Lyrisch, surreal und voller Rätsel
Helga Lucia Kordecki vor „Erwartung“. Foto: MZ
Ausstellung in Gmund
Die Reihe der gmundart-Künstler in der Raiffeisenbank Gmund setzt jetzt die Malerin Helga Lucia Kordecki fort. Sie zeigt in ihrer perfekten Malweise naturalistische Bilder mit oft rätselhaften Inhalten, die den Betrachtenden auffordern, sich auf Spurensuche zu begeben.
Seit Jahren ist die Gmunder Malerin Helga Lucia Kordecki bei der gmundart ebenso wie bei der Tegernseer Kunstausstellung zu Gast, hatte aber auch eine Reihe überregionaler Ausstellungen in Hamburg, Berlin, München und Genua. Jetzt zeigt eine Ausstellung in Gmund in der Raiffeisenbank einen Überblick ihres Schaffens.
„Überraschung“. Foto: MZ
Was wird wohl in den drei anderen Kästchen sein? Auch eine Rose? Aber was tut eine Rose im Diakästchen? Helga Lucia Kordecki beantwortet diese Frage nicht, sondern erzählt, dass ihr das zerknüllte Papier gefallen habe und dazu habe sie diese Szene komponiert.
Gern nutze sie Gegenstände, um etwas ganz anderes auszudrücken, eine Idee wiederzugeben. Diese Ideen finde sie oft in Zeitungsbildern und daraus entwickeln sich dann ihre zumeist surreal angehauchten Geschichten.
„Notruf II“. Foto: Petra Kurbjuhn
So wie die rote Telefonzelle, die sie in die Wüste stellte und eine zweite in den Hintergrund platzierte. Für sie ist dieses Nichts mit den zwei roten Formen ein Hoffnungsschimmer.
Auch die vier Tische fand sie irgendwo abgebildet und entwickelte daraus die eigene Erzählung, wie sie in der Mondnacht in der lyrischen Landschaft stehen, herrenlos, keine Gäste, wo sind sie?
„Mondschein-Party“. Foto: Ines Wagner
Helga Lucia Kordecki macht bei diesem Bild auf die Komposition aufmerksam: „Die Kerzen stellen eine Verbindung von Vorder- und Hintergrund her.“ Damit das Bild nicht durch die horizontalen Linien zerschnitten werde, habe sie durch die Kerzen eine Verzahnung erzeugt. „Das lernt man an der Akademie“, meint sie.
Die Gmunderin studierte an der Hochschule für Bildende Künste Berlin und schloss als Diplom Grafikdesignerin ab. Neben ihrer Arbeit als Grafikerin widmete sie sich immer auch der freien Malerei, in der aber ihre Liebe zur präzisen Arbeit erkennbar ist.
„Gedankenfreiheit“ und „Siesta“. Foto: MZ
Ihre Bilder sind von Detailreichtum und formaler Sicherheit geprägt. Dazu aber kommt immer wieder ihr Anspruch, durch irritierende Momente in den Bildern bei den Betrachtenden Fragen aufzuwerfen.
Sehr gern arbeitet die Künstlerin mit Stühlen oder Sesseln, die Einsamkeit ausdrücken, denn da sitzt keiner.
„Willkommen“. Foto: Petra Kurbjuhn
Oder sie malt ein Haus mit einer geöffneten Tür, die zum Eintreten auffordert. Aber irgendwie wirkt das Bild beklemmend, denn die beiden Büsche erdrücken das Haus.
Viele ihrer Bilder kommen ohne den Menschen aus, sind auch so schon rätselhaft genug.
„Blickkontakt, riskanter“. Foto: Ines Wagner
Wenn aber der Mensch Einzug hält, dann ist auch er ein Element, das Fragen aufwirft. So in dem Bild „Erwartung“. Die Frau steht am Fenster und wartet, offensichtlich erfolglos und wird dabei von den Ranken festgebunden.
Helga Lucia Kordeckis Ausstellung in Gmund
„Man muss losgehen, sonst bleibt man stecken“, erklärt die Künstlerin. Sie verrät, dass viele ihrer Arbeiten als Psychogramm des eigenen Lebenslaufes gesehen werden können.
Ein ähnliches Bild ist „Blickkontakt, riskanter“, in der die tatenlose Frau von den Ranken der Tapete überwuchert wird.
„Die Schein-Heiligen“. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch kopflose Schaufensterpuppen haben es ihr angetan, die sie in perfekt angezogene Anzüge steckt, wie für ein Werbeprospekt vom Hirmer. In der Mitte allerdings posiert eine Frau, auch kopflos, die aber ihre Schuhe ausgezogen hat. Wie das? Und warum dreht sich der Mann hinten links weg?
Fragen hat auch ihr Bild „Regression“ aufgeworfen. Wieso ist die weibliche Figur im Vergleich zum Sofa viel zu klein? Ganz klar, es ist ja ein Freudsches Sofa. Und der Psychoanalytiker ging gern bei psychischen Problemen in die Kindheit zurück.
„Regression“. Foto: Petra Kurbjuhn
Eine Ausnahme im Schaffen der Künstlerin ist das Bild im Erdgeschoss hinten rechts „Lila, lila Hut“. Es ist ein Porträt einer Freundin, detailliert und liebevoll gemalt, und wenig rätselhaft aber sehr poetisch, wie sie da in dem Beerengestrüpp sitzt, aus dem die lila Beeren herauspurzeln.
„Lila, lila Hut“. Foto: MZ
Zum Weiterlesen: Gemalte Fotografien von Candida Schlichting