Angst und Hoffnung

Angst und Hoffnung

Selina Benda, Monika Ziegler und Stephanie Kilian (v.l.). Foto: privat

Aktionswoche im Landkreis

Mit der Themenwoche „Angst und Hoffnung“ starten KulturVision e.V. und die Miesbacher Stadtbücherei eine ungewöhnliche Initiative gegen die Angst, die unser Land zunehmend lähmt und die Gesellschaft spaltet. Mit zahlreichen Workshops, aber auch viel zielgerichteter Unterhaltung soll der Angst aktiv begegnet werden, damit Hoffnung wachsen kann.

Sich nicht ausbremsen lassen

„Die Angst ist wie ein Nährboden, in den wir den Samen der Hoffnung legen wollen“, sagt Selina Benda beim Pressegespräch in der Miesbacher Bücherei – und bringt damit das große Anliegen der Themenwoche auf den Punkt.

Das ist gut so, denn die Angst geht um in Deutschland. Und sie hat viele Väter: Seit langen Monaten füllen die Bilder der Kriegsschauplätze in der Ukraine und im Nahen Osten unsere Nachrichten. Ebenso real sind die wirtschaftlichen Probleme unseres Landes mit sinkenden Wachstumsraten und drohenden Werkschließungen. Zudem lassen sich der Klimawandel und die begleitenden Wetterkatstrophen nicht mehr weg reden. Das alles sind bedrohliche Situationen, sie beherrschen die Gesellschaft und nicht nur die Generationen 30+.

Angst und Hoffnung

„Diese Ängste machen auch vor der Jugend nicht Halt, sie beschäftigen teilweise schon die Kinder. Und das ist neu“, ergänzt Stephanie Kilian, Leiterin der Miesbacher Stadtbücherei. Gerade die Ängste der Jugend aber sind alarmierend, denn eine Jugend ohne Hoffnung und ohne Lebenszuversicht – das ist neu in unserem Land.

Weil das Thema viele bewegt

Ungewöhnlich wie das Thema ist auch die Geschichte der Motto-Woche „Angst und Hoffnung“, denn die Idee entstand nicht am grünen Tisch – im Gegenteil: „Das Anliegen kam im letzten Jahr aus der Bevölkerung auf uns zu“, betont Monika Ziegler. Die engagierte Vorsitzende des Vereins KulturVision e.V., erzählt weiter: „Ich wusste nur sofort, Angst alleine – das geht gar nicht. So bin ich auf die Idee gekommen, ihr die Hoffnung als eine positive Kraft dazuzugesellen.“


Flyer „Angst – Hoffnung“. Foto: MZ

Die Projektidee stieß dann beim „Runden Tisch“, einem Format, bei dem sich die Kultur-Institutionen im Landkreis regelmäßig austauschen, sofort auf die tatkräftige Unterstützung von Stephanie Kilian: „Wir hatten im Jahr zuvor im Rahmen der ‚Hospizwoche‘ in der Bücherei eine Beratungsstelle im Haus und da habe ich die Ängste der älteren Menschen hautnah mitbekommen – ihre spürbare Angst vor Einsamkeit, Armut, Krankheit, Tod… Ich wollte etwas machen.“ So entstand mit der großzügigen Hilfe der Hubertus Altgelt-Stiftung, die die Themenwoche selbstlos sponsert, ein spannendes Programm.

Der Angst ins Auge sehen – und Hoffnung schöpfen

„Jede Angst ist willkommen – und keiner muss Bedenken haben, zu einer Veranstaltung zu gehen. Wir haben für alle etwas im Programm – Workshops, Gesprächsrunden, die Schreibwerkstatt, Singen in freier Natur, aber auch Gottesdienste, Meditationen…“

Vor allem gibt es Angebote für Jung und Alt – und es machen drei Gemeinden aktiv mit, so dass niemand eine zu weite Anreise hat.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Bei jeder Veranstaltung ist ein Therapeut anwesend. Niemand muss die Angst also fürchten – aber jeder kann die Chance nützen, das, was ihn bedrückt, in Worte zu fassen. „Wir wollen erreichen, dass Menschen über die Angst reden. Denn wenn man sie ansieht, verliert sie ihr bedrohliches Gesicht“, weiß Selina Benda. Die zertifizierte Schreibtherapeutin verlegt etwa am Samstag, 12. Oktober, ihre Schreibwerkstatt ins Domicilium in Weyarn, um älteren Menschen die Teilnahme zu erleichtern.


Flyer „Angst – Hoffnung“. Foto: MZ

Start am 10.10. in Miesbach

Über die Angst reden – das können schon die Kleinsten lernen. Und wie das geht, das erklärt dann Stephanie Kilian. „Wir starten die Themenwoche am 10.10. um 16 Uhr mit dem BilderBuchKino „Der kleine Angstdrache“. So können schon die Kleinsten ab 3 Jahren über alles reden, was ihnen gerade Angst macht. Denn Ängste hat jeder und sie sind sinnvoll und sogar lebenswichtig“, erläutert die Chefin der Stadtbücherei, „aber wenn man nicht über sie spricht, entfalten sie eine zerstörerische Wirkung. Ich wünsche mir für die Veranstaltung, dass nicht nur Kinder kommen. Auch die Eltern, Tanten, Onkel und Großeltern sind willkommen – gemeinsam kann man in der Familie eine Menge bewegen. Und die Kinder lernen gleich, dass auch die Erwachsenen Angst kennen. Das schafft Vertrauen.“

Die Mächte der Kultur nutzen

Damit Vertrauen wachsen kann und die Menschen wieder näher zusammenrücken, wird in der Woche vom 10. bis 18. Oktober viel passieren: „Wir haben tolle Projektpartner gefunden“, sind sich die drei Macherinnen einig.


Cover „Leopoldine“. Foto: MZ

* Fr. 11. Oktober – Festliche Eröffnung im Bunten Haus Am Freitag findet die Eröffnungsfeier im Bunten Haus statt. „Auch diese Veranstaltung ist kostenlos und es wird ein heiterer Abend“, sagt Monika Ziegler, die ab 19 Uhr gemeinsam mit Schauspielerin Theresia Benda aus dem Buch „Leopoldine“ lesen wird. Musik der jungen Band „Watching the Cat“ und Bewirtung sorgen außerdem für gute Stimmung.

Offenen Ateliers im Norden
Kunsttherapeutin Tina Kappus. Foto: MZ

* Sa. 12. Oktober 2 x Workshop Am Samstag wird es kreativ: Mit Tina Kappus kann man am Vormittag in der vhs Gmund zwei Stunden lang Bilder zu Angst und Hoffnung gestalten, ab 14 Uhr lädt Selina Benda zum Schreib-Workshop ins Domicilium ein.


Selina Benda. Foto: Lisa Ploschka

* So. 13 Oktober Mit der Macht des Glaubens „Die Kirchen haben sich sofort angeboten mitzumachen“, freut sich Monika Ziegler, „und wir sind sogar interkonfessionell“. Der ökumenische Gottesdienst mit wichtigen Glaubensimpulsen gegen die Angst und für die Hoffnung findet um 10.30 Uhr in der Apostelkirche in Miesbach statt.

Meditationsraum Domicilium
Meditationsraum im Domicilium Weyarn. Foto: Tom Thaler

Und um 18 Uhr lädt Zen-Meister Professor Dr. Migaku Sato zu einer professionellen Gruppenmeditation ins Domicilium in Weyarn ein, bei der die Ängste der älteren Menschen im Mittelpunkt stehen.

Mission Hoffnung in der neuen Woche

Während beim Gesprächskreis am Mo. 14. Oktober im bunten Haus von 10:30 bis 11:30 Uhr vor allem ältere Menschen über ihre Ängste und Hoffnungen sprechen können, geht es am Nachmittag hinaus ins Freie in den „Singenden Wald“ mit Helga Brenninger. Zur geführten Waldbadeeinheit mit Musik und Gesang treffen sich die Teilnehmer bei (fast) jedem Wetter um 15.45 Uhr in Weyarn/Großpienzenau am Parkplatz.

Angst und Hoffnung
Helga Brenninger. Foto: privat

* Di.15. Oktober Zwei neue Erfahrungen hält der Dienstag bereit: „Jungen Menschen macht nicht nur der Verlust von Wohlstand Angst – es ist vor allem der Klimawandel mit all seinen Auswirklungen, der sie an der Zukunft verzweifeln lässt“, weiß Stephanie Kilian. Deshalb gestaltet sie mit den 9. Klassen der Mittelschule Miesbach einen Podcast und hofft, dass sich dabei die Jugendlichen ihre Ängste von der Seele reden werden.

Erzählcafé
Anja Gild im Erzählcafé. Foto: MZ

Der Abend im Erzählcafé in Holzkirchen verspricht ebenfalls viel Austausch. „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit diesem Format“, freut sich Monika Ziegler. Ab 19 Uhr trifft man sich im Atrium der vhs Holzkirchen in einem moderierten Setting und erzählt persönlichen Geschichten – einmal zur Angst und einmal zur Hoffnung. Für die Bewirtung ist auch gesorgt.

Angst und Hoffnung
Heribert Prantl. Foto: Nina Tenhumberg

* Mi. 16. Oktober Mit Verstand der Angst begegnen Heribert Prantl ist ein kluger Kopf. Der Professor Doktor jur. Dr. theol. h.c., war 25 Jahre Leiter der Redaktionen „Politik“ und „Meinung“ der Süddeutschen Zeitung. Heute ist er Kolumnist der SZ und Autor des Buches „Den Frieden gewinnen“. Über seinen Vortrag am Mittwochabend in St. Josef / Holzkirchen um 19.30 Uhr sagt er: „Es gibt keinen inneren Frieden ohne äußeren Frieden. Und es gibt keinen äußeren Frieden ohne inneren Frieden. Das sagt sich leicht, aber diese Erkenntnis muss gelehrt und gelebt, gepredigt und geglaubt werden.“

Bayerische Märchen
Brigitte Appelt. Foto: privat

* Do. 17. Oktober Bayerische Märchen für Groß und Klein erzählt Brigitte Appelt um 16 Uhr in der Miesbacher Stadtbücherei – ein tiefsinniges Vergnügen, das Geist und Seele berührt (ab 4 Jahren).

Angst und Hoffnung
Schreibwerkstatt. Foto: privat

* Am Freitag, 18. Oktober, wird es dann noch einmal spannend im bunten Haus. Am Abschlussabend der Motto-Woche werden die Werke aus der Schreibwerkstatt präsentiert. Um 19 Uhr geht es los, die musikalische Begleitung übernehmen auch hier wieder Mitglieder von „Watching the Cat“ und fürs leibliche Wohl im bunten Haus ist auch gesorgt.

Mission Hoffnung

Wer die Angebote dieser Woche mit ihrem mehr als vielfältigen Angebot annimmt, wird hinterher sicher um manche wertvolle Erfahrung reicher sein. Angst – das ist ein Mix aus vielen Elementen: Kinder fürchten sich vor dem Dunklen, ältere Menschen vor Tod und Einsamkeit, die mittlere Generation kämpft mit äußeren Sorgen und inneren Nöten. Warum diese starken Gefühle nicht einmal ernst nehmen, ihnen Raum geben und sie näher kennenlernen? Man erfährt immer etwas über sich selbst und entdeckt ganz sicher auch die zweite Seite der Medaille – die Hoffnung. Gerade die, die aus der Hoffnung leben, sollten die Chance nutzen, andere zu unterstützen, sie an ihrer inneren Sicherheit und ihren positiven Visionen teilhaben lassen.

Die Themenwoche „Angst und Hoffnung“ kann ein voller Erfolg werden, wenn viele mitmachen, damit Kopf und Bauch, Hirn und Gefühle wieder zusammenkommen, und wir Menschen unsere Zukunft gut gestalten können!


Kunstprojekt von Tina Kappus. Foto: Tina Kappus

TIPP: Die ganze Woche über liegt Literatur zum Thema auf dem Büchertisch aus, den Stephanie Kilian und ihr Team in der Miesbacher Stadtbücherei gestalten. Zudem findet in der Woche in Miesbacher Geschäften eine Ausstellung eines Kunstprojektes statt, das Tina Kappus im Vorfeld mit sozialen Enrichtungen und Künstlerinnen und Künstlern durchgeführt hat.

Jetzt schon anmelden: Die Veranstaltungen sind zwar alle kostenlos, aber für die Workshops, das BilderBuchKino, die Meditation, das Singen und den Märchennachmittag ist Anmeldung erforderlich. Hier finden Sie den Flyer.

Der Artikel erschien zunächst in den Miesbacher Stadtgeschichten.

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