Die Freiheit eines Nomaden in Deutschland
Borchu Bawaa in seiner Ausstellung. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
Sie kommen aus der Steppe, sie tauchen aus dem Meer auf, sind in einer Mondnacht erahnbar und in einer großen Staubwolke: Pferde. Große Herden, die auf den Betrachter zukommen, wenn er sich in die Bilder von Borchu Bawaa einlässt, die der Künstler derzeit im Gesundheitszentrum Atrium ausstellt.
Beim oberflächlichen Hinschauen sieht man bei einigen der Bilder Farbflächen, handwerklich perfekt komponiert. In Blau, in Erdtönen. Manchmal sind auch Linien zu erkennen und manchmal am Horizont eine kleine angedeutet Figur. Ja ein Reiter könnte das sein.
„Mondnacht – Der Reiter“. Foto: Petra Kurbjuhn
Und wenn man dann in Resonanz mit dem Bild tritt, sich einen Schritt zurückbegibt, dann plötzlich offenbart sich die ganze Tiefe der Werke.
„Der heilige Berg“. Foto: Petra Kurbjuhn
Chingunjav Borchu, der Sohn des Künstlers, stellte zur Vernissage die Frage: „Wer von uns konnte schon mal mit hunderten anderen Pferden und Kindern ein 30 km langes Rennen durch die Steppe bestreiten oder in einer Mondnacht eine riesige aufgescheuchte Pferdeherde folgend den aufgewirbelten Staub im Mondlicht bestaunen?“
Chingunjav Borchu bei seinen einführenden Worten. Foto: Petra Kurbjuhn
Die Kindheit als Nomade in der Steppe der Mongolei habe das Schaffen seines Vaters geprägt. Durch seine Malerei könne er die Erinnerungen und Träume aus der Kindheit wiedergeben. Und wie Träume wirken auch die Bilder. Aus dem Nebel der verblassenden Erinnerung tauchen sie immer wieder auf, die Pferdeherden. Selbst an solch unmöglichen Stellen wie im Ozean. Das geht nur im Traum.
Russische realistische Malerei
Borchu Bawaa begann schon als Kind zu zeichnen, studierte dann in Ulaanbaatar Pädagogik, wurde Lehrer und später Mitarbeiter im Bildungsministerium. In dieser Zeit, so erzählt er, habe er sich mit der russischen realistischen Malerei auseinandergesetzt. Er genoss die Ausbildung bei den besten Malern der Mongolei. Dabei eignete er sich die handwerklichen Fähigkeiten an, die seine Malerei auszeichnen.
„Hoffnung“. Foto: Petra Kurbjuhn
In den achtziger Jahren übersiedelte die Familie nach Deutschland. Er habe versucht, zeitgenössische westliche Techniken mit seinen mongolischen Wurzeln zu verbinden. Dabei verfiel er aber nicht dem Zwang, sich modernen Strömungen anzupassen oder unterzuordnen.
Restriktionen des Kommunismus
Weder ließ er sich von den Restriktionen des Kommunismus einzwängen, noch von den denen des Westens. „So wie er sich in Deutschland die Kunstgeschichte von der Klassik bis in die Moderne einverleibt hat, so wollte er auch sich niemals in eine Ecke oder in eine Stereotype stecken lassen“, erklärte sein Sohn.
Die Ausstellung im Atrium legt Zeugnis ab von der Vielfalt künstlerischen Ausdrucks im Werk von Borchu Bawaa. Das immer wiederkehrende Motiv seiner Bilder sind und bleiben die Pferdeherden. Aber daneben findet der Betrachter auch realistische Malerei.
Triptychon „Die Herde“. Foto: Petra Kurbjuhn
„Das schwarze Schaf“ zum Beispiel. In drei Bildern ist es hervorgehoben und sogar der Rahmen der Bilder enthält Schafe. Den Stier gibt es zu bestaunen und eine Kommode, auf der sich Pferde tummeln.
Ost und West als Pole zeigt der Künstler in seinen Bildern von der Wüste Gobi in flirrendem Gelb und der saftigen grünen Blumenwiese.
„Gobi – Sonne“. Foto: Petra Kurbjuhn
Er lässt sich in kein künstlerisches Konzept pressen, sondern lebt und wirkt als freier Maler und Pädagoge, gibt seine Haltung an seine Schüler weiter. Was das Besondere seiner Kunst ausmacht, ist die Verbindung handwerklicher Perfektion mit der Freiheit seines Denkens und seinen Träumen. Seinen Träumen von einem Leben, das er in seinen Bildern mit dem Betrachter teilt. Dieser kann nachempfinden, was die Freiheit eines Nomaden in Deutschland ausmacht.
Blick in die Ausstellung. Foto: Petra Kurbjuhn