Neue Wohnformen im ländlichen Raum
Die Baukulturregion Alpenvorland vernetzt die Kommunen. Foto: ARGE Baukultur konkret
Das übergreifende Vorzeigeprojekt Baukulturregion Alpenvorland
In der Baukulturregion Alpenvorland haben sich die drei bayerischen Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach und Rosenheim zusammengeschlossen, um die Baukultur auf regionaler und lokaler Ebene voranzubringen. Bei einem Vortrag aus Gmund ging es um neue Wohnformen im ländlichen Raum, eine Anregung auch für die Bürgerinitiative in Holzkirchen.
Die Baukulturregion Alpenvorland umfasst in drei Landkreisen die acht Gemeinden Bad Aibling, Bad Feilnbach, Dietramszell, Gmund, Holzkirchen, Kiefersfelden, Neubeuern und Samerberg. Gemeinsam wird daran gearbeitet, eine Vorzeigeregion für gutes Bauen zu werden – eine der ersten im ganzen Bundesgebiet.
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Pandemiebedingt mussten die ursprünglichen Vorhaben und Aktionen in den digitalen Raum umgeleitet werden. Das Projekt hat nun Fahrt aufgenommen und das Interesse wächst sprunghaft: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den vielen Veranstaltungen werden immer mehr. Bei den vergangenen Online-Vorträgen waren zwischen 70 und 100 Personen anwesend, haben zugehört, diskutiert und sich eingebracht.
Lust auf gutes Bauen
Baukultur ist ein breit angelegtes Feld des „guten Lebens“ in all seinen Facetten. Besprochen wurde in den letzten Vorträgen eine große Bandbreite an Themen: Wie man Leerstand in der Landwirtschaft begegnet und darin zeitgemäß wohnen kann und wie man als Gemeinde Leerstand aktivieren kann. Beispiele für gutes Bauen in der Region wurden angeschaut und es gab einen virtuellen Stadtrundgang durch Memmingen. Das Ganze geschah nicht hinter verschlossenen Türen, sondern die Online-Vorträge wurden öffentlich gemacht und sind abrufbar.
Gutes Bauen ist Vielfalt
In den acht Projektgemeinden wird aber auch hinter den Kulissen intensiv gearbeitet. Da geht es um Themen, die sehr viele Menschen betreffen. Etwa um gutes und bezahlbares Wohnen (Gmund, Bad Aibling), um starke, lebendige und grüne Ortszentren (Neubeuern, Kiefersfelden), darüber, wie man übers Bauen redet (Bad Feilnbach), darüber, wie man die Leute einbindet (Dietramszell), um einen pulsierenden öffentlichen Raum (Holzkirchen) und um Tourismus, der gut für den Ort ist (Samerberg). Es ist wichtig, dass nicht nur einzelne über diese Themen entscheiden, sondern Baukultur zum Thema für alle wird, die mitmachen wollen.
Herausforderungen in Holzkirchen
Insbesondere der öffentliche Raum ist ein Thema für die Marktgemeinde Holzkirchen. Dazu heißt es aus dem Rathaus: „Der Markt Holzkirchen sieht in dem LEADER-Projekt Baukulturregion Alpenvorland eine große Chance, die baukulturelle Entwicklung auch überregional aktiv zu fördern und mitzugestalten. Er hat als größte Gemeinde des Landkreises Vorbildfunktion und sollte bei der Ausgestaltung einer Baukulturstrategie eine tragende Rolle übernehmen.
Holzkirchen sieht sich mit seiner Lage an Autobahn, Strecke der BRB und als Endbahnhof des MVVs den Herausforderungen des Wandels vom Dorf zu einer städtischen Struktur ausgesetzt.
Baukulturregion Oberland, in der Mitte Holzkirchens Bürgermeister Christoph Schmid. Foto: ARGE Baukultur konkret
Der Druck auf die Flächen ist enorm, beim Versuch der maximalen Gewinnausbeutung leidet allzu oft die städtebauliche Qualität. Hier muss das Bewusstsein bei Eigentümern, Investoren, Planern, Verwaltung, Politikern und Bürgern für das qualitätsvolle Bauen gestärkt werden.
Es gilt eine gemeinsame Identität zu entwickeln, die auch den kommenden Veränderungen standhält und den Zusammenhalt stärkt. Wichtiger Baustein davon ist der öffentliche Raum, der in seiner Funktion als Lebensraum und Ort der Interaktion erhalten, ausgebaut und aufgewertet werden muss. Im Rahmen des Projektes können wir uns mit anderen Gemeinden, Planern und Bürgern austauschen und Baukultur als anerkannten Wert unserer zukünftigen Entwicklung etablieren.“
Neue Wohnformen im ländlichen Raum
Holzkirchen aber mangelt es auch dramatisch an bezahlbarem Wohnraum. Die Bürgerinitiative „Gemeinsam anders wohnen“ kämpft seit Jahren für ein genossenschaftliches Wohnprojekt. Initiator Sebastian Oppermann weist deshalb auf einen Onlinevortrag in der digitalen Vortragsreihe der Baukulturregion Alpenvorland „Ungewohnt bewohnt – Neue Wohnformen für den ländlichen Raum“ hin. Johanna Treberspurg und Theo Peter vermitteln in der Baukulturregion Alpenvorland gelungene Baugruppenprojekte:
In diesem Beitrag werden die Vorteile des gemeinsamen Wohnens aus verschiedenen Perspektiven aufgezeigt.
„Ungewohnt bewohnt – Neue Wohnformen für den ländlichen Raum“. Foto: Kurt Hörbst
Baukultur, so teilt das Projekt Baukulturregion mit, ist dann erfolgreich, wenn es ein Zusammenspiel gibt: Erstens von Bürgerinnen und Bürgern, zweitens von der Kommunalpolitik, die einen Überblick über ihre ganze Kommune hat, und schließlich von Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen, die helfen, das umzusetzen, was die Gemeinden als Ergebnis eines breit angelegten Dialogs für zukunftsfähig halten.
Schön privilegiert
Beim vierten Vortrag ging es um Bauen für Landwirtschaft. Landwirtschaftliche Höfe haben sich seit jeher gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen angepasst, so auch heute. Wie schafft man es, die Veränderungen in Produktion und Vermarktung im Einklang mit Baukultur zu gestalten?
Durchs Reden kommen die Leute zusammen
Die Erkenntnisse nach den ersten Monaten ist, dass es gut ist, miteinander zu reden und den eigenen Horizont zu erweitern – zum Beispiel beim regelmäßigen Baukultur-Stammtisch in Dietramszell, oder beim monatlichen Bürgermeister-Frühstück der acht teilnehmenden Gemeinden. Dabei müsse man sich auch nicht immer einig sein – Vielfalt ist erlaubt.
Bis zum Projektabschluss Ende 2022 soll eine gemeinsame Baukulturstrategie erarbeitet werden, die in die Zukunft weist. Dazu ergeht Einladung zu den nächsten Veranstaltungen – etwa zur großen Baukulturwerkstatt am 05. Juli 2021 in Kolbermoor. Alle aktuellen Informationen und die Anmeldung zum Newsletter finden Sie unter www.baukulturregion.de.
Das Projekt wird von der ARGE Baukultur konkret durchgeführt, die sich aus dem österreichischen Verein LandLuft, dem Büro für urbane Projekt aus Leipzig und der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft aus Alfter bei Bonn zusammensetzt.