Blind date mit Stefan Scheider
Bekannt aus Rundschau, Mittagsmagazin, ARD-Brennpunkt: Stefan Scheider. Foto: Petra Kurbjuhn
Musikalisches Publikumsgespräch in Holzkirchen
Das Experiment glückte. So gut, dass sich die Gäste eine baldige Wiederholung wünschten. Das lag an dem Dreamteam mit BR-Moderator Stefan Scheider, Impromusiker Florian Schwartz und Coach Rosi Konirsch ebenso wie an den Gästen, die der beliebte Fernsehstar auf die Bühne holte.
Keiner der Mitwirkenden wusste, wie der Abend verlaufen würde. Auch das Publikum nicht. Etwa die Hälfte der Besucher hatte sich am Einlass bereit erklärt, die Eintrittskarte, versehen mit Vornamen, in einen Korb zu werfen.
In der Rundschau sehen Stefan Scheider etwa eine Million Zuschauer, er wirkt souverän, gelassen, kompetent, auch in schwierigen Situationen. Jetzt stand er auf der Bühne des Foolstheaters und räumte ein, Lampenfieber zu haben. Aber das neue Format im Rahmen der „Anders wachsen“-Reihe „Blind date“ war seine Idee.
Der erste Überraschungsgast ist Andrea. Foto: Petra Kurbjuhn
Sinn des Abends, so hatten es sich die Veranstalter gewünscht, war es, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die man sonst nicht trifft. „Raus aus der eigenen Blase“, Begegnung und Austausch mit wildfremden Menschen. Das Konzept funktionierte, denn noch lange nach Ende des offiziellen Teils saß man im Kulturcafé beieinander und diskutierte.
Lesetipp: Stefan Scheider zu Gast auf der „blauen Couch“
Der Erfolg lag natürlich am Charme und an der Kompetenz des Fragestellers Stefan Scheider, der sich voll und ganz auf seine Gesprächspartner einstellte, jedem ein Glas Sekt anbot und dann behutsam nach Leben, Wünschen, Sorgen fragte.
Zerbrechlich werdende Welt
Das Publikum lernte Andrea kennen, Fachfrau für Unternehmenskommunikation. Der größte Fehler sei, nicht zu kommunizieren, sagte sie. Und sie empfahl, aus vermeintlichen Schwächen Stärken zu machen. Über unsere zunehmend zerbrechlich werdende Welt sprach der Nachrichtenmann Stefan Scheider und ob ihr das Sorgen mache.
Sie sei zwar glücklich und zufrieden, aber Lüge und Ungerechtigkeit, die zunehmende Brutalität und Ausländerfeindlichkeit machten ihr schon zu schaffen. Sie versuche ein guter Mensch zu sein und trenne den Müll, aber Manfred, ihr Mann versäume dies immer wieder.
Ingenieur Manfred war der zweite zufällig ausgewählte Gast. Foto: Petra Kurbjuhn
Diese hingeworfene Bemerkung griff Florian Schwartz auf. Der Impromusiker aus München beschenkte jeden Gesprächspartner Stefan Scheiders mit einem eigens für ihn ad hoc getexteten Lied: Schatz, wir müssen reden, trenn den Müll! Großes Gelächter, dicker Applaus.
Hoffnung auf Wasserstofftechnologie
Und jetzt dürfen Sie raten, wer der nächste Überraschungsgast war. Jawohl, Manfred. Der Ingenieur für Flugtechnik konnte dem Publikum höchst interessante Entwicklungen aufzeigen, so die Wasserstofftechnologie, auf die er große Hoffnungen im Sinne CO2-Vermeidung setzt. Was Florian Schwartz zu seinem Lied: Manfred verleiht Flügel, du hast die Technik raus, inspirierte.
Impromusiker Florian Schwartz. Foto: Petra Kurbjuhn
Als Intermezzo hatte Stefan Scheider Rosi Konirsch eingeladen, Trainerin für erfüllende Zusammenarbeit, die dem Publikum wichtige Tipps für Smalltalk und den Umgang mit Lampenfieber gab. Der Moderator zeigte die berühmte Loriotszene mit der Nudel im Gesicht. Solle man solche Peinlichkeiten ansprechen? Ja, unbedingt, aber immer daran denken: Ton und Haltung machen die Musik, riet die Expertin.
Social media ist nicht nur schlecht
„Haben wir überhaupt noch Zeit miteinander zu reden?“ fragte Stefan Scheider. Heute befasse sich doch jeder mit seinem Smartphone. Und früher hätten sich die Paare am Lokal angeschwiegen, konterte Rosi Konirsch. Social media sei nicht nur schlecht, heute gebe es einfach andere Kommunikationsformen. Sie ermunterte das Publikum trotz schlechter Nachrichten zu bedenken, wie gut es uns gehe.
Rosi Konirsch im Intermezzo mit Stefan Scheider. Foto: Petra Kurbjuhn
Mit Wolf kam ein Gast auf die Bühne, der das Publikum zum Nachdenken brachte. Er bekannte, immer Grün gewählt zu haben, aber jetzt Markus Söder unterstützen zu wollen, weil er ihn für glaubwürdig hält. „Man muss belohnen, wenn sich jemand ändert.“ Er bekannte auch, früher Atomkraftgegner gewesen zu sein, jetzt aber lieber Kohlekraftwerke herunterfahren würde im Sinne der CO2-Bilanz. Der Tegernseer, von Stefan Scheider als hellwach und rebellisch mit Clint Eastwood-Frisur bezeichnet, erhielt als Geschenk das Lied von Florian Schwartz: „Ich bin der Wolf“.
Wolf als dritter Überraschungsgast. Foto: Petra Kurbjuhn
Das zweite Intermezzo leitete Stefan Scheider mit einer Filmszene ein, in der Rudi Völler Waldemar Hartmann recht unsanft angeht. „Wie deeskaliert man?“ fragte er und Rosi Konirsch riet abzubrechen und erst einmal Ruhe einkehren zu lassen.
Ein bisschen was tun
Der letzte Zufallsgast des Abends hätte nicht besser absichtlich ausgewählt werden können. Mit Daniela hatte Stefan Scheider eine Frau auf der Bühne, die aus ihrer täglichen Berufspraxis als Sozialpädagogin erzählte. Von schwierigen Kindern, von zerrütteten Familien, Trennungen und ihrem Versuch, ein bisschen was für das Kindeswohl zu tun.
Florian Schwartzt textete ad hoc. Foto: Petra Kurbjuhn
Sie rief dazu auf, mehr aufeinander zu schauen, keine Vorurteile gegen das Jugendamt zu haben und erhoffte sich mehr positive Nachrichten anstatt immer nur die negativen. „Es ist so schön, wenn man bissel was erreicht“, textete Florian Schwartz.
Das letzte Wort hatte Rosi Konirsch. Auf die Frage, ob wir Menschen denn überhaupt versuchen sollten perfekt zu sein, zitierte sie ihr Lebensmotto, das von Berthold Brecht stammt: „Wer A sagt, muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“
Unbedingt wiederholen
Mit diesem guten Klang endete ein Experiment, das von den Gästen als „toll“, „wunderbar“, „unbedingt wiederholen“ bewertet wurde. Und auch das Dreamteam postete anschließend: „Es war cool“ und „Der Abend war ein Geschenk“.