Arsène Lupin

Arsène Lupin – Terror in Paris

Cover des Buches. Foto: MZ

Buchtipp von KulturVision

Mit seinem neuen Buch „Arsène Lupin – Terror in Paris“ ist Bernd Späth ein außerordentlich wichtiger Beitrag zum aktuellen politischen Geschehen gelungen. Er zeigt auf, wohin braune Gesinnung führen kann, das Ganze aber unterhaltsam und spannend verpackt.

Der Starnberger Schriftsteller ist im Landkreis Miesbach durch die Aufführung seines Stückes „Die Hinrichtung“ in Irschenberg und Bayrischzell bekannt. Kürzlich war er auf Einladung von Peter Becher zusammen mit Hannah Miska Gast in Literatur im Gewölbe im Waitzinger Keller. Thema der Lesung und des Gesprächs: Rassismus und Antisemitismus, eines der Themen, die Bernd Späth engagiert und professionell literarisch bearbeitet. Jetzt also in einem soeben erschienenen Kriminalroman.

Lesetipp: Experiment „Literatur im Gewölbe“ gestartet

Wer kennt ihn nicht, den Meisterdieb Arsène Lupin, vom französischen Schriftsteller Maurice Leblanc geschaffen. In zwanzig Romanen ist der intelligente Gentleman und Verkleidungskünstler bis 1935 unterwegs und stiehlt den Reichen, was das Zeug hält.

Jetzt hat der Autor Bernd Späth Arsène Lupin wieder auferstehen lassen. Er ist alt geworden und hat seine Wehwehchen, aber sein Geist ist ungebrochen. Gemeinsam mit seiner Frau Josette, einer reichen Adligen, will er seiner durch die faschistische Besatzung geschändeten Heimatstadt Paris beistehen.


Bernd Späth im Waitzinger Keller Miesbach. Foto: Petra Kurbjuhn

Dazu plant das Ehepaar eine Reihe von klug ausgedachten und mit Finesse ausgeführten Unternehmungen. Die Verkleidungskunst beider kommt ihnen dabei zu Hilfe, die Besatzer an der Nase herumzuführen. Wichtige Beute ist dabei die Enigma, ein Chiffriergerät, womit Arsène Lupin immer auf dem neuesten Stand der Planungen der deutschen Besatzer ist. Spektakulärster Diebstahl ist die Entführung des Mörsers Karl mit 124 Tonnen Eigengewicht. Spannend zu lesen, wie der Meisterdieb und seine Frau das zuwegebringen.

Sie müssen aber erkennen, dass diese Aktionen nur den Terror in Paris und die brutale Grausamkeit der faschistischen Machthaber verstärken. Als Vergeltung für ihre Aktionen müssen zahlreiche Zivilisten sterben. Bernd Späth beschreibt ungeschönt mit welcher Unmenschlichkeit die deutschen Besatzer in Paris gegen Franzosen vorgehen. Der Verlust aller Werte wird deutlich, wenn SS und Wehrmacht genüsslich foltern und morden.

Wie Krieg und Gewalt Menschen verändern

Und doch bleibt der Autor nicht einseitig und dokumentiert in seinem Buch, dass Krieg und Gewalt alle Menschen verändern und sie zu Taten treiben, die unter anderen Umständen undenkbar wären. Auch Arsène und Josette töten, wenn es ihnen ans eigene Leben geht. Und auch die Résistance, die im Untergrund gegen die Besatzer kämpft, geht nicht zimperlich mit ihren Gegnern um. Das bekommen Josette und Arsène am eigenen Leibe aufgrund einer Verwechslung zu spüren.

Bernd Späth hat in seinem spannenden Roman Historie und Fiktion geschickt verknüpft, wobei er akribisch genau die geschichtlichen Ereignisse recherchierte. Er lässt echte historisch belegte Figuren unter anderem Namen agieren, um ihnen mit schriftstellerischer Freiheit begegnen zu können. Wichtigste Personen dabei sind der damalige Stadtkommandant Dietrich von Choltitz von Paris, der im Buch Paul Andernach heißt, und der schwedische Generalkonsul Roul Nording, der im Roman den Namen Lindberg erhält. Letzterer vermittelte zwischen dem deutschen Befehlshaber in Paris und der Résistance, im Buch hat dabei Arsène Lupin die Hände im Spiel.

Trümmerkind
Bernd Späth. Foto: Chiara Weiß

Auch die zweifelhafte Stellung der katholischen Kirche in Paris, was Antisemitismus und Judenverfolgung anbelangt, beleuchtet der Autor und macht als fiktive Figur eines Nuntius seinem Ruf als Verkleidungskünstler alle Ehre, muss indes auch dafür leiden.

Als spannenden Nebenschauplatz führt er den Philosophen Jean-Paul Sartre und dessen Gefährtin Simone de Beauvoir ein und zeigt wie dessen Drama „Die Fliegen“ aufgrund der Dummheit der Zensoren aufgeführt werden konnte.

Vielgestaltiges Werk

So ist das Buch ein vielgestaltiges Werk. Ein Kriminalroman eigentlich nicht, denn die Mörder sind bekannt. Es ist ein spannender und gut geschriebener, detailreicher Abenteuerroman mit gesellschaftlich-historischem Bezug. Ein Buch, das zeigt, wozu militärischer Gehorsam in einer Diktatur führt, wie Menschen zu Unmenschen werden, aber auch wie Menschen zweifeln. Die einen halten es nicht aus, die anderen, so wie Paul Andernach, reagieren mutig gegen den Befehlen Hitlers in allerletzter Minute.

Bernd Späth gelingt es eindringlich, menschliche Haltungen, Zweifel, Verzweiflung und vor allem das Gesicht brauner Gesinnung darzustellen. Es ist eine deutliche Warnung gegen den Rechtsruck in unserer Gesellschaft.

Bernd Späth: „Arsène Lupin – Terror in Paris“, Belle Epoque Verlag 2024.

Zum Weiterlesen: Nicht wegschauen!

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