„Konzert ohne Dichter“ – das Bild wird lebendig
Neuerscheinung auf dem Buchmarkt
„Konzert ohne Dichter“ nennt Klaus Modick seinen Roman. Er bezieht sich dabei auf ein Gemälde von Heinrich Vogeler, das die Worpsweder Künstlerkolonie um 1900 zum Inhalt hat, aber einer fehlt: Rainer Maria Rilke. Warum?
Klaus Modick erzählt die Entstehungsgeschichte dieses Bildes, in dem er die Freundschaft zwischen dem Paradiesvogel und Jugendstilmaler Vogeler und dem heranwachsenden Dichter Rilke in feinen Strichen nachzeichnet. Wie man sich begeistert zu neuen Ufern in der Kunst und Literatur aufmachte und wie dann diese Freundschaft kläglich scheiterte.
Der Dichtergenius Rilke wird nicht allzu sympathisch geschildert, sondern kommt eher als selbstbezogener Frauenverführer und Schnorrer daher. Vogeler hingegen ist ein ewig Zweifelnder, der zwar in der Kunstszene großes Ansehen hat, aber nie mit sich und seinem Werk zufrieden ist. Anfangs verbindet die beiden Männer eine Seelenfreundschaft, aber sukzessive bröckelt diese bis hin zur totalen Fremdheit.
Welt der Boheme
Diesen Prozess erlebt der Leser durch die Arbeit an dem Bild „Das Konzert“ mit. Zumeist aus der Perspektive Vogelers geschrieben, ist das Buch eine athmosphärische Schilderung der Welt der Boheme von Worpswede, wo Vogeler sein Anwesen Barkenhoff hat und wohin er Rilke immer wieder eingeladen hat. Auf Barkenhoff also findet das sommerliche Konzert statt.
Vogeler selbst ist bei den Musizierenden am Cello, aber reichlich verdeckt von seinem Bruder im Vordergrund. In der Mitte steht seine Frau Martha, vor ihr der Hund und links ist eine Gruppe von Frauen zu sehen. Das Ganze umrankt jugendstilmäßig von Blumen. Anfangs hatte Vogeler Rilke zwischen die Frauen gemalt, aber später wieder entfernt. Bei den Frauen handelt es sich um Paula Modersohn-Becker, Agnes Wulf und Clara Rilke-Westhoff und im Hintergrund steht Otto Modersohn.
Menage a trois
Liest man Modicks Roman, wird das Bild lebendig. Die Ehe von Paula Modersohn-Becker und Otto Modersohn ist in der Krise, war wohl von Anfang an eher eine Scheinehe, denn Paula liebt Rilke.
Klaus Modick macht die Menage a trois, die wohl zwischen Rilke, Paula Becker und Clara Westhoff bestand, in seinem Roman deutlich, aber auch Clara wird in der Ehe mit Rilke nicht glücklich, denn der Dichter kümmert sich weder um sie noch um das gemeinsame Kind.
Auch Martha Vogeler ist unglücklich, ihre Ehe mit dem Maler des Bildes, anfangs sehr liebevoll, kriselt. Als Leser ist man immer wieder versucht, die Schilderungen des Autors in dem Bild nachzuvollziehen, zudem gewinnt man einen tiefen Einblick in das Leben der berühmten und doch wohl nicht ganz so geglückten Worpsweder Künstlerkolonie, also ein doppelter Blick hinter die Kulissen, sehr empfehlenswert!