Glyphosat

Heiliges Land – Tropfender Genozid

Pablo Ernesto Piovano: Die Hand von Pestizidsprüher Ernesto Cerán. Repro: Petra Kurbjuhn

Ausstellung und Podiumsdiskussion zu Glyphosat

So schreibt der argentinische Fotograf Pablo Ernesto Piovano in seiner bedrückenden Ausstellung über die Landwirtschaft der Gifte und ihr Preis für den Menschen. Nur gut, dass gegenüber als Hommage an das Oberland die Bilder von Werner Härtl zu sehen sind, aus Kuhmist gemalt.

Sonst müsste man verzweifeln. Denn was Tanja Engelhard als Kuratorin in das Seeforum Rottach-Egern geholt hat, das erschüttert. Die Psychologin hatte mit der Zivilcourage Miesbach in Kooperation mit dem Bund Naturschutz Kreisgruppe Miesbach die Doppelausstellung organisiert. Piovano dokumentiert in seinen Fotografien, was in Argentinien, unbemerkt von der Weltöffentlichkeit, passiert ist. Exzessiver Einsatz von chemischen Unkrautvernichtungsmitteln wie Glyphosat garantiert die Steigerung der Produktion von gentechnisch verändertem Mais.

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Pablo Erneste Piovano: Jessica Sheffer, 14 Jahre, leidet an Genmutation. Repro: Petra Kurbjuhn

Dabei stieg die Erkrankungsrate der Menschen in den betroffenen Gebieten massiv. Drei Jahre lang fotografierte der Fotojournalist die Menschen, nachdem ihn ein Interview mit dem sterbenskranken Fabián Tomasi für das Leiden der Menschen sensibilisiert hatte. Dieser war für das Nachfüllen der Flugzeuge mit Pestiziden verantwortlich.

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Die Akteure der Ausstellung „Erntedank-Erntekrank“: Christof Langer, Werner Schmid,Waltraud Holzfurtner, Landrat Wolfgang Rzehak, Rüdiger Obermaier, Werner Härtl, Andreas Hinterseer, Tanja Engelhard, Manfred Burger, Annelies Blümel (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn

Ein anderer Mann war an Lippenkrebs gestorben, wieder ein anderer hatte verbrannte Nagelwurzeln. Auch die Kinder sind stark betroffen, die Krebserkrankungen stiegen auf das Drei- bis Vierfache, Missbildungen bei Neugeborenen, Hautkrankheiten, geistige Behinderungen nahmen dramatisch zu. Die Bilder sind erschütternd. „Die Bilder muss man sehen, aber eigentlich mag man sie nicht sehen“, sagte Schirmherr und Landrat Wolfgang Rzehak bei der gestrigen Eröffnung.

„Erntedank-Erntekrank“

Das Thema berühre die ganze Gesellschaft, meinte Rüdiger Obermaier von der Zivilcourage, denn jeder Mensch brauche eine gute und gesunde Ernte. So hatte man die Ausstellung „Erntedank – Erntekrank“ genannt. Die ganze Gesellschaft müsse ihr Einkaufsverhalten überdenken. Denn der Einfluss der Konzerne auf die Politik sei so groß geworden, dass man sich von dort wenig Hilfe versprechen könne. „Wir brauchen wieder eine kleinstrukturierte Landwirtschaft“ forderte er.

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Manfred Burger (Bund Naturschutz Miesbach), Rüdiger Obermaier (Zivilcourage Miesbach), Landrat Wolfgang Rzehak. Foto: Petra Kurbjuhn

Den Stand der Wissenschaft hatte am Abend zuvor die Leipziger Veterinärmedizinerin Monika Krüger in der Podiumsdiskussion „Glyphosat – Risiken für Mensch und Natur – welche Alternativen gibt es?“, ausgerichtet vom Landesbund für Vogelschutz und der Zivilcourage Miesbach, vorgestellt. Danach ist es zweifelsfrei erwiesen, dass Glyphosat negative gesundheitliche Auswirkungen auf Mensch und Tier hat. Die Wissenschaftlerin hatte eindringlich davor gewarnt, Fertiggerichte, wie Tiefkühlpizza zu verzehren. In all den Billigprodukten sind Herbizide wie Glyphosat nachweisbar.

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Kuhdungbilder von Werner Härtl. Foto: Petra Kurbjuhn

Den positiven Gegenpart zu den erschreckenden Fotos aus Argentinien liefert der Reichersbeuerner Maler Werner Härtl. Eigentlich Illustrator von Beruf, hatte er bei der Stallarbeit festgestellt, dass Kuhmist fest am Boden haftet. Er habe sich ein Fassl mitgenommen und begonnen damit zu malen. „Unsere Landschaft ist so attraktiv und braucht die kleinbäuerliche Landwirtschaft für ihren Erhalt“, sagt der Künstler. So sind seine Bilder, die wie Sepia–Kompositionen aus vergangener Zeit wirken, eine Hommage an die Region. Porträts von Menschen und Tieren, Häuser, Landschaften, alles zeugt von einer heilen Welt.

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Akkordeonist Andreas Hinterseer. Foto: Petra Kurbjuhn

Positiv auch die Klänge von Akkordeonist Andreas Hinterseer, der zur gestrigen Vernissage die Menschen mitnahm, entführte in die Welt der Musik. So gefühlvoll und grandios interpretiert, dass selbst Krabbelkinder fasziniert zuhörten.

Glyphosat in Futter- und Lebensmitteln

Ganz so heil ist die Welt halt doch nicht, denn per Beschluss des Kreistages darf zwar im Landkreis Miesbach kein Glyphosat gespritzt werden, durch die Hintertür, sprich Futter- und Lebensmittel kommt es doch herein. Hier sei die Bundespolitik gefordert, meinte der Landrat, der es nicht nachvollziehen konnte, dass Landwirtschaftsminister Schmid der Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat in der EU zugestimmt hatte.

„Unheilige Symbiose von Politik, Industrie und Funktionären“

Am Abend vorher hatte der Präsident des europäischen Berufsimkerverbandes Walter Haefeker mitgeteilt, dass Schmid jetzt einen Aufsichtsratsposten bei der Deutschen Bahn erhalten habe, die bekanntermaßen reichlich Pestizide sprüht. Und so sprach der Landrat von einer unheiligen Symbiose der Politik, der Industrie und der Funktionäre der Landwirtschaft.

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Pastoralreferent Christof Langer zitiert Papst Franziskus‘ Laudato Si‘. Foto: Petra Kurbjuhn

Was ein Landsmann des Fotografen zu sagen hat, steuerte Pastoralreferent Christof Langer vom Katholischen Bildungswerk Miesbach bei. Papst Franziskus hatte in seiner berühmten „Laudato Si’“ alle Menschen guten Willens aufgefordert, das gemeinsame Haus zu bewahren. In klaren Worten hatte der Papst davor gewarnt, die Bedrohung zu verharmlosen und dazu aufgerufen, in lokalen gemeinwohlorientierten Initiativen zukunftsfähige Modelle für ein enkeltaugliches Leben zu entwerfen.

Alternativen zum Einsatz von Glyphosat

Bei der Podiumsdiskussion am Vorabend, an der auch Johann Leis, Landesvorsitzender Bundesverband Deutscher Milchviehhalter und Wolfram Vaitl, Präsident des Bayerischen Landesverbandes für Gartenbau und Landespflege teilnahmen, wurden durchaus Alternativen zum Einsatz von Glyphosat diskutiert. Neben mechanischer Bodenbearbeitung sind das Futtermittel ohne Soja aus Südamerika, keine chemischen Pflanzenschutzmittel im Garten und saisonaler und regionaler Einkauf von Produkten aus biologischem Anbau. Zudem wurde eine Petition an die Bundesregierung verlesen, die dazu auffordert, keine glyphosathaltigen Produkte mehr zuzulassen.

Digitale Landwirtschaft

In fünf Jahre allerdings, so klärte Walter Haefeker auf, werde man kaum noch Pestizide einsetzen. Dann nämlich greife die digitale Landwirtschaft, heißt, dass nur noch Einzelpflanzen gespritzt werden müssen. Die Frage aber sei, „wem gehören die Daten?“ Wenn man jetzt nicht aufpasse, dann würden die Bauern in die Abhängigkeit der Konzerne geraten. Stattdessen müsse man darauf hinwirken, dass die Daten in einer Open Source in der öffentlichen Hand bleiben. Vom Regen in die Traufe also?

Wer sich die Ausstellung im Seeforum Rottach-Egern anschauen will, hat vom 4. bis 6. Oktober von 16 bis 19 Uhr Gelegenheit. Beim heutigen Konzert im Seeforum ist sie auch vor dem Konzert und in der Pause geöffnet. Auf Anfrage werden auch Führungen außerhalb der Öffnungszeiten angeboten: info@zivilcourage-miesbach.de

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