Aus der Zeit gefallen

Uta Reinhardt, Nicole Gnesa und ein „Baumhüter“ (v.r.). Foto: Petra Kurbjuhn

Ausstellung in Rottach-Egern

Der Besucher wird von einem „Waldgeist“ in Rottönen empfangen, dann schweift der Blick in das ganz in Blau gehaltene großformatige Bild „Am See“. Baumsilhouetten sind angedeutet, die Mondsichel setzt sprasam Lichter in das Wasser. Und dann kommt er, der erste „Baumhüter“. Eingerahmt von zwei Rehböcken, ganz symmetrisch in Orange und Weiß kann es der Kopf eines Wolfes sein, oder auch nicht.

Geht man um die Ecke, trift man auf einen lebensgroßen Baumhüter, das scheint ein Mensch zu sein, auch wenn man das Gesicht nur erahnt, er schreitet kräftig aus, scheint einen Auftrag zu haben in diesem Wald. Immer wieder, zwischen Rehen, Waldgeistern, einem Raubvogel oder einfach nur einer schlichten Winterlandschaft taucht er auf, diese Person, die der Ausstellung den Namen gegeben hat.

Ein Zwischenwesen

Er ist nicht festzumachen, aber er scheint aus der Zeit gefallen zu sein, eine Figur, die anders ist als wir Menschen, eine Figur, die zwischen Mensch und Tier steht. „Es ist ein Zwischenwesen, das mehr sieht als wir“, sagt Uta Reinhardt. Sie habe dieses Wesen erfunden, damit es den Menschen kontrolliere, den Menschen, der vieles tue, was der Natur nicht gut tut.

Und so taucht der Baumhüter in den verschiedensten Maskierungen auf, als Bote, als Mahner, als einer vielleicht soagr, der aufpasst. Zum Beispiel, dass die zwei Rehe am Straßenrand, der Alptraum jedes Autofahrers, nicht ins „Scheinwerferlicht“ laufen, sondern lieber „Im Nebel“ grasen. Der aufpasst, dass der Waldarbeiter nur die wirklich notwendigen Bäume fällt und der sich mit den Waldgeistern verbrüdert oder auch einer von ihnen ist.

Mahnt zur Besinnung

Die Bilder Uta Reinhardts überraschen durch ihre oft verblüffende Farbgebung, durch die nur angedeuteten Formen und die starke Ausdruckskraft ihrer Kompositionen, die still einerseits, aber von suggestiver Wirkung andererseits sind. Die Künstlerin bedient in keiner Weise den Zeitgeschmack, manches mutet romantisch, sogar rückwärtsgewandt an, aber damit hält sie die Zeit an, und ermahnt zur Besinnung.

Nicole Gnesa, Ute Reinhardts Münchner Galeristin, betonte in ihrer Laudatio, dass die meisten der gezeigten Werke in der Region entstanden seiene, denn Uta Reinhardt, geboren in Bielefeld, studierte in Braunschweg Malerei, lebt seit zwei Jahren in Reichersbeuern. Sie sieht den Baumhüter als Kümmerer, der mit der Natur interagiert. Seine Konturlosigkeit zeige nur, dass er sich verstecke, aber er mahne uns, uns doch wieder als Teil der Natur zu sehen.

Spiegel unserer Zeit

Hausherrin Susanne Gräfin Moltke sah in den Bildern Uta Reinhardts mit dem so engen Bezug zur Natur einen Spiegel unserer aktuellen Zeit, einer Zeit, in der die Menschen genau diesen Bezug verloren haben. So kann die Ausstellung in diesen Ostertagen ermutigen, sich Zeit zu nehmen, sich nicht die Natur untertan zu machen, sondern sich als Leben inmitten von Leben zu spüren. Die Bilder Uta Reinhardts vom „Baumhüter“, dieses Wesens, das wir nur ahnen können, der aber hütet und behütet, können den Weg weisen.

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