Barock

Die Welt der Barockmusik

Reinhild Waldeck, Annalisa Pappano, Emily Saville, Tobias Tietze. Foto: MV

Konzert in Tegernsee

Für die Konzertreihe „Podium für junge Solisten“ spielte das vierköpfige „Catacoustic Consort“ auf seinen historischen Instrumenten im überaus passenden Rahmen des Barocksaal im Tegernseer Schloss-Gebäude.

Die Klänge von Viola da gamba oder Lirone, Barock-Harfe, Barock-Posaune und Theorbe, die generell sanfter als die ihrer modernen Verwandten sind, versetzten das Publikum in die Zeit des frühen Barock, eine Zeit, deren Komponisten die Wurzeln der heute bekannteren „großen“ Komponisten wie Bach, Vivaldi und Händel sind.

Als Quartett, Trio, Duo und Solo spannten Annalisa Pappano, eine der führenden amerikanischen Gambistinnen, Emily Saville, Meisterin der historischen Posaune, Reinhild Waldeck, Spezialistin der historischen Harfen, und Tobias Tietze, Virtuose der Theorbe, mit ihrer Auswahl einen innigen Bogen durch die Musik des 16. und 17. Jahrhunderts.

13 damals europaweit bekannte Meister der Musik

Den Anfang macht Alessandro Grandis „Exaudi me Domine“ von 1625 als vierstimmiger gläubiger Ruf, in stimmlicher Führung der Barock-Posaune.

In “L‘arpeggiata“ für Theorbe von dem ersten berühmten Virtuosen Giovanni Girolamo Kapsberger für dieses unter den Zupfinstrumenten im 17. und 18. Jahrhundert führende General-Bass Instrument komponiert, zeigte Tobias Tietze seine solistischen Fähigkeiten, den Akkord-Brechungen des virtuosen Stücks behände und sensibel folgend, zum Schluss hin von Annalisa Pappano am Lirone begleitet.

Frühe Barockmusik

Aus dem Venedig des frühen 17. Jahrhunderts tönte sanft schwingend „O quam soavis“ von Antonio Brunelli, gefolgt von Tomaso Vitalis lebendig bewegten drei Sätzen im Trio ohne Posaune, Passa Galli, Ruggiero und Chiacona. Der stolze mittlere Satz, „Ruggiero“, ein auf dem des Vers „Ruggier, qual sempre fui, tal esser voglio“ (Rüdiger, der ich immer war, so will ich sein) des damals allbekannten Epos “Orlando furioso“ von Ariosto basiert, entwickelte sich durch die immer mehr um sich greifende gesungenen Aufführungen zu einem 8-taktigen Bass-Ostinato Hit, den zahlreiche Komponisten nutzten.

Allererstes komponiertes Thema

Von Palestrina und Rognoni, letzterer ein Mailänder Organist und Komponist des frühen Barock, beruhigten die von der Posaune angeführten Klänge von „Pulchra es“.

Die Arie „La Frescobalda“ des gleichnamigen Komponisten erklang für Harfe Solo. Reinhild Waldeck widmete sich diesem allerersten eigens komponiertem Thema mit Variationen der Musikgeschichte mit getragenem Ton, dem rhythmischen Frieden Frescobaldis auch durch die energische Gagliarda meisterhaft folgend.

Die Vorfahren der modernen Instrumente und die Tücken der antiken Notation

Zwischen den Stücken stellten die sympathischen Musiker ihre Instrumente vor. Voran Annalisa Pappano: die Viola da gamba wird am Bogen im sogenannten Untergriff gespielt, als Instrument der Kammermusik von Akademien, Aristokratie und wohlhabendem Bürgertum wandelte sie sich zu Cello und Kontrabass und geriet allmählich in Vergessenheit.

Der Lirone ist das tiefste Instrument der Lirafamilie, seine zahlreichen Saiten befinden sich auf dem Griffbrett sowie daneben als sogenannte Bordune (mitschwingend).

Die engere Mensur der Barockposaune, so Emily Saville (kleiner Schallbecher, dünnere Röhren) und das flache, enge Mundstück mit scharfkantigen Übergang vom Kessel in die Seele, macht ihren Klang herber und klarer, generell leiser als den der modernen Posaune.

Barockmusik
„Catacoustic Consort“. Foto: MV

Die Barock-Harfe hat drei parallel verlaufende Saitenstränge, wobei die äußeren den weißen Tasten des Klaviers, die innere Reihe den schwarzen Klaviertasten entsprechen, wie Reinhild Waldeck erläuterte.

Die Theorbe sticht in den Armen von Tobias Tietze durch ihre Größe und dem langen Griffbrett von zirka 80 und 100 Zentimeter hervor. Damit die Darmsaiten nicht reißen wird der erste und zweite „Chor“ eine Oktave tiefer eingestimmt, so dass der dritte Chor der am höchsten klingende ist.

Verantwortung und Freiheit der Instrumentalisten

Die aus vorhandenem, überliefertem Notenmaterial oftmals sehr spärlichen Hinweise zur Aufführungspraxis übertragen ständig die Verantwortung dafür, aber auch die Freiheit darin, dem Geschick und der Intuition des Instrumentalisten selbst, insbesondere für die begleitenden Instrumente.

Die sanfte Aura der historischen Instrumente erntet großen Erfolg

Im Trio von Posaune, Lirone und Harfe präsentierten die Musiker Giovanni Riccios bewegte Canzon ad una, und schufen mit Frescobaldi, „Se l‘aura spira“ eine Oase der Ruhe.

Der schnelleren Toccata Seconda des neapolitanischen Musikers Giovanni Trabaci folgte Giovanni Cimas als Trio-Stück gespieltes „Adiuro vos“.

Barockmusik
Beim Schlussapplaus. Foto: MV

Ein weiteres Solo Werk für Theorbe ließ Tobias Tietze mit Kapsbergers facettenreicher Toccata settima erklingen. Durch alle Tonarten ging es gemeinsam in Strozzis Sonata und bei der weltlichen Kantate „Accenti queruli“ des seinerzeit sehr bekannten Giovanni Sances, erntete das Ensemble gewaltigen Schlussapplaus.

Das nächste Konzert in der Reihe „Podium für junge Solisten“ findet am 26. Juni um 19 Uhr im Barocksaal Tegernsee statt. Das Isidore Streichquartett, Sieger des Wettbewerbs in Banff, ist zu Gast.

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