Benjamin Schmid: Der Teufelsgeiger aus Salzburg
Benjamin Schmid und Ariane Haering. Foto: Monika Ziegler
Konzert in Tegernsee
„Spirit of Paganini“ lautete die Ankündigung für das Abschlusskonzert der diesjährigen Tegernseer Woche im Barocksaal. Und wer sollte diesen Geist besser heraufbeschwören als Benjamin Schmid, einer der bedeutendsten Geiger der Gegenwart? Gemeinsam mit seiner Frau, der wunderbaren Pianistin Ariane Haering, gestaltete er vor einem euphorisierten Publikum einen Weltklasseabend der Violinkunst.
Barocke Kultur mit sanften Tönen
Mit schwungvollen Klängen und akzentuiertem, trillerndem Tastenschlag begleitete die Schweizerin Ariane Haering ihren Mann bei Franz Schuberts „Fantasie in C-Dur, D 934“ von 1828. Benjamin Schmid glitt mit schnellen Bogenstrichen stimmungsvoll dahin und führte die fast halbstündige Fantasie mit Sehnsuchtsmomenten spielerisch leicht in ein strahlendes Licht. Keine Sekunde mochte man da missen. Wie von Zauberhand entstand ein ganz großer Gleichklang der Gefühle. Helle Triolen, sanftes Zupfen, Streicheln und Wiegen der Violine vereinigte sich scheinbar schwerelos mit der gefühlvollen Klaviatur. Höchste technische Schwierigkeiten mit markant gesetzten Bogenstrichen zeigten bis zum triumphalen Schlussakkord im Geiste Paganinis kunstvoll die meisterhafte Qualität der Künstler.
Benjamin Schmid und Ariane Haering stimmen sich ab. Foto: Monika Ziegler
Ja – und wirklich steht Benjamin Schmid, Professor am Salzburger Mozarteum, mit seiner Stradivari, der „ex Viotti von 1718“ im Erbe von Niccolo Paganini. Nicht nur, dass er an diesem Abend zur 200-Jahr-Feier der Stadt Tegernsee ein überaus bemerkenswertes Konzert gibt. Nein, auch der legendäre Paganini konzertierte auf Einladung der ersten Schlossbesitzerin, Königin Karoline, bereits 1829 in Tegernsee.
Weiter ging es mit Fritz Kreislers (1875-1962) Bearbeitung von Niccolo Paganinis „Concerto in one movement“, einem österreichisch inspirierten Violinkonzert. Grandiose Fingerfertigkeit, rasende Geschwindigkeit in feinster Abstimmung. Hat er so geklungen, der Teufelsgeiger, der Dämon unter den Geigern? Dazu lässt sich Schmid durch eine fast dramatische Klavierbegleitung wieder hochschrauben in höchste Sphären. Sanfte Walzerklänge wechseln ab mit virtuoser Lautmalerei. Das Solo besticht durch eindrucksvolle Fingerakkrobatik. Großer Jubel nach dem Finale.
Ein Stelldichein mit Paganinis Zeitgenossen
Nach der Pause hörten wir drei der 24 „Caprices aus Op1“ von N. Paganini mit der Klaviermusik von Robert Schumann von 1855. Mit diesem Kernstück der Musikliteratur zog der begnadete Musiker alle Register seines Könnens und bewies mühelos seinen Ausnahmestatus. Die Caprice Nr.1 begann in E-Dur, wechselte dann zu E-Moll und beschrieb so dramatisch alle Facetten ernster Musik. Die Caprice Nr.9 „La Chasse“ (Die Jagd) erinnerte in ihrer Struktur an Flöten- und Hörnerklänge. Die Caprice Nr.21 klang sehnsuchtsvoll, ausdrucksstark und beschwor durch wechselnde Wiederholungen arienähnliche Melodien.
Benjamin Schmid und Ariane Haering beim Schlussapplaus. Foto: Monika Ziegler
In sanften Wellen dahingleitend, einem Strom gleich mäandernd präsentierte sich Robert Schumanns „Sonate a-moll op.105“ zunächst. Schnell fühlte man sich mitten drin in diesem Stück. Alles war in Bewegung. Der Rhythmus schwankte. Die Akzente wirkten verteilt innerhalb der Instrumente. Nicht umsonst überschrieb Schumann den 1. Satz “Mit leidenschaftlichem Ausdruck“. Der 2.Satz „Allegretto“ begann leicht, spielerisch, fast märchenhaft mit seinen Improvisationen. Doch hatte man den Eindruck, als würden Verzögerungen die Idylle ins Stocken bringen. Der 3.Satz „Lebhaft“ zeigte sich schnell, pointiert mit intensiver Klavierbegleitung und heftigen Akkorden.
Zum Abschluss stand Franz Liszts „Grand Duo Concertant“ auf dem Programm. Romantische Klavierklänge mit expressivem Anschlag gingen einher mit zarten, wundersamen Violinklängen. Eine einzigartige Einheit tat sich auf. Tänzerisch, trillernd, beglückend.
Ein frenetischer Applaus beendete diese außergewöhnliche Klassikerlebnis.