Bunte

Zauberbegriff L.A.B.S

Bunte-Chefredakteur Robert Pölzer propagiert L.A.B.S.. Foto: Petra Kurbjuhn

Vortrag in Weissach

Einen hohen Unterhaltungs- aber auch Informationswert hatte der letzte Vortrag im zweiten Semester des Korbinians Kolleg. Mit Robert Pölzer, Chefredakteur der „Bunten“ hatten die Veranstalter einen Redner eingeladen, der das Prinzip „Liebe“ als Grundlage seiner Arbeit für das erfolgreiche Lifestylemagazin angibt, aber nicht nur dafür.

„Robert Pölzer heiße ich, aus Schliersee komme ich, in München bin ich aufgewachsen und Akademiker bin ich nicht.“ Mit diesen Worten beginnt der 58-Jährige seinen Vortrag. Im vorherigen Interview erlebe ich einen unprätentiösen, sympathischen Gesprächspartner, der mir die Philosophie seines Blattes erklärt. „Es geht um die Facetten des Lebens, erzählt anhand von Episoden von Prominenten.“

Teilhabe ermöglichen

Das was jeder Mensch entweder erlebt habe oder wovor er Angst habe es erleben zu müssen, das lese er und gleiche ab, wie er selbst reagieren würde. „Warum aber Prominente?“ Weil die Menschen ein Verhältnis zu ihnen haben. „Köpcke kam jeden Abend zur Tagesschau ins Wohnzimmer.“

Das zweite Prinzip seines Magazins sei die Teilhabe. Man ermögliche den Lesern, Teil einer Gesellschaft zu werden, zu der man gern selber dazugehören möchte.

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Robert Pölzer und Prof. Wilhelm Vossenkuhl beim Interview. Foto: Petra Kurbjuhn

Hausherr und Initiator der Reihe im Hotel Bachmair Weissach Korbinian Kohler bezeichnete Robert Pölzer als „praktischen Soziologen“, der mit Feinsinnigkeit die soziologischen Strömungen der Gesellschaft wahrnehme. Einen praktischen Vorschlag hatter er in petto: Die „Bunte“ auf Gmunder Papier zu machen, immerhin saß Bruder Florian, Geschäftsführer der Büttenpapierfabrik, im Publikum.

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Hausherr Korbinian Kohler. Foto: Petra Kurbjuhn

Die schwierige Balance zwischen Interesse der Leser am Leben der Reichen und Schönen und deren Persönlichkeitsrechten, sowie das Problem Fake News sprach Wilhelm Vossenkuhl, Kurator des Kollegs an. Der Professor für Philosophie schlug den Bogen zu seinem Fach, indem er Platon zitierte: „In der Schönheit zeigt sich Wahrheit“ und bescheinigte am Ende dem Redner, sowohl der Stoa als auch Hegel nahe zu stehen und machte den Vorschlag: „Machen Sie doch mal eine Sonderausgabe zu Hegel.“

Lob, Anerkennung, Bewunderung, Selbstbestätigung

Zunächst aber ging es einzig um die Liebe, insbesondere um den Wunsch, geliebt zu werden. Lob, Anerkennung, Bewunderung und Selbstbestätigung, kurz L.A.B.S., davon seien die Menschen abhängig, postulierte Robert Pölzer. Mit seinem Magazin bediene er diesen Wunsch nach Aufmerksamkeit. Als Beispiel erzählte er die Geschichte eines damals noch unbekannten Schauspielers, der in der Redaktion der Bildzeitung auftauchte und einen Bericht wünschte. Als ihm gesagt wurde, nur wenn er mit einer Schlange auftauche, sei es wert, darüber zu schreiben, kam er am nächsten Tag mit einer Python um den Hals.

Ruhm steht über Macht

„Aufmerksamkeit ist die unwiderstehlichste aller Drogen“, sagte Pölzer. Darum stehe auch Ruhm über Macht. Warum leihe so mancher Unternehmer Boris Becker Geld? Genau, weil er dadurch mediale gesellschaftliche Anerkennung erhalte.
Die digitale Welt allerdings verändere die Medienlandschaft, denn jetzt könne sich jeder seine eigene Plattform und Anerkennung durch „Likes“ verschaffen. Hier müsse man sich anders als die anderen positionieren. Warum es Facebook gebe? Weil Mark Zuckerberg auf der Suche nach Liebe gewesen sei und dafür die Plattform erfunden habe.

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Wilhelm Vossenkuhl und Robert Pölzer. Foto: Petra Kurbjuhn

Aber auch im Privaten habe sich die Gesellschaft gefährlich verändert, sagte der Journalist. „Paare trennen sich, nicht weil sie unglücklich sind, sondrn weil sie glauben, in einer anderen Ehe glücklicher zu sein.“ Er zitierte Esther Perel mit ihrem Buch „Die Macht der Affäre“ so: „They get lazy.“ Menschen seien zu träge, um sich um ihre Beziehung zu bemühen. Bei Konflikten stelle er sich als Drohne vor und betrachte das Problem vom oben, dann werde es immer kleiner.

„Sei eine Drohne“

Und er schloss mit der Botschaft: „Erinnere dich an die drei ersten Monate deiner Beziehung und sei eine Drohne.“

In der lebhaften Diskussion ging es auch um das Thema Persönlichkeitsrechte. Dazu hatte Robert Pölzer die einfache Erklärung, wenn man über die Hochzeit eines Prominenten berichtet habe, müsse man auch über die Scheidung berichten. „Der Leser hat ein Recht darauf, das Ende der Geschichte zu erfahren.“

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In der Diskussion: Verleger Wolfram Weimer. Foto: Petra Kurbjuhn

Werden die Medien generell aggressiver und menschenfeindlicher, wollte Verleger Wolfram Weimer wissen. Eine große Bedrohung sei, dass sich der Leser nicht mehr auf eine Nachricht verlassen könne, weil jeder Informationen im Netz transportieren könne und es im Onlinejornalismus letztlich nur um die Klickzahlen gehe, meinte Robert Pölzer. Die „Bunte“ bemühe sich, Teil des Lebens der Menschen zu sein und orientiere sich am Leser.

Andere Formen des Glücks

Mit seinem Beitrag, das Leben biete neben Anerkennung doch noch andere Formen des Glücks, beispielsweise in der Natur, erntete ein Zuhörer spontanen Beifall.

Und Verlegerin Christiane Weimer fragte, ob eine Rückkehr zum Biedermeier angesagt sei. Zu spießig, meint Pölzer, betonte aber die Wichtigkeit konservativer Werte: „Es lohnt sich, etwas nicht gleich wegzuschmeißen.“

Boom in der Kunst

Er lese die Bunte beim Frisör, sprach Florian Kohler so manchem aus der Seele und für ihn sei es weniger ein Magazin des L.A.B.S, als vielmehr ein Magazin der VIP’s. Man greife anhand der Prominenten gesellschaftliche Strömungen auf, erklärt Robert Pölzer. So derzeit beispielsweise den Boom zum Thema Kunst. „Früher kaufte man sich einen Porsche, heute einen Picasso.“ Vernissagen seien die wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse.

Wilhelm Vossenkuhl und Korbinian Kohler informierten, dass am 20. September das dritte Semester des Korbinians Kolleg mit einem Beitrag über „100 Jahre Bauhaus“ von Winfried Nerdinger eröffnet werde. Das Semester stehe unter dem Thema „Gestaltung des Lebens“ und beinhalte neben der Architektur auch die Bereiche Medizin, Ökonomie, Religion.

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