CRESCENDO#makemusicnotwar

CRESCENDO #makemusicnotwar

Peter Simonischek als Dirigent Eduard Sporck in „CRESCENDO#makemusicnotwar“. Foto: CCC Filmkunst Oliver Oppitz

Film in Holzkirchen

Kann Musik dort Brücken bilden, wo seit Generationen Verzweiflung und Hass Gräben verteidigen? Der Film „CRESCENDO#makemusicnotwar“ wagt die Annäherung an den israelisch-palästinensischen Konflikt anhand eines musikalischen Experiments mit unbestimmtem Ausgang.

Aus den Gesichtern der Besucher der letzten, diesjährigen Filmpräsentation innerhalb des Formats „anders wachsen“ im FoolsKINO, ließ sich Betroffenheit ablesen. Die übliche Diskussion, ein ansonsten geschätzter Teil der Veranstaltungsreihe von Kulturvision e.V., fiel diesmal aus, hätte sie doch nie der Komplexität des Themas in einem halbstündigen Gespräch gerecht werden können, wie Monika Ziegler bei der Begrüßung erklärte.


Die Israelis und Palästinenser sollen über Gespräche zueinander finden. Foto: CCC Filmkunst Oliver Oppitz

Der Plot des unter der Regie von Droro Zahavi 2019 erstmals gezeigten Filmes „CRESCENDO#makemusicnotwar“ von CCC Filmkunst im Verleih von Camino-Film ist höchst dramatisch gestaltet. Schon der Filmbeginn lässt erahnen, dass sich der Betrachter nicht zurücklehnen und distanziert bleiben kann. In der ersten Szene übt Layla (Samira Amali) mit ihrer Violine frühmorgens in ihrem bescheidenen Elternhaus im Westjordanland für das anstehende Vorspielen in Tel Aviv. Schreie auf der Straße, Sirenen und Explosionsgeräusche bringen sie dazu, das Fenster zu schließen und mit Tränen in den Augen umso intensiver weiter zu üben. Für die Teilnahme am Casting für das israelisch-palästinensische Orchesterprojekt, das von Berlin aus geplant wird, muss sie sich gegen die Bedenken ihre Mutter durchsetzen sowie den israelischen Checkpoint mit seinen Schikanen passieren.

Das schnelle, erste Scheitern

CRESCENDO#makemusicnotwar
Dirigent Eduard Sporck (Peter Simonischek) macht mit den Musikerinnen und Musikern einen Ausflug bei Sterzing. Foto: CCC Filmkunst Oliver Oppitz

Gleich bei der ersten Begegnung der jungen Musiker unter dem renommierten deutschen Dirigenten Eduard Sporck (Peter Simonischek) in Tel Aviv offenbaren sich die Verletzungen, der Hass und die Urteile zwischen den jungen Musikern der beiden Nationen. Die Proben führen schnell zu handgreiflichen Auseinandersetzungen und werden daraufhin aus Sicherheitsgründen nach Südtirol verlegt.

Dort wird schnell klar, dass das diffizile Zusammenspiel in einem Orchester unter der emotionalen Dissonanz der Musiker leidet. So wechseln sich Proben mit Zusammenkünften ab, in denen die jungen Menschen Gelegenheit bekommen, sich die Wut aus dem Körper zu schreien, einander Familiengeschichten zu erzählen und ihren Weg bis zur Entscheidung zu gehen, ob sie den Frieden zwischen ihnen und den „anderen“ überhaupt wollen. Die gemeinsam erreichten Momente der Begegnung scheinen fragil, fortwährend bedroht durch die generationsüberdauernden Wunden, die schnell und heftig aufplatzen, sobald sich die Gelegenheit bietet.


Eyan Pinkovich (Shira) und Mehdi Meskar (Omar) sollen sich jeweils in die andere Religion hineinversetzen . Foto: CCC Filmkunst Oliver Oppitz

„Makemusicnotwar“ wird auf die Probe gestellt

Das unverblümte, leidenschaftliche Ausleben der Gefühle der jungen israelischen und palästinensischen Musiker in deren Originalsprachen geht unter die Haut. Es bildet einen klaren Kontrast zur idyllischen Landschaft Südtirols sowie zum kontrollierten Ausdruck des deutschen, alternden Dirigenten. Dieser offenbart im Laufe des Prozesses seine eigene Wunde. Seine Eltern, deutsche NS-Ärzte, hatten sich damals nach dem Krieg in Südtirol versteckt. Als Sohn von Massenmördern glaubte er lange nicht an einen möglichen Frieden zwischen Juden und Deutschen, konfrontierte sich sowohl mit den Gräueltaten seiner Eltern als auch mit dem Leiden deren Opfer und kam doch zu dem Ergebnis, dass Frieden möglich ist.


Abschlussszene am Flughafen. Foto: CCC Filmkunst Christian Luedeke

Reicht der Wunsch nach Frieden?

Unter der Leitung des Dirigenten tasten sich die jungen Menschen vorsichtig an die vermeintlichen Feinde heran. Die temperamentvolle Geigerin Layla trifft auf den ebenfalls starken Charakter des israelischen Stargeigers Ron (Daniel Donskoy) und eine berührende Liebesgeschichte entwickelt sich zwischen der israelischen Hornistin Shira (Eyan Pinkovich) und dem palästinensischen Klarinettisten Omar (Mehdi Meskar). Deren tragisches Ende mag überzeichnet wirken, zerschlägt aber in konsequenter Art jede Hoffnung auf ein schnelles Ende des Konfliktes. Die verbindende Kraft der Musik sowie der mutige Entschluss, Frieden überhaupt erst zu wollen und Schritte in seine Richtung zu tun, zeigen dennoch Wirkung, wenn auch nicht das erwünschte Resultat.

Angelehnt ist die Idee zum Film „CRESCENDO#makemusicnotwar“ an das seit 1999 existierende „West-Eastern-Dive Orchestra“, das aus Musikern aus Israel, Palästina und anderen arabischen Ländern besteht und weltweit auftritt. Diese sowie viele weitere Initiativen mutiger Menschen auf beiden Seiten des Konflikts zeigen auch jenseits der fiktiven Welt des Films immer wieder, dass Menschen, die einander zuhören, die Hoffnung auf Frieden aufrechterhalten.

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