Gemalte Fotografien von Candida Schlichting
Dieses Foto entstand vor Jahren in der ostukrainischen Stadt Charkiv. Foto: Candida Schlichting
Ausstellung in Gmund
Der Blick für das Detail ist es, der Candida Schlichtings Fotografien auszeichnet. Jetzt sind sie auf Einladung von gmundart in der Raiffeisenbank Gmund zu sehen. Bei einem Rundgang erzählt die Miesbacher Fotografin spannende Hintergründe zu ihren Arbeiten.
Es war bei der Irschenberger Kunstausstellung als gmundart-Organisator Hans Weidinger auf die Fotografin aufmerksam wurde. Er lud sie in die Reihe der Künstlerinnen und Künstler ein, die ihre Werke jeweils einen Monat lang in der Gmunder Bank zeigen und derzeit ihre Jahresausstellung im Jagerhaus Gmund haben.
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„Eigentlich male ich eher, aber ich kann nicht malen“, erklärt Candida Schlichting ihre künstlerische Arbeit. Mit wachem Blick geht sie durch die Welt – auf Reisen, aber auch auf Spaziergängen in der Umgebung Miesbachs entdeckt sie Motive, an der viele andere vorübergehen würden. Die Miesbacherin, die an der Akademie der Schönen Künste in München studierte und viele Jahre im Ausland lebte, ist seit über 20 Jahren in ihrer Geburtsstadt ansässig. Aus dieser Zeit stammen auch die Fotografien, die sämtlich ohne Titel in Gmund zu sehen sind.
Ohne Titel. Foto: Candida Schlichting
„Die Leute sollen ihre Fantasie spielen lassen“, sagt sie, jede Information würde einengen. Wir starten im Obergeschoss bei einem Foto, das ein verschlungenes Blech zeigt. In diesem Foto zeigen sich einige der Vorlieben der Fotografin, eine metallische Oberflächenstruktur, wie gemalt hin zur Abstraktion.
Ohne Titel. Foto: Candida Schlichting
In einem anderen Foto ist die Oberfläche vom Wetter gezeichnet, die rostigen Strukturen in Rot und Grün haben es Candida Schlichting angetan. „Ein sauberes Blech ist nicht interessant, außer es spiegelt“, meint sie. Hier zeigt sich wie in vielen anderen Arbeiten ihre Neigung zum Morbiden: „Ordentliches ist langweilig, Morbides ist malerisch.“
Ohne Titel. Foto: Candida Schlichting
Auch abblätternde Fassaden sind für die Fotografin spannende Motive. Ebenso wie die Kombination von Metall oder Stein mit überwuchernden Pflanzen. Eine Arbeit hat sie vor vielen Jahren in der ostukrainischen Stadt Charkiv, wo sie mehrfach Freunde besuchte, gemacht. Es zeigt die Rippen einer Heizung in einem Gewächshaus, über die sich der Löwenzahn hergemacht hat.
Die Natur, die das Alte überdeckt, das sind hoffnungsfrohe Symbole in diesen schrecklichen Tagen. Dazu passt auch ein Bild auf der gegenüberliegenden Seite, das den Blick aus einem Gewächshaus in einen rotblühenden Strauch zeigt. Dieses Foto habe sie vor Jahren auf der Krim gemacht, erklärt Candida Schlichting.
Dieses Foto entstand in einem Gewächshaus auf der Krim. Foto: Candida schlichting
Aber auch im heimischen Bayern entdeckte die Fotografien Motive, die sie lohnenswert fand und in außergewöhnlichen Bildern festhielt. So die aufgestapelten Stühle eines Biergartens, vielleicht während der Pandemie gefunden.
Spiegelungen sind eine weitere Neigung der Fotografin. Man findet sie beispielsweise in einem der vier kleineren quadratischen Bilder, bei denen es sich lohnt, sehr genau hinzuschauen. In dem Ballon nämlich spiegelt sich nicht nur ein Bierhumpen, sondern auch die Bayerische Fahne.
Ohne titel. Foto: Candida Schlichting
Und den flachliegenden Maibaum entdeckte sie bei der Allerheiligenkirche in Warngau. Aus Wasser emporsteigend fand die Fotokünstlerin eine schmale zarte Birke.
Und auf einem Industriegelände in der Nähe Miesbachs entdeckte sie einen Container einer französischen Firma mit dem Etikett „Veritas“.
Immer wieder tauchen in den Arbeiten Metall- oder Steinoberflächen auf, verwittert, verkrustet, vom Zahn der zeit gezeichnet und immer wieder sind auch Pflanzen dabei, die sich dem Geschehen anpassen, so in einem Bild, in dem sich die geschwungene Form eines Steinreliefs ebenso in der Pflanze weiterverbreitet. Dafür braucht es das achtsame Fotografenauge.
Ohne Titel. Foto: Candida Schlichting
Candia Schlichting erklärt, dass sie einige ihrer Fotografien noch analog gefertigt habe und jetzt nach der Transformation ins Digitale fein säuberlich in Kleinstarbeit alle Filmkratzer überarbeiten musste.
Porträt der Fotokünstlerin. Foto: Petra Kurbjuhn
Im Erdgeschoss kann der Besuchende eine weitere Facette der Arbeit von Candida Schlichting wahrnehmen, den Hang zum Surrealen. Da ist ein merkwürdiger enger Eingang, links gesäumt von einer Hecke, rechts von einer Mauer, aber wo geht es hin?
Das daneben hängende Bild zeigt eigentlich nur Wasser und eine auf dem Kopf stehende Laterne. In der Arbeit ganz hinten rechts im Erdgeschoss sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Ist das ein Tier, das aus dem Steinensemble herauskommt?
Wer noch mehr von den exzellenten Fotografien von Candida Schlichting sehen will, sollte ihre Homepage besuchen. Begleitet von der Musik ihres Sohnes Johannes läuft ein Film mit ihren neuen Arbeiten ab.