Stefan Kröll auf der Bühne

Blick durch den Augustinernebel

Stefan Kröll auf der Bühne. Foto: Stefan Kröll Pressefotos
Die Entwicklung der Stadt München von ihren Anfängen bis heute im Zeitraffer? Geht! Kabarettist Stefan Kröll nimmt mit seinem Programm „Projekt Minga“ sowohl die Stadt- als auch die Landbevölkerung humorvoll und gründlich aufs Korn.

Kabarett in Rottach-Egern

Stefan Kröll gehört längst zu den Sternen am bayerischen Kabaretthimmel. Wie schon Karl Valentin ist auch er gelernter Schreiner und Kabarettist, und beide Seiten dieser beruflichen Doppellaufbahn betreibt er mit großer Leidenschaft. Er ist ein hintersinniger Mensch mit feinem Humor und Hang zu grotesken Geschichten. Geboren in Feldkirchen, skizziert er köstlich den Alltag der Münchener und der Leute vom Umland aus beiden Perspektiven. Gekonnt wählt er den Dialekt als Ausdrucksform, denn deutlicher noch ließen sich die Unterschiede kaum hervorheben, und in München spräche, so meint er, unter Fünfunddreißig sowieso keiner mehr Dialekt.

Ganz nebenbei kommen auch noch die Liebhaber geschichtlicher Hintergründe auf ihre Kosten, denn Kröll ist gründlich. Sein kabarettistisches Talent hat ihn über Volksfeste und Kleinkunstbühnen im Oberland inzwischen auf die Bühnen der bayerischen Metropolen katapultiert, und am Samstag Abend war er im Seeforum zu Gast.

Mo bsuffa, Frau zwida

Stefan Krölls räumlicher Abstand zur Landeshauptstadt lässt ihn umso präziser ins Schwarze treffen, wenn er seine Zeitgenossen beobachtet. Insbesondere der Blick der Landbevölkerung auf die Stadt ist unvergleichlich köstlich, denn er rupft auch ihnen natürlich genüsslich die Federn. Egal, ob es der besoffene Ehemann ist, der vom Fußballspiel nach Hause kommt, oder der „U-Bahn-Seltenfahrer“, der mit dem Mysterium Ticketautomat kämpft.

Von der Besiedelung Münchens durch die Kelten, Römer, Alfons Schuhbeck, die Mönche und Heinrich der Löwe reitet er flott in die Moderne, klärt sein Publikum über die Körbchengröße der Bavaria auf und über die Entstehung der Biergärten. Danach wechselt er fröhlich zum Bayerischen Rundfunk. Dort begünstigten sprachliche Quereinsteiger durchaus auch sprachliche Missverständnisse. „Ich hab mein neun Jahre altes Dirndl jetzt weggeworfen“, mag manchem Alteingesessenen, insbesondere auf dem Lande, merkwürdig vorkommen, denn dort unterscheidet man noch zwischen Kind und Kleidungsstück, Dirndl und Dirndlgwand.

Stefan Kröll auf der Bühne
Stefan Kröll auf der Bühne. Foto: KN

Dabei verzichtet Kröll aber immer auf plakative Späße, er wirft lediglich einen sehr genauen Blick auf die Eigenarten der Bevölkerung von Stadt und Land, auf die unterschiedlichen Wellen, die zwischen Mann und Frau schwingen, auf unbeholfene Autofahrer, aggressive Neonazis, naive Straßenmusiker.

Die letzte Maggiflasche

Musikalisch untermalt wird das Programm vom Gitarristen Andreas Speth, in dem Kröll eine wunderbare Ergänzung gefunden hat. Herrlich sind beider gemeinsame Gesangsduette, wie das Lied über die Landschaftsverschandelung durch die „Siloballenpest“. Am Ende kehrt Stefan Kröll noch einmal den Blick beinahe zärtlich zurück – auf die Protagonisten seines kabarettistischen Streichs: auf den unbeholfenen Landbewohner vorm Ticketautomaten, auf Alfons Schubeck, der kocht… vor Wut, weil ihm der Ingwer ausgegangen ist, auf den bemitleidenswerten Löwen, der rechts neben der Bavaria sitzt und sich ihrer Aufforderung zu entziehen versucht, durch den Eichenkranz zu „hupfen“. Es ist ein keineswegs ironischer, es ist ein nostalgischer Blick.

„Diese Stadt, die hat was, egal ob sie nun München, Minga oder Monaco di Baviera heißt“, resümiert Kröll. Der Kabarettabend, der eine ganz eindeutige Liebeserklärung an München ist, neigt sich seinem Ende zu. Doch ohne Zugabe kommen Kröll und Speth nicht von der Bühne, und so gibt es noch ein weiteres Paradestück kabarettistischer Nostalgie: ein Lied über die Gedanken der letzten original-gläsernen Maggiflasche in einer Wirtschaft in der Schellingstraße. Und noch einmal langen Applaus.

 

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