Poesie des Alltags
Gunnar Matysiak vor einem seiner Baum-Bilder. Foto: MZ
Neuerscheinung auf dem Buchmarkt
Ein sehr ansprechend gestaltetes Buch zu seinem umfassenden Werk hat jetzt Gunnar Matysiak herausgegeben. Der Leser lernt den Grafiker, Illustrator, Filmemacher und Maler aus Holzolling durch das reich bebilderte Werk in allen Facetten kennen.
Das Bild auf dem Einband lädt zum Rasten ein, zum Innehalten, zum sich Niederlassen und sich Einlassen auf das, was auf den folgenden 125 Seiten dargeboten wird. Es ist Leben und Werk eines Mannes, der seit Ende der siebziger Jahre mit seiner Familie in der Gemeinde Weyarn lebt und arbeitet, dessen Werke aber in der ganzen Welt geliebt werden. Beispiel „Rennschwein Rudi Rüssel“ von Uwe Timm, das Gunnar Matysiak illustrierte und das in 14 Sprachen übersetzt wurde.
Begegnung mit dem Deutschen Expressionismus
Gunnar Matysiak stammt aus Ostfriesland und studierte in Wuppertal Visuelle Kommunikation. Seine künstlerische Arbeit, so schreibt er selbst, setzte mit der Begegnung mit dem Deutschen Expressionismus ein, insbesondere war es Karl Schmitt-Rottluff, der ihm eine Tür in eine neue Welt öffnete. Eine Reihe von Holzschnitten und Gemälden entstand in der Folgezeit, wobei auch der Einfluss von Max Beckmann und Marc Chagall erkennbar ist. Schon 1964 hatte er mit diesen Werken seine erste Ausstellung. Es sind vorwiegend sehr ausdrucksstarke Gesichter, die der Künstler darstellt.
Surrealistische Zeichnungen
Von den groben Konturen dieser Zeit trennte sich Matysiak, als er die Arbeiten von Horst Janssen entdeckte und spürte, dass ihm der leichte Strich näher lag. So sind die siebziger Jahre durch eine komplett andere Art des Schaffens charakterisiert: Surrealistische Zeichnungen und Lithografien bestimmen diese Phase, die durch die Zeichnung „Die abwegigen Gedanken des Tiefseeforschers „P““ eingeleitet wird, der Kopf eines Mannes, in den eine nackte schwimmende Frau hineinschlüpfen möchte. Fast fotorealistisch muten manche Werke an, wie etwa die Collage „Hands up“, dann aber wieder fügt Matysiak in die realistische Zeichnung eines weiblichen Aktes einen Fliegenkopf ein und nennt das Ganze „The Fly“.
Wahre Berufung in Illustration
Von einem Aufenthalt in den USA kehrte Matysiak mit seiner Frau Loretta zurück und gründete mit seinem Freund Albrecht Michael Barth eine sehr erfolgreiche Werbegrafikagentur. In seiner künstlerischen Arbeit widmete er sich in den achtziger Jahren hauptsächlich dem Zeichentrickfilm und der Illustration. Hier hat der Weyarner seine wahre Berufung gefunden. Ob „Krähenflügelland“, das er für die ARD fertigte oder die Kinderbücher von Uwe Timm und anderen Autoren, es sind zauberhafte Bilder, die den Betrachter in die Welt des Textes entführen.
Verbitterung und Lebensfreude
In den neunziger Jahren begann Gunnar Matysiak wieder frei zu malen. Es sind die kleinen Dinge des Alltags, die sein Interesse wecken. Die Tonnen im Garten, der Liegestuhl, Äpfel im Gras, die Tränke oder Bäume, daneben aber auch die Menschen im bayerischen Oberland: der Schorsch mit der Kettensäge ebenso wie Burgstallmanderl, der Ruderer auf dem See. Dann aber blieb wenig Zeit für die Malerei. Das einzige Bild, so schreibt Matysiak, entstand 2000 und heißt „Schiffe ziehen vorbei“, ein Bild, das einen tief deprimierten Mann zeigt. Der Künstler wollte damit das Thema „Verbitterung“ darstellen. 2015 malte er als Gegenstück „Der große Baum“, ein riesiges Bild voller Kraft und Lebensfreude.