Fokus auf der Ästhetik
Granatkapelle am Penkenjoch (Solarisation). Foto: Günter Unbescheid
Ausstellung am Achensee
Der Fotokünstler Günter Unbescheid aus der Jachenau ist im Landkreis kein Unbekannter. Jetzt hat er den Sprung über den Achenpass gemacht und wir mit ihm. Denn dort lockt ein ungewöhnliches Kulturhaus mit hochkarätigen Ausstellungen und Konzerten.
„Ist Fotografie Kunst?“ Mit dieser provokanten Frage leitete Reinhard Obermeier die Eröffnungsrede zur Ausstellung des Jachenauer Fotokünstlers ein. Der Obmann des „Kulturverein Achensee – Altes Widum Achenkirch“ sprach damit die inflationäre Flut an Fotos an, die heute auf der ganzen Welt milliardenfach in jedem Moment gemacht werden. Danach aber ist die Antwort auf die Frage schnell gegeben – nämlich anhand der Arbeiten von Günter Unbescheid selbst. Der studierte Indologe, Religionswissenschaftler und IT-Spezialist fotografiert seit seiner Jugend. Die Entwicklung vom Hobbyfotograf zum Meisterfotograf habe dieser über die Jahre klar vollzogen, entscheidet der Laudator aus Achenkirch.
Fotokünstler Günter Unbescheid. Foto: IW
Die umfangreiche Fotoausstellung „Der Klang der Welt“ hinterfragt althergebrachte Wahrnehmungsmuster und hebt die Fotografie auf eine Meta-Ebene. Analoges und Digitales hängen gleichberechtigt nebeneinander und geben einen hervorragenden Überblick über das umfangreiche Schaffen von Günter Unbescheid.
Verbindung Jachenau – Tirol
Es ist nicht seine erste Ausstellung in Achenkirch. Der Vorsitzende der Künstlervereingung Lenggries hat bereits mit der Künstlergruppe Delta im Alten Widum in Achenkirch ausgestellt, zu der auch Hilge Dennewitz und Norbert Herbert aus dem Landkreis Miesbach gehören. Die Verbindung nach Achenkirch ist gewachsen und dazu gehört auch die Motivsuche auf der anderen Seite des Achenpasses.
Mit der Lochbildkamera aufgenommen: Granatkapelle am Penkenjoch. Foto: Günter Unbescheid
Herzstück der Ausstellung „Der Klang der Welt“ bilden die Fotografien der eindrucksvollen Granatkapelle am Penkenjoch. Nun ist ein besonderer Ort erst einmal kein Garant für schöne Fotos und eben nicht jeder, der fotografiert ein Künstler, um noch einmal auf die provokante Frage zur Eröffnung der Ausstellung abzuzielen. Günter Unbescheids Fotografien allerdings erheben sich klar zur Kunst.
Analog und digital
Seine Schwarzweißfotos entstehen ausnahmslos auf analogem Filmmaterial mit Mittelformat- und Großformatkameras. Darunter sind die Bilder der Granatkapelle besonders eindrucksvoll. Das hoch ästhetische Titelbild zum Ausstellungsflyer entstand mittels einer Lochkamera, ein anderes Foto zeigt eine bemerkenswerte Solarisation. Der Jachenauer Fotokünstler ist viele Male auf dem Penkenjoch gewesen, hat die vom Schweizer Stararchitekt Mario Botti entworfene Kapelle bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, Tages- und Jahreszeiten fotografiert.
Nebenwald – Langzeitaufnahme mit der Lochbildkamera. Foto: Günter Unbescheid
Die sieben behutsam sanierten Ausstellungsräume des Alten Widum in Achenkirch ermöglichen eine umfangreiche Präsentation des künstlerischen Schaffens. Im Raum, den Günter Unbescheid der Granatkapelle widmet, wird noch ein weiterer Künstler gewürdigt: Der Mauracher Bildhauer Markus Thurner hat das Altarbild des Seligen Engelbert Kolland aus fünf heimischen Hölzern geschaffen und ebenfalls den Altar. Dass die ungewöhnliche Kapelle auf dem Penkenjoch entstand, die mit ihrer außergewöhnlichen Außen- und Innengestaltung viele Besucher anlockt, ist Josef Brindlinger Senior und Josef Brindlinger Junior aus Penken unweit von Mayrhofn zu verdanken, deren visionäre Idee heute nicht nur als Ort der Andacht, sondern zugleich als Weltkunst auf dem Alpengipfel zu besuchen ist.
Aus der Serie Architektur: Konsumwelten. Foto: Günter Unbescheid
Günter Unbescheid fotografiert seit vielen Jahren mit großer Leidenschaft Architektur. „Der Klang der Welt“ widerspiegelt unzählige Reisen weltweit. Seine Fotografien ähneln dem Medium Malerei darin, dass viele der Bilder über Stunden, Tage und sogar Wochen hinweg entstehen.
Architektur, Landschaft, Menschen
Architektur wird durch Mehrfachbelichtungen „ver-rückt“ und damit die Galerie Lafayette in Berlin, die Pinakothek in München oder das Opernhaus in Oslo zum ästhetischen Objekt. Landschaften lösen sich durch Langzeitbelichtungen mit der Lochkamera in diffuse, märchenhafte Orte auf. Die geflüchteten Menschen der Serie „Nachbarn“ erfahren eine respektvolle Wertschätzung. Günter Unbescheid ist ein genauer Beobachter mit der Kamera, der sein Handwerk versteht und liebt und dabei stets nach ästhetischer Vollkommenheit strebt.
Weiterlesen zu Ausstellungen im Alten Widum Achenkirch:
- Peter Remmling: Das Antlitz Christi in allen Facetten
- Markus Thurner: Menschsein als Mittelpunkt des Schaffens