Marie legt Feuer
Christine Eixenberger nach der Vorstellung. Foto: MZ
Kabarett in Holzkirchen
Tosender Applaus belohnte Christine Eixenberger nach der Premiere ihres neuen Kabarettprogramms „Volle Kontrolle“ im ausverkauften Saal des KULTUR im Oberbräu. Die Schlierseerin punktet nicht nur mit Wortwitz, Einfallsreichtum und vollem Körpereinsatz, sondern ebenso als Sympathieträger.
Als Feuerwehrhauptmännin in der ZDF-Serie „Marie fängt Feuer“ ist Christine Eixenberger seit Jahren einem Millionenpublikum bekannt. Auch in dieser Rolle ist sie sympathisch, unprätentiös und schert sich nicht darum, besonders attraktiv daherzukommen. Geht auch schwer in diesen Anzügen. Wie sagt sie so schön? „Die Schutzanzüge der Feuerwehr nivellieren alle Figurprobleme.“
Als Kabarettistin feierte sie vor 12 Jahren im FoolsTheater ihr erfolgreiches Debüt und gab danach ihren Beruf als Grundschullehrerin auf. Seit damals unterstützt und begleitet sie Kabarettist, Autor und Musiker Tobias Öller, bei dem sie sich auch an diesem Abend besonders bedankte.
Die Grundschullehrerin aber lässt sie nicht los und so taucht sie auch in diesem Programm mittels ehemaliger Schüler und heutiger erfolgreicher Influencer wieder auf. „Der hat zehnmal mehr Follower als ich.“
Herdplatte ausgestellt?
Aber der Reihe nach. „Volle Kontrolle“ will die bodenständige Künstlerin in allen Lebensbereichen behalten. Das fängt schon mit den Kürbissen an, die unkontrolliert, ungesichert am Straßenrand liegen und jederzeit einen Unfall verursachen können.
Aber ihr Kontrollzwang – und das kennen viele – betrifft auch die aufkommende Frage beim Autofahren: Habe ich die Herdplatte ausgestellt? Das wäre ja ein Slogan: Marie legt Feuer! Christine Eixenberger lässt das Publikum teilhaben an ihrem Morgenritual mit Yoga und Wasser trinken, mit Spinat-Grünkohl-Smoothies und schwenkt dann aber ein in ihre neue Situation, in der sie auch die Kontrolle behalten will.
Sympathisch und authentisch: Christine Eixenberger. Foto: MZ
Der Freund ist bei ihr eingezogen, der Dachstuhl ausgebaut, in dem man im Sommer saunieren kann, ein Fernsehgerät wurde gekauft. Nun aber geht es ans Ausmisten. Auch hier trifft Christine Eixenberger den Nerv des Publikums, denn viele haben Unmengen an Fernbedienungen, Visitenkarten, Klamotten, was keiner mehr braucht.
Die Kabarettistin bringt das Publikum mit drastischen Überhöhungen zu Lachstürmen, etwa als sie sich an die Kindheit erinnert und die Mama (im Publikum) fragte, wo dieses und jenes Spielzeug geblieben sei, und die Antwort lautete: auf dem Recyclinghof. Dann aber die Frage. Wo ist der Papa?
Woran sich eine nicht unkritische Frage in einer Beziehung anschloss: „Wo ist das…?“ und darin gipfelte „Wo ist die Klobürste?“ „Da wo sie immer ist, im Zahnputzbecher.“
Christine Eixenberger statt Monika Gruber
Christine Eixenberger blieb aber nicht im Privaten, sondern widmete sich in einem köstlichen Vortrag der Deutschen Bahn, zu deren Gala sie eingeladen war. Aus Sparzwängen hatte man sie anstelle von Monika Gruber verpflichtet.
Die Kabarettistin nahm nicht nur sich selber auf die Schippe, sondern vieles, was in unserer Gesellschaft angesagt ist. So die Coaches, die für alles das „innere Kind“ heranziehen oder die Generation Z, die ein völlig neues Bewusstsein für Arbeit haben. In einem Bewerbungsgespräch wird deutlich, wie sich Unternehmen krumm biegen, um Fachkräfte zu bekommen: Zweitagewoche, unbegrenzter Urlaub, Massage.
Rasanter Wechsel der Themen
Sie gehöre zur Generation Y, der Generation, die noch Fragen stellt: „Warum kaufen wir Atomstrom aus dem Ausland?“ Schwenk in die Politik: Markus Söder gehöre zur Generation X und seine einzige Frage sei die nach der Umfrage. „Das ist eine Generation, die nach Liebe schreit“, erklärt die Kabarettistin, aber wir müssten alle miteinander auch lernen, Fehler zuzugeben und das gehe am besten über gemeinsame Projekte, möglichst in Richtung Nachhaltigkeit, einfaches Leben und Vorratshaltung. Ihre Beispiele dafür sind witzig und innovativ gleichermaßen. Eine Idee für Weihnachten: Fotovoltaik auf das Dach der Krippe.
Was das Programm auszeichnet, ist der Wechsel von ernsthaften Betrachtungen hin zu feinsinnigem Witz ebenso wie zu kabarettistischen Überhöhungen. Christine Eixenberger vollzieht einen rasanten Wechsel der Themen von Feindbildern über die Gedanken des Kanzlers hin zum Stalker. Von Künstlicher Intelligenz zu Chips und Clouds.
Mit vollem Körpereinsatz. Foto: MZ
Dann aber kehrt sie zu sich selbst zurück. Zur Familienplanung. Und auch hier will die Künstlerin Kontrolle haben. Nicht nur der Geburtstermin muss genau geplant werden, ebenso die Kinderbetreuung. Soll sie dann etwa zuhause bleiben und Rezepte aus dem Netz ausprobieren? Denn den Kitas fehle es ja an Personal, weil man ukrainische Erzieherinnen nur dann einstellen dürfe, wenn sie die Sprachprüfung B2 abgelegt haben. Verstehe man eine schwäbische Erzieherin etwa besser, fragt sie.
Und sie schließt ihre Premiere mit einer köstlichen gendergerechten Persiflage des Hotzenplotz, in der sie Kasperl und Sofia neben der Großmutter und Wachtmeister Dimpfelmoser spielt und ihr schauspielerisches Talent voll ausleben kann.
Der nächste Tag ist lebenswert
Sie wird am Ende noch einmal ernst. Mit dem arabischen Sprichwort „Angst essen Seele auf“ thematisiert Christine Eixenberger ein aktuelles Gefühl in der Bevölkerung und sagt: „Der nächste Tag ist lebenswert.“
Und dann doch noch etwas zu Lachen. In ihren Dankesworten an Tobias Öller, das KULTUR im Oberbräu, ihre Freunde und Familie stellt sie fest: „Ich habe gemerkt, dass ich meiner Mutter in Sachen Nachhaltigkeit ähnle, als ich die Zahnpastatube aufgeschnitten habe.“
Die sympathische, herzliche Künstlerin stellte sich nach ihrer Premiere dem Publikum im Vorraum des KULTUR im Oberbräu für Fotos, Fragen und Autogrammwünschen.
Zum Weiterlesen: Der Tausendsassa Robert Eixenberger