Der Berg in allen Facetten
Thomas Huber filmte für „Reiss di Zsamm! Geduldsprobe am Cerro Kishtwar“ seine Kameraden und sich selbst mitten in der Wand – hautnah. Foto: Thomas Huber
Filmfestival in Tegernsee
Das 16. Internationale Bergfilm Festival in Tegernsee ist in vollem Gange. In fünf Tegernseer Sälen stehen 15 Filme auf dem Programm und der Hauptprotagonist ist der Berg in allen Facetten. Zur Eröffnung gab es bereits eine spektakuläre Weltpremiere, volle Säle und ein beeindrucktes Publikum.
Schöner können die Berge ihre Besucher zum Bergfilm Festival in Tegernsee kaum begrüßen als in diesem Jahr. Der Traumherbst leuchtet schon am Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen. Die Sonne scheint im Schnitt neun Stunden und zeigt die Gipfel rund um den See von ihrer schönsten Seite. Und am Abend, wenn es dunkel wird, flimmern in den fünf Filmspielstätten in Tegernsee die Leinwände. Dann stehen die Berge weiter im Mittelpunkt – mit spektakulären, mutigen, faszinierenden und auch leisen Geschichten, die das Publikum fesseln und berühren.
Festivalleiter Michael Pause (r.) und Jury: Sebastian Marseiler, Carla Braun-Elwert, Susan Gluth, Christine Kopp, Dr. Michael Bilic (v.l.). Foto: IW
Zur Eröffnung bedankte sich Bürgermeister Johannes Hagn herzlich bei allen Sponsoren und Freiwilligen, die dieses Festival jedes Jahr wieder möglich machen. 75 Filme haben die Mitglieder der Jury ausgewählt – und es war wie immer keine leichte Aufgabe, bei all den großartigen Einreichungen. Bei der Jury bedankte sich deshalb Festivalleiter Michael Pause sehr, denn er weiß, was dieser Aufwand bedeutet – und dass er sich immer lohnt. Das Festival hat eine enorme Strahlkraft und lockt jedes Jahr unzählige Besucher an den Tegernsee.
Dreimal Herausforderung in der Gipfelsteilwand
Und wieder wird eine Vielfalt der unterschiedlichsten Filme gezeigt. Bei allen spielen die Berge die Hauptrolle, statt nur als schöne Kulisse zu dienen. Das wurde bei der diesjährigen Eröffnung umso deutlicher. Denn alle drei Eröffnungsfilme handelten vom Besteigen der höchsten Gipfel, von den Herausforderungen, mehrere Tage in der Steilwand zu klettern – zu leben und zu überleben.
Dass der Tod dem Bergsteiger in der Wand im Nacken sitzt, wollte Festivalleiter Michael Pause dann doch nicht mehr so dramatisch formulieren, wie es früher üblich war. Und so ging auch der erste Eröffnungsbeitrag humorvoll mit diesem Thema um: der Animationsfilm „Viacruxis“ des Spaniers Ignasi López. Dessen Protagonisten Marcel und Andrezj steigen gemeinsam auf den höchsten Gipfel der Welt. Sie kämpfen in der Steilwand mit allerlei Hindernissen und es menschelt dabei fröhlich. Der Film wurde von der Vorjury mit Höchstpreisen ausgezeichnet und hätte nicht besser zum Einstieg in die nächsten beiden Filme passen können.
Weltpremiere beim Tegernseer Bergfilm Festival
Dass das diesjährige Festival ja beinahe ein kleines Huberbuam-Festival sei, freut Michael Pause, denn insgesamt drei Filme stammen quasi aus dem Kletterrucksack der berühmten Bergsteiger-Brüder. Einer davon ist eine Weltpremiere: „Reiss di Zsamm! Geduldsprobe am Cerro Kishtwar“. Thomas Huber hatte ihn gerade erst fertiggestellt, nun stand er entspannt auf der Bühne und erklärte die Botschaft des Filmes. „Reiss di Zsamm“ führt die Zuschauer direkt in die Wand des Cerro Kishtwar, gedreht von Thomas Huber selbst während der Extrembesteigung im indischen Himalaya. Authentischer können die Bilder nicht sein.
Thomas Huber und Michael Pause. Foto: Bergfilm Festival Tegernsee
In der Bergwand mit allen Schwierigkeiten, Widerfahrnissen und Zweifeln müssen Entscheidungen getroffen werden. Da gelte: Sei mutig. „Wer nicht mutig ist, hat in der Wand nichts zu suchen“, sagt er, „also fürcht dich nicht, scheiß dir nix“. Auch zur Umkehr brauche es Mut und dazu, sich einzugestehen, dass man die Wand unterschätzt habe. Dann ist die Entscheidung umzukehren die richtige, auch wenn man die Enttäuschung über das Scheitern erst mal schlucken müsse. Ein zweiter Versuch gelang und die Zuschauer waren hautnah dabei.
40 Jahre Erstbesteigung des Everest ohne Sauerstoff
Drehten Sequenzen aus dem Jahr 1978 nach: Reinhold Messner, Simon Messner, Philipp Brugger und Peter Habeler (v.l.). Foto: ServusTV AlexanderBrus
Mitten in die Wand des höchsten Berges der Erde mit all ihren fast unbezwingbaren, oft tödlichen Herausforderungen führte der dritte Eröffnungsfilm. Reinhold Messners „Mount Everest – Der letzte Schritt“ ergänzt dokumentarische Original-Filmaufnahmen der Erstbesteigung des Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff mit nachgedrehten Szenen. Das war im Jahr 1978 – vor vierzig Jahren also. Es ist das große Bergsteiger-Jubiläum dieses Jahres. Auch in diesem Film geht es hautnah und eindrücklich um unabwägbare Gefahren, nagende Zweifel und schwerwiegende Entscheidungen. Die jetzt in den vielfach ausgezeichneten Dokumentarfilm Leo Dickinsons von Reinhold Messner eingefügten Sequenzen hätten damals unmöglich gedreht werden können. Messner gewann im letzten Jahr mit seinem Film „Still Alive – Drama am Mount Kenia“ den Großen Preis der Stadt Tegernsee.
Vielfältiges Rahmenprogramm
Jetzt warten beim Tegernseer Bergfilmfestival großartige Bergfilme der unterschiedlichsten Art auf die Besucher – Filme, die in die faszinierende Tierwelt in den Bergen entführen bis zu den unvorstellbaren Leistungen sportlicher Athleten in den herausforderndsten Bergen dieser Erde und dem einfachen, oft harten Leben der Menschen in abgelegenen Bergregionen. Übrigens, parallel läuft ein vielfältiges Begleitprogramm. Kritische Töne und spannende Diskussionen zum Klimawandel und deren Auswirkungen in den Bergregionen werden beispielsweise bei den hochkarätig besetzten Kamingesprächen im Stielerhaus erörtert.