Das andere Gesicht von Freiberg
Obermarkt in Freiberg mit Weihnachtspyramide. Foto: Petra Kurbjuhn
Kooperation Sachsen und Landkreis Miesbach
Die Bergwerks- und Universitätsstadt Freiberg schafft es mit Negativschlagzeilen bis in die Tagesschau. Es gibt aber auch ein anderes, positives Freiberg. KulturVision hat schon seit Jahren kulturelle Beziehungen zu der sächsischen Stadt, die jetzt wieder aufleben sollen.
Die sogenannten Spaziergänge von Impfgegnern und-skeptikern gegen die Coronapolitik der Regierung haben in den vergangenen Wochen in vielen Teilen Deutschlands massiv zugenommen. In Freiberg sollen aufgebrachte Demonstranten aggressiv gegen die Polizei vorgehen. Sogar in der Tagesschau werden immer wieder Bilder und Szenen aus der alten Silberbergstadt gezeigt.
Es scheint, als wären die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt rechtsradikal und Anhänger von Verschwörungstheorien. Es gibt aber auch ein anderes Freiberg.
Freiberg, Inschrift am Donatstor. Foto: Petra Kurbjuhn
Schon im Sommer 2019 gründete sich „Freiberg für alle“, um für ein friedliches und demokratisches Miteinander zu werben. Das Netzwerk untersteht dem Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt.
Dieses Bündnis hat sich in einem Offenen Brief scharf gegen die Spaziergänge gegen die Corona-Maßnahmen ausgesprochen. Damit spreche man für die große Mehrheit der Freiberger, denen diese illegalen Demonstrationen zuwider sein, heißt es von den Organisatoren. Der Brief schließt mit:
„Lasst Freiberg nicht zum Abenteuerspielplatz der Rechtsextremen und Coronaleugner werden! Wir akzeptieren nicht, dass das Image Freibergs in Mitleidenschaft gezogen wird. Wir wollen, dass weiterhin Touristinnen und Studenten aus aller Welt gerne hierherkommen und unseren Gastronominnen sowie Hoteliers und der Wirtschaft wichtige Einnahmen bescheren. Zurzeit trendet #Freiberg in den sozialen Medien und der Ruf der Stadt und der Region werden nachhaltig beschädigt. Das darf nicht sein! Wir sind eine offene, freie Stadt und das wollen wir auch bleiben.“
Freiberg, Untermarkt mit Dom und Bergbaumuseum. Foto: Petra Kurbjuhn
Aktuell haben 5.321 Menschen den Brief unterzeichnet, darunter auch Sven Krüger, Oberbürgermeister der Stadt Freiberg und zahlreiche Unternehmen, Vereine, politische Parteien und Organisationen, so dass die Zahl der sich zu dem Brief Bekennenden weitaus höher liegt.
Auf der Homepage der Stadt ist von einer neuen Imagekampagne zu lesen. Unter „Wir lieben Freiberg“ wolle sich die Stadt gegen das Image wehren, das ihr wenige Menschen deutschlandweit eingebrockt haben. Gemeinsam mit Unternehmen und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg solle ein klares Zeichen gesetzt werden.
Freiberg sei eine weltoffene Stadt mit großer Geschichte und Tradition, sie sei schön und liebenswert mit weltoffenen und kulturvollen Menschen.
Freiberg Gaststätte „Schwanenschlösschen“. Foto: Petra Kurbjuhn
Genauso haben wir die Stadt am Fuße des Erzgebirges kennengelernt. Wir widmeten die 11. Ausgabe der KulturBegegnungen dem Thema „20 Jahre Mauerfall“ und stellten beispielhaft Kulturstätten in Sachsen und Sachsen-Anhalt vor. Dabei widmeten wir uns in Freiberg dem historischen Stadttheater, dem romanisch/gotischen Dom, der Mineraliensammlung terra mineralia und den Freiberger Leseheften, sowie der Autorengemeinschaft Wort.
Aus letzterem entstand ein regelmäßiger Austausch, der bis heute anhält. Höhepunkt war ein literarisches Wochenende im Reithamer Weiherhäusel, zu dem fünf Autorinnen und Autoren aus Sachsen anreisten und auch der österreichische Verleger Richard Pils seinen Verlag der Provinz vorstellte.
Freiberg, Fortunabrunnen von Bernd Göbel. Foto: Petra Kurbjuhn
Die fruchtbare Zusammenarbeit wurde in Beiträgen für die KulturBegegnungen dokumentiert. Das Redaktionsteam stattete Freiberg im Jahr 2009 einen Besuch ab. Wir durften uns an der Orgelmusik im Dom und an einer Aufführung im ältesten Stadttheater der Welt erfreuen. Die mittelalterliche Stadt mit ihren Befestigungen aber auch die Freundlichkeit und Offenheit der Bewohner begeisterten das Team.
Den deutschlandweit renommierten Bildhauer Bernd Göbel, gebürtig aus Freiberg, konnten wir zweimal im Landkreis Miesbach zu einer Ausstellung gewinnen.
30 Jahre Mauerfall
Als wir aus Anlass von 30 Jahre Mauerfall gemeinsam mit Andreas Hoernisch ein Projekt planten, bezogen wir die Freiberger wieder ein. Der Vater von Andreas Hoernisch hatte vor 30 Jahren eine Grafik erstellt, die er zahlreichen Prominenten zur Diskussion schickte, die Ergebnisse sind in einem Buch festgehalten. Wir wiederholten dies und gestalteten eine Ausstellung mit den alten und den neuen Kommentaren. BR-Moderator Stefan Scheider fasste alles auf einer Webseite zusammen.
Grafik von Otto Hoernisch
Lesetipp: Eindrücke und Gedanken zwischen Ost und West
Daran anschließend entschieden wir im Herbst 2019, die kulturellen Beziehungen zu Freiberg zu intensivieren. In mehreren Gesprächen mit dem Kulturreferenten der Bergstadt Andreas Schwinger in Freiberg und im Waitzinger Keller Miesbach kamen wir zu dem Schluss, dass uns insbesondere der Bergbau verbindet.
Isabella Krobisch, Leiterin des Miesbacher Kulturzentrums und Andreas Schwinger arbeiteten ein gemeinsames Konzept zu Begegnungen in den beiden Kommunen aus, das zunächst der Pandemie zum Opfer fiel.
Emabeth Sergel an der Silbermannorgel im Dom. Foto: privat
Inzwischen aber übernahm die Jugend das Zepter. Emabeth Sergel aus Miesbach besuchte 2021 im Sommer ein Orgelcamp in Freiberg und war begeistert.
Lesetipp: Miesbacherin an der Silbermannorgel in Freiberg
Inzwischen hat sich die Idee verfestigt, über die gemeinsamen Bergbautradition ein länderübergreifendes Projekt zu installieren. Das Kulturamt Miesbach und KulturVision haben dazu bereits Gespräche geführt.