„Lasst mich wieder Bauer sein“
Franz-Josef Kögel hat Zeit für seine Kühe. Foto: DENKmal-Film Verhaag
„Aus Liebe zum Überleben“ nennt Bertram Verhaag seinen aktuellen Film, dem bereits der Zukunftsfilmpreis von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde verliehen wurde. Der Regisseur porträtiert in seiner Dokumentation acht Bauern, die sich der ökologischen Landwirtschaft verschrieben haben.
Kenner der Filme von Bertram Verhaag sind diese Bauern keine Unbekannten. Jedem von ihnen hat er bereits einen Film gewidmet. Jetzt aber lässt er seine Protagonisten gemeinsam zu Wort kommen. Sie alle haben sich von der konventionellen Landwirtschaft abgewandt. Sie alle gehen neue Wege und sie alle sind, auch wenn sie mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, glücklich mit ihrer Art des Wirtschaftens. Denn sie haben Verantwortung übernommen.
„Ich war ein Zerstörer“
Da sind Lydia und Franz-Josef Kögel, Biobauern aus dem Allgäu. „Ich war ein Zerstörer, lasst mich wieder Bauer sein“, sagt der Landwirt, der sich entschlossen hat, seinen Kühen ihre Hörner zu lassen. Er wolle ihnen nicht die Persönlichkeit nehmen, begründet er. Als er noch auf Hochleistung fuhr, gab es gesundheitliche Probleme in der Herde, jetzt mit weniger Kühen, sind sie gesund und auch dem Bauern geht es besser, er hat Zeit für seine Tiere.
Auch Susanne und Walter Schwärzeler aus dem Allgäu lassen ihren Tieren die Hörner. Die Milchqualität sei so deutlich höher, erklärt Susanne Schwärzeler, denn eine Enthornung sei eine Amputation. Die Hörner hätten eine wichtige Funktion bei der Verdauung, bei der Methan in die Hornzapfen fließe. Aber auch ein gesunder Boden mit Mineralien, sowie die positive Gesinnung der Landwirte trügen zur guten Milchqualität bei.
Mit Leidenschaft buttern und käsen
Einen Bioladen betreiben die Senner Maria und Martin Bienert in der Schweiz. Sie verarbeiten die Milch vor Ort, buttern und käsen. „Heute wird der Milch Gewalt angetan“, sagen sie, sie werde über lange Strecken transportiert, auf vier Grad heruntergekühlt, dabei leide die Milch. Der Film zeigt, mit wie viel Liebe Martin Bienert seinen Käse schmiert und seine Frau mit Leidenschaft buttert.
Tiere sind Partner
„Kühe sollen eine schöne Wohnung haben“, meinen Irene und Sepp Braun und waschen die Kalkwände. Sie wollen die Tiere nicht als Vieh, sondern als Partner behandeln. Ihnen ist aber auch der Boden wichtig. Große Maschinen verdichten ihn, Regenwürmer indes produzieren den besten Humus. Sepp Braun pflügt nicht tief, damit er den ganzen Bodenraum nutzen kann. Und er mischt Tief- und Flachwurzler. Nicht die Natur bekämpfen, sondern natürliche Fruchtbarkeit wiederherstellen, das ist sein Motto.
Michael Simmel betreibt biologischen Gemüseanbau. Foto: DENKmal-Film Verhaag
„Leben kann nur von Leben kommen“ ist die Überzeugung von Agnes und Michael Simmel aus dem Bayerischen Wald. Mit einem leichten Uralttraktor wird der Boden pfleglich bearbeitet und Mist sorgt dafür, dass Regenwürmer und anderes Kleingetier den Boden bereiten. Das Ergebnis: sein Gemüseanbau ohne Spritzen liefert edle Produkte, die hohe Anerkennung beim Verbraucher haben.
Franz Aunkofer hat Ehrfurcht vor dem Boden. Foto: DENKmal-Film Verhaag
Ehrfurcht vor dem Boden haben auch Agnes und Franz Aunkofer. Sie schalten nicht alle Unkräuter aus, denn „vielleicht haben sie eine Bedeutung“, sagen sie. Durch ihre Fruchtfolge fördern sie die Selbstregulierung des Bodens. Nach ihrer Umstellung auf Biolandwirtschaft beobachten sie, dass Hasen und Fasane zurückkehren.
Bier schmeichelt dem Magen
Nur drei Brauereien in Deutschland verarbeiten Biogetreide. Eine davon gehört Martha und Michael Krüger. Emmer, so sagt der Brauer, sei die schönste Getreideart, habe einen hohen Eiweißgehalt und das daraus gebraute Bier schmeichle dem Magen. Er garantiert den Bauern die Abnahme, sie garantieren die Lieferung.
Karl Ludwig Schweisfurth. Foto: DENKmal-Film Verhaag
Die Welt ein bisschen schöner weitergeben und nicht ausplündern, das ist die Botschaft von Karl Ludwig Schweisfurth, der vom Wurstfabrikanten zum Biobauern wurde. In Hermannsdorf leben Schweine und Hühner friedlich miteinander, die Schweine graben die Erde um, die beste Methode, um den Boden und die Pflanzengesundheit zu fördern. Schweine werden hier auch geschlachtet, aber in „Ehrfurcht vor dem Leben“, wie der Film von Bertram Verhaag heißt. Besucher können zuschauen, können das warme Herz in die Hand nehmen und am Ende die zubereitete Wurst kosten.
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So ist der Film „Aus Liebe zum Überleben“ ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, über herkömmliche konventionelle Methoden in der Landwirtschaft, die ausschließlich auf hohe Erträge hinzielen, nachzudenken. „Mach die Erde untertan“, das sei ein großes Missverständnis, sagt Karl Ludwig Schweisfurth, der Mensch habe Verantwortung. Dieser Verantwortung sind sich die acht Biobauern bewusst.
Der Film lief erfolgreich im Rahmen der 14. Ökofilmtour durch die neuen Bundesländer und kommt jetzt in die Kinos.