen sitzt ein Hund.
Wer sich auf den Weg macht, Schloss Ebergersch zu besuchen, vielleicht bei einer Reise durch Böhmen nach Krumlau, Budweis oder Telc, kann nicht nur weitere Kunst in Form von Arbeiten von Studentinnen der Universität Pilsen und der Akademie der Bildenden Künste München sehen, sondern sich auch in den liebevoll hergerichteten kleinen Räumen zu einer Erfrischungspause niederlassen. Besucher finden darüber hinaus käufliches Kunsthandwerk vor und können sogar im Schloss übernachten. Am 25. September findet im großen Konzertsaal ein Konzert statt.