Bernd M. Nestler: Die Energie des Kreuzes
Der Torso aus dem Gemüsebeet. Foto: Bernd Nestler
Kunst zum Karfreitag
Der Holzkirchner Künstler Bernd M. Nestler wurde bekannt durch seine Glaskunst. Jetzt überrascht er mit einer besonderen Fototechnik, bei der er die Kamera wie einen Pinsel benutzt und Kruzifixe so wiedergibt, dass deren Energie sichtbar wird.
Vor Jahren habe sein Sohn Oliver einmal einen Rosenkranz im Rinnstein gefunden, erzählt Bernd M. Nestler. Er habe ihn an die Tischlampe gehängt und dort habe sich das Kreuz bewegt. Durch die Reflexion des Lichtes sei es zu verblüffenden Farben gekommen. „Da ist die Energie von Menschen drin, die den Rosenkranz in der Hand hatten“, sagt der Künstler und das sei eine positive Energie, denn man gehe nach einem Rosenkranzgebet erleichtert nach Hause.
Diese erste Bebachtung inspirierte Bernd Nestler, sich näher mit dem Phänomen des Kreuzes zu befassen. Er experimentierte mit der Kamera und verschiedensten Rosenkränzen, wählte sehr lange Belichtungszeiten und hielt Farbveränderungen je nach Abstand vom Objekt fest. Reflexionen des Lichtes vom Fenster, von einer Lampe oder einer Kerze führten zu überraschenden Effekten.
Das Kreuz auf dem Tisch. Foto: Bernd Nestler
Auch einen Christustorso, den eine Bekannte beim Umgraben ihres Gemüsebeetes fand, setzte er in Szene und fotografierte. Einmal beobachtete er ein Kreuz auf dem Tisch im Abendlicht. „Das Licht zauberte ein Blau an dem weißen Tisch“, erzählt er und fährt fort: „Ich kann nicht zielgerichtet arbeiten, sondern muss es dem Schicksal überlassen, was herauskommt.“
Ein Kruzifix im Herrgottswinkel hat es ihm besonders angetan, immer wieder habe er versucht, die Energie des Kreuzes sichtbar zu machen, sagt Bernd Nestler. Ein anderer Favorit ist ein Christusölgemälde aus dem 16. Jahrhundert, dessen weißer Brustkorb das Licht aufnimmt. Manchmal erinnern die Bilder an PopArt, manchmal gehen sie ins Abstrakte, immer aber faszinieren die unglaubliche Farbigkeit und die sich auflösenden Formen, die einen Eindruck vom Jenseits ahnen lassen.
Kreuz im Herrgottswinkel. Foto: Bernd Nestler
„Du denkst das Wort Auferstehung und sprichst mit dem Kreuz und versuchst es mit der Kamera nachzuempfinden“, beschreibt der Künstler seinen Schaffensprozess. Bernd Nestler wurde bekannt durch seine sakrale Glaskunst. Nachdem er als Assistent von Josef Oberberger an der Gestaltung von 16 Glasfenstern des Regensburger Domes beteiligt war, schuf er unter anderem Glasfenster für die Tegernseer Pfarrkirche St. Quirinus. Darüber hinaus fertigte er sakrale Glasobjekte, in denen er Transzendenz sichtbar zu machen versucht.
Mit seiner neuen fotografischen Technik geht er einen Schritt weiter. Er nimmt den Betrachter mit in die unsichtbare Welt. Dieser ist zunächst irritiert von den zerfließenden Formen. Wenn er sich aber auf die geistige Welt des Künstlers einlässt, dann öffnen sich für ihn neue Räume. „Der feinstoffliche Kosmos existiert“, sagt Nestler, „ich hole herüber, was nicht sichtbar ist.“
Ölgemälde aus dem 16. Jahrhundert. Foto: Bernd Nestler
Er sei schon immer fasziniert von Paul Klee und den Impressionisten gewesen, sagt der Künstler, aber ein Aquarell bleibe ein Aquarell und könne nicht diese Feinfühligkeit der Farben beinhalten, die er jetzt fotografisch festgehalten habe.
Insgesamt fertigte er inzwischen 25 000 Aufnahmen, von denen er die besten auswählte und auf geschliffene Aluminiumplatten übertrug. Sein Wissen aus der Glasmalerei kam ihm dabei zugute. Er verwendet UV-gehärtete Farben, die Jahrzehnte haltbar sind. Am heutigen Karfreitag geht die erste Ausstellung mit seinen fotografierten Kreuzen und deren Energie in seinem Heimatort Kumpfmühl bei Regensburg zu Ende. Eine Ausstellung im Landkreis Miesbach ist in Vorbereitung.