DDR-Kunst

DDR-Kunst und Backsteingotik in Beeskow

Axel Krause „Fasching“. Foto: Petra Kurbjuhn

Unterwegs im Osten Deutschlands, Teil 2

Auf der Reise durch den Osten Deutschlands treffen wir auf den Ort Beeskow und erleben eine Überraschung. Diese Kreisstadt im Landkreis Oder-Spree hat nicht nur einen historischen Stadtkern, sondern gleich zwei kulturelle Projekte mit Nachahmungswert aufzuweisen.

Lesetipp: Unterwegs im Osten, Teil 1

Eigentlich sollte der Aufenthalt in der Seenlandschaft dem Wandern und Baden dienen, aber der Streifzug durch den Ort erwies sich als so spannend, dass wir den Tag der Kultur widmeten. Die Stadt Beeskow wird von Theodor Fontane in seinen berühmten Wanderungen durch die Mark Brandenburg so beschrieben: „Beeskow ist nicht so schlimm, als es klingt.“

Das hat weniger mit dem Ort, als mit schwierigen Familienverhältnissen zu tun, seine Frau Emilie stammte aus Beeskow, wurde aber zur Adoption freigegeben, da sie aus einer unehelichen Beziehung stammte, und dies wollte der Schriftsteller vertuschen.

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St. Marien in Beeskow. Foto: Petra Kurbjuhn

Beeskow also ist ganz und gar nicht schlimm, sondern sehenswert. Die im 13. Jahrhundert gegründete Stadt hat eine sorgfältig restaurierte Stadtmauer, die man umrunden kann, wobei man auf mehrere Türme trifft, und eine bemerkenswerte gotische Kirche.

St. Marien, erbaut im 14. Jahrhundert, ist eine der größten Kirchen der Backsteingotik in der Mark Brandenburg, ihre Höhe ist kaum fotografisch einzufangen.

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Ältestes Haus von Beeskow. Foto: Petra Kurbjuhn

Direkt neben der Kirche stoßen wir auf das älteste Haus Beeskows aus dem Jahre 1482, es ist ein kleines Museum und zeigt die Lebensweise der Menschen aus dieser Zeit.

Kunstdepot mit 17 000 Werken DDR-Kunst

Außerhalb der Stadtmauer entdecken wir die mittelalterliche Burg, die heute als Bildungs-, Kultur- und Musikschulzentrum des Landkreises Oder-Spree dient. Insbesondere ist in einem Nebentrakt das Kunstarchiv Beeskow mit 17 000 Werken aus der DDR-Kunst untergebracht.

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Tor zur Burg Beeskow. Foto: Petra Kurbjuhn

Diese außergewöhnliche Sammlung beherbergt Kunst aus 40 Jahren DDR, einem Land, das es nicht mehr gibt. Die Bilder, Skulpturen, Textilarbeiten waren zu DDR-Zeit in Besitz von Partei und staatlichen Einrichtungen und gehören jetzt den neuen Bundesländern. Im Beeskower Depot lagern die Werke der Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Generationen-Kunstprojekt

Wir haben das Glück, eine ganz besondere Ausstellung aus Werken dieser Sammlung sehen zu können. Im Rahmen des Projektes „Alle in die Kunst! Ausstellung selbermachen im Kunstarchiv Beeskow“ haben sich „Kunstlaien“, also Menschen, die sich kaum mit Kunst befassen, ihre Lieblingsbilder zusammengestellt.

Dabei ließen sie sich von ihrer Lebenserfahrung und nicht von kunsthistorischen Erwägungen leiten. In der ersten Ausstellung sind das Menschen über 60. Eine zweite, die von unter Dreißigjährigen geplant wird, folgt im nächsten Monat.

DDR-Kunst
Wolfgang Böttcher „Agrarflug“. Foto: Petra Kurbjuhn

Unter den Titeln „Buntes Leben“, „Strukturen des Alltags“, „Zwischen den Zeilen“ und „Fadenschein“ sehen wir Arbeiten, die das Leben eines untergegangenen Landes wiederspiegeln. Dabei sind solch bekannte Künstler wie Wolfgang Mattheuer oder Bärbel Bohley.

Mit Scharfsinn, Spitzfindigkeit und großem handwerklichen Können haben die DDR-Künstler das Leben in diesem Land aus ihrer Sicht dargestellt, das Bunte ebenso wie das Graue, das Triste ebenso wie das Erfinderische.

DDR-Kunst
Hartmut Staake „Schönes Wochenende“. Foto: Petra Kurbjuhn

Mich fasziniert Axel Krauses „Fasching“ in seiner Morbidität ebenso wie Wolfang Böttchers „Agrarflug“, ein typisches DDR-Bild, bei dem man zwischen den Zeilen lesen muss. Auch Hartmut Staakes „Schönes Wochenende“ ist vielsagend, allerdings wohl nicht auf die DDR beschränkt.

Lesetipp: 30 Jahre Mauerfall: Bilder aus der DDR

Das Kunstarchiv Beeskow versteht sich als Forschungsstätte und öffentlicher Geschichtsspeicher. Besucher sind eingeladen, das hier lagernde Konvolut von mehr als 1700 Künstlerinnen und Künstler zu befragen. In den Räumlichkeiten der Burg Beeskow ist seit 2019 das Kunstdepot für Besucher zugänglich.

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Hartmut Metzkes „Kaufhalle“. Foto: Petra Kurbjuhn

Es steht in Zusammenhang mit Dokumentationszentrum Alltagskultur in Eisenhüttenstadt, nur 30 Kilometer entfernt. Beide Institutionen habe ein Ziel: das Bewahren, Erschließen und zeitgemäße Vermitteln einer Kultur, die nach 1990 ihren gesellschaftlichen Bezugsrahmen verlor, die es aber verdient, aus neuer Perspektive betrachtet zu werden.

DDR-Kunst „Alle in die Kunst“

Wir bedauern es sehr, dass wir den zweiten Teil der Ausstellung „Alle in die Kunst“, der die Lieblingswerke der jungen Generation präsentieren wird, nicht sehen können. Die Idee indes dieses Konzeptes, nämlich ein Generationen-Kunstprojekt zum Mitmachen, das halten wir für nachahmenswert.

Burgschreiber/in gesucht

Ein zweites Projekt könnte für Literaten aus unserer Region, die bereits eigene Veröffentlichungen aufzuweisen haben, interessant sein: „Burgschreiber/in zu Beeskow gesucht“. Es wird vom Landkreis Oder-Spree und der Stadt Beeskow für die Dauer von fünf Monaten ausgeschrieben (Januar bis Mai 2021). Es ist mit einem Förderstipendium in Höhe von 5.000,- Euro sowie freiem Wohn- und Arbeitsraum auf der Burg Beeskow verbunden. Die Bewerbungsfrist endet am 30. Juni.

Hier finden Sie die Ausschreibung.

Wir setzen unsere Reise durch die Märkische Heide in Richtung Spreewald fort, Teil 3 folgt.

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