Sehnsucht nach Arkadien
Die beste Art, den Sommer zu verbringen: in der Natur. Foto: HG
Gedanken zu den Sommerferien
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die Sommerferien haben begonnen und damit die Zeit, in der die Arbeit einmal für ein paar Tage, vielleicht sogar Wochen, ruht. Zeit für Muse also, Zeit für Nichtstun. Wir möchten Ihnen ein paar Gedanken dazu mit in die Ferien geben.
Der Karikaturist und Architekt Olaf Gulbransson schuf sich sein Himmelreich auf Erden auf einem alten Hof überm Tegernsee. Dort lebte er im Einklang mit der Natur, mit den Jahreszeiten. Er malte das ganze Jahr über im Freien. Im Sommer nackt, nur mit einer Schürze bekleidet, im Winter mit Mütze und Schal, selbst bei minus 17 Grad. „Der liebe Gott hat uns die Zeit gegeben, aber von Eile hat er nichts gesagt“, war sein Credo.
Selbstbildnis Olaf Gulbransson. Foto: Olaf Gulbransson Museum Tegernsee
Heute in unserer globalisierten, hektischen Zeit, muss alles ganz schnell gehen. Wir eilen morgens aus dem Haus und abends zurück, eilen hierhin, dahin, dorthin, und am Ende eilen wir in den wohlverdienten Urlaub. Und selbst dort eilen wir von einer Sehenswürdigkeit zur anderen, von einem Event zum nächsten. Wo ist er geblieben, der schöne Müßiggang, wo das süße Nichtstun? Jetzt ist die Zeit dafür da. Im Urlaub möchte die Seele baumeln.
Raum für öffentliches Nichtstun
Der Künstler Peter Kees aus dem Landkreis Ebersberg schuf kürzlich zum „Markt der Ideen“ in Holzkirchen einen „Raum für öffentliches Nichtstun“. Es ist ihm ein Anliegen, darauf aufmerksam zu machen, dass wir viel Zeit mit überflüssigem, gar schädlichem Tun verbringen und er fordert auf, das zu unterlassen. Peter Kees ist der Botschafter von Arkadien. Arkadien, fragen Sie sich jetzt, klingt das nicht irgendwie mystisch?
Arkadien als Gegenentwurf
Das reale Arkadien ist eine Landschaft im Zentrum des Peleponnes in Griechenland. Aber Arkadien steht auch für etwas anderes: es ist ein Synonym für das Ideal eines einfachen Lebens, für den friedlichen Einklang von Mensch und Natur, der sich in einer vollkommenen Landschaft manifestiert. „Arkadien ist ein Topos, den es wieder zu erschaffen gilt“, ist die Meinung von Peter Kees. Arkadien soll eine Zuflucht bieten aus dem täglichen Hamsterrad, aus Konflikten und Diskussionen. Der Künstler überprüft in seinen Interventionen die Umsetzbarkeit des „Entwurf Arkadien“ in der Gegenwart. Er annektiert in zahlreichen Ländern arkadische Quadratmeter und errichtet dort jeweils eine Botschaft.
Erholung in Landschaften, die dem Ideal Arkadiens ähneln: Waldviertel/NÖ. Foto: IW
Die Aufgabe seiner diplomatischen Vertretungen Arkadiens ist, Lebenslustigen ein Visa zu bieten und Glücklosen, Sinnsuchern, Utopisten, Flüchtlingen, Schutzlosen, Träumern und Realisten ein Asyl.
Arkadien beflügelt die Kunst
Vergil hat den arkadischen Gegenentwurf eines idealen Daseins erstmals in seinen Hirtengedichten literarisch niedergeschrieben. Das Ideal Arkadiens ist über die Jahrhunderte lebendig geblieben, trotz technischem Fortschritts, trotz rasanter Entwicklung der Gesellschaft. Der Maler Markus Lüpertz schuf in unserer heutigen Zeit wiederum einen „Arkadien-Zyklus“. Immer hat das Modell Arkadien als Impulsgeber, als Quell geistiger Ansätze gestanden. Arkadien war und ist feinsinniger Stoff für Literaten und Dichter, Ideengeber der christlichen Paradiesvorstellung, Sujet für ganze Generationen von Landschaftsmalern. Wenn man so will, hat sich Olaf Gulbransson sein Arkadien am Berg über dem Tegernsee geschaffen.
Der Rückzugsort von Monika Ziegler im Waldviertel. Foto: IW
Monika Ziegler, die Initiatorin der zahlreichen Projekte von KulturVision und verantwortliche Redakteurin der beiden Medien, ist zum Beginn der Sommerferien in ihr Arkadien nach Niederösterreich ins Waldviertel gereist. Dort findet sie auf einem alten Dreiseithof am Waldrand die Erholung und den Frieden, den sie sich nach einem turbulenten Jahr bei KulturVision redlich verdient hat. In Einklang mit der Natur erntet sie Beeren, putzt Fisolen, kocht aus dem, was der Garten und das Feld der Bäuerin Maria hergeben und geht im nahegelegenen Weiher schwimmen. Ab und an besucht sie einen Thementag bei unserem Kulturpartner, der Kulturbrücke Fratres, oder sieht sich eine Vorstellung im Waldviertler Hoftheater an. Sie werden gewiss von ihr hören.
Sommerferien ohne Eile
Wo ist Ihr persönliches Arkadien? Wo ist der Ort, an dem Sie die Sommerferien in Muse verbringen? Es muss nicht immer weit, weit weg sein. Und selbst, wenn Sie reisen: nehmen Sie Gulbranssons Satz mit: „Der liebe Gott hat uns die Zeit gegeben, aber von Eile hat er nichts gesagt“.
Wir wünschen Ihnen ganz viel Mut zur Muse in diesem Sommer. Genießen Sie das süße Nichtstun. Daraus erwachsen neue Kraft, Kreativität und kühne Visionen.