In Farben baden
Claudia Bichler mit einem ihrer farbenfrohen Bilder. Foto: MZ
Ausstellung in Miesbach
Gestern wurde im neuen Quartier des Gemeindehauses der evangelischen Kirche Miesbach die erste Ausstellung eröffnet. Claudia Bichler will mit ihren farbenfrohen Bildern Freude vermitteln und Mut machen, Krisen zu meistern.
Ebenso, wie sie es geschafft hat, mit dem Malen eine neue Perspektive für ihr Leben zu finden. Schon immer habe sie sich der Kunst verbunden gefühlt, aber ihr Vater habe sich gegen den Besuch der Kunsthochschule ausgesprochen, erzählt die Weyarnerin. So habe sie gegen ihre Überzeugung Modedesign studiert und ihren Abschluss gemacht. Die Welt der Oberflächlichkeit aber habe nicht ihrer Welt entsprochen und so zog sie die Notbremse.
Wimmelbilder gemalt
Als Quereinsteigerin startete sie in die Selbständigkeit als Illustratorin. „Ich bin ins kalte Wasser gesprungen“, sagt sie und habe sich alle Techniken, auch die digitalen, selbst angeeignet und für führende Verlage für Kinder- und Schulbücher gearbeitet. Mit großer Freude habe sie unter anderem Wimmelbücher illustriert.
Zwei Bilder mit Engeln. Foto: MZ
Dann aber gründete Claudia Bichler eine Familie und konstatiert: „Das war der Todesstoß für die Selbständigkeit, große Aufträge waren nicht mehr drin.“ Sie sei vor dreieinhalb Jahren in eine psychische Lebenskrise geraten, eine Welt sei zusammengebrochen. Aber sie habe Glück gehabt. Im schlimmsten Moment habe wie ein Schutzengel eine Freundin vor der Tür gestanden, die sie bitten konnte, sie ins Krankenhaus zu fahren.
„In mir waren keine Farben mehr“
Monatelang blieb sie in stationärer Behandlung. „In mir waren keine Farben mehr“, beschreibt sie ihre damalige Situation. Und fand dann im Malen einen Ausweg. „Malen ist Sammeln, Ruhe und Lebensfreude finden“, erklärt sie.
Große Unterstützung habe sie von ihren Freundinnen und Freunden des von Andrea Wehrmann geleiteten Chores „Rainbow Gospel Voices“ erhalten, ist Claudia Bichler dankbar. „Sie haben kein Stigma daraus gemacht“, sagt sie und ihr Blumen und Geschenke gebracht.
Mit dreidimensionalen Strukturen. Foto: MZ
Heute geht es der Mutter von zwei Buben gut und sie möchte zeigen, dass seelische genauso wie körperliche Verletzungen behandelbar sind und dass Freunde helfen können, Krisen zu bewältigen, um wieder Freude am Leben zu haben.
Lebensfreude vermitteln
„Ich habe nicht den Anspruch, die größte Künstlerin auf dem Planeten zu sein“, sagt sie lachend, „ich bin Autodidaktin und sehr froh, wenn ich diese Lebensfreude mit meinen Bildern vermitteln kann.“
Claudia Bichlers Bilder sprühen von Farbe. Foto: MZ
Die Farben ihrer Bilder und ihre Geschichte zeigen, dass psychische Krisen überwunden werden können und dass die im Inneren fehlenden Farben zurückkommen können.
Claudia Bichler erinnert sich auch dankbar an die Sachbearbeiterin der Caritas, die ihr beistand und sie in den schweren Zeiten begleitete. „Es ist schön zu sehen, wo man angefangen hat und wo man heute steht“, resümiert die Weyarnerin.
Aquarelltechnik. Foto: MZ
Und sie freut sich über ihre beiden Buben, die Werbung für die Ausstellung machen und zur Vernissage, begleitet von den Rainbow Gospel Voices, die Gäste bewirteten.
Acryl und Aquarell
Wir stehen im Atelier ihres Hauses, das voller farbenfroher Bilder ist, die im vergangenen Jahr entstanden. Claudia Bichler nimmt eins nach dem anderen in die Hand und erklärt die unterschiedlichen Maltechniken in Acryl und Aquarell.
Schmuck aus Abfall. Foto: MZ
So probiert sie auch Acrylgießen aus. „Das ist eine spannende Sache, da gibt man die Kontrolle über das Bild ab“, erklärt sie den Prozess. Die mit dem Gießmedium verdünnte Farbe laufe dann auch über den Rand des Bildes. Dieser eigentliche Abfall aber sei so schön marmoriert, dass sie daraus Schmuck herstelle. In einem Kasten sind Anhänger und Ohrringe zu finden, die sie wie auch ihre Bilder zum Verkauf anbietet.
Mit Baumrinde
Zuweilen baut die Malerin auch Baumrinde in ihre Bilder ein, wodurch sich dreidimensionale Strukturen ergeben.
In Erinnerung an ihre Schutzengel-Freundin malt Claudia Bichler neben ihren eher abstrakten Bildern auch solche mit Engeln und freut sich: „Ich habe schon eins verkauft.“
Flügel oder Strand?. Foto: MZ
Normalerweise überlegt sie sich nicht vorher, was sie malen will, sondern lässt sich von ihrem Bauchgefühl leiten. Das Ergebnis lässt sich sehr unterschiedlich deuten, wie sie an einem Bild erklärt: „Ich sehe einen Engelsflügel, manche sehen einen Strand, meine Kinder sehen Feuer und Wasser.“
Pusteblumen. Foto: MZ
Eine Ausnahme ist das Bild der Pusteblume, „die wollte ich malen“, lächelt Claudia Bichler und bekennt: „Ich bade in den Farben.“
Zum Weiterlesen: „Seelenschreiben“ für mentale Gesundheit