Cantica nova in Holzkirchen

Das kleine, aber feine Publikum erklatschte sich trotz eisiger Kälte in den Kirchenbänken tapfer eine Zugabe – es hatte zu dem Zeitpunkt schon eine gute Stunde lang höchst anspruchsvolle Chormusik gehört und wollte eine weitere Kostprobe davon hören. Der Chor cantica nova gab am Sonntagabend im Rahmen der Feiern zum 50-jährigen Bestehen der katholischen Pfarrkirche St. Josef ein Konzert in der Holzkirchner St. Laurentiuskirche.

Bekanntlich musste das 1962 eröffnete Gotteshaus, die gerne genutzte Konzertkirche des Chores, ausgerechnet im Jubiläumsjahr wegen erheblicher baulicher Probleme geschlossen worden – Zukunft ungewiss.

Akustisch ist St. Laurentius am Marktplatz mehr als nur eine Alternative. Chorleiterin Katrin Wende-Ehmer war höchst angetan von der ausgewogenen Ausbreitung des Klanges im Kirchenschiff und äußerte spontan den Wunsch, das nächste Konzert mit geistlicher Musik in St. Laurentius zu geben. Auch die rund 50 Sängerinnen und Sänger waren zufrieden mit den akustischen Bedingungen, die in Kirchen nicht immer leicht sind.

Das Programm des Konzertes unter dem Motto „Lux aurumque“ schuf eine musikalische Zeitreise vom Barock über romantische Chorliteratur bis zu zeitgenössischen Spirituals und Werken des 1970 geborenen US-Amerikaners Eric Whitacre. Es begann mit einem fünfstimmigen Satz „Komm, Jesu, komm“ des Heinrich-Schütz-Schülers Johann Schelle, der in seiner homophonen Schlichtheit und abwechselnd gesungen vom ganzen Chor und einem kleinen im hinteren Kirchenraum postierten Ensemble eine ideale Einstimmung bot.

Sonoren Männerchorklang konnten die Zuhörer bei Felix Mendelssohn-Bartholdys Psalm-Vertonung „Richte mich, Gott“ aufsaugen – kultiviert und homogen vorgetragen. Zu den höchst anspruchsvollen Werken der a-cappella-Chorliteratur gehören Max Regers acht geistliche Gesänge. Aus dieser Sammlung des Oberpfälzer Komponisten bot cantica nova das achtstimmige „Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit“ dar, das in seiner Klangdichtheit für jeden Chor eine Herausforderung ist. Wende-Ehmer reizte die spätromantischen Harmonien Regers bis ins Feinste aus und präsentierte dem Publikum einen dicht gewobenen Klangteppich der innigsten Art.

Nach einem wegen seiner Synkopen vertrackten, aber rhythmisch sehr präzise vorgetragenen „Cantate Domino“ von Vytautas Miskinis schickte cantica nova das Publikum in die Welt des Spirituals. Vor allem das von Moses Hogan vertonte „My soul’s been anchored in the Lord“ riss die Zuhörer sichtbar mit.

„Sleep“ und „Lux aurumque“ von Whitacre sind Motetten von sphärischer Tiefe. Hier konnte der Chor beweisen, dass er vom zartesten Pianissimo bis zum satten Forte die gesamte dynamische Bandbreite stupend sicher abrufen kann. Nach dem wieder eher schlichten „Ave Maria“ von Javier Busto nahm sich der Chor das doppelchörige deutsche Magnificat „Meine Seele erhebt den Herrn“ von Schütz vor. Präzise arbeitete Katrin Wende-Ehmer die strenge Textbezogenheit der Komposition heraus, ohne den Spannungsbogen der langen Phrasen zu verlieren. Rudolf Mauersbergers an die Bombardierung Dresdens erinnernde Trauermotette „Wie liegt die Stadt so wüst“ ging auch dem Publikum spürbar nahe. Der Chor hatte das bis zu siebenstimmige Werk im vergangenen November in der Dresdner Kreuzkirche gesungen, für die es geschrieben wurde. Mit dem hochromantischen und sehr stimmungsvollen „Bleibe, Abend will es werden“ von Albert Becker ging das „Geburtstags“-Konzert für die Josefskirche zu Ende.

Cantica nova probt bereits für das nächste Konzert mit ebenfalls wieder sehr anspruchsvoller nord- und südamerikanischer Chorliteratur. Es findet am 5. Mai um 20 Uhr im Oberbräu-Festsaal in Holzkirchen statt.

Paul Winterer Bildnummer: 1329205219

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf