„De wuide Lady“ in Tegernsee
„De wuide Lady“ gespielt von Christina Kern, die neue Komödie des Tegernseer Volkstheaters. Foto: Selina Benda
Theaterpremiere in Tegernsee
Zwei Adlige und zwei Grenzer, unterschiedliche Sprachen und einige Missverständnisse – das ergibt eine besonders amüsante Mischung. Die Uraufführung der Komödie „De wuide Lady“ im Tegernseer Volkstheater bewies erneut die talentierte Feder von Andreas Kern und die Spielleidenschaft seines Theaterensembles.
Mittelpunkt des kurzweiligen Stücks ist die Geschichte um Lady Jane Digby, gespielt von Christina Kern. Die abenteuerlustige und stets auf Männerfang befindliche englische Aristokratin, hat nicht nur eine ereignisreiche Vergangenheit im Gepäck und wird deshalb auch „De wuide Lady“ genannt, sondern auch ihren loyalen Begleiter Maurice Alain Chevalier De Lon (Andreas Kern). Am Grenzübergang von Österreich nach Deutschland, in Stuben bei Kreuth, treffen die beiden Adligen auf die zwei Gendarmen Severin Kandlbinder (Nico Foltin) und Alois Scharnagel (Lenz Feichtner), die ihnen die Weiterreise nicht so leicht machen werden.
Autor Andreas Kern (l.) spielte den Franzosen Maurice Chevalier. Foto: Selina Benda
De wuide Lady und ihre Männer
Eigentlich ist Lady Digby nämlich auf dem Weg nach München, um dort mit ihrem französischen Kompagnon auf Einladung des ehemaligen König Ludwig I., die „Erste allgemeine Deutsche Industrieausstellung“ zu besuchen. Jedoch geraten die Beiden an zwei typisch deutsche Beamte, die vor allem ihre Dienstpause sehr ernst nehmen. Die beiden ungleichen Beamten werden herrlich amüsant von Nico Foltin und Lenz Feichtner gespielt. Dabei wird nicht nur das Beamtentum, sondern auch die manchmal etwas flapsige Art der Bayern gehörig auf die Schippe genommen. Mit einem Augenzwinkern nimmt Kern als Autor dabei nicht nur die berühmte Bierbrau-Wirtschaft am Tegernsee und die Sommerfrischler, sondern auch die Bayern an sich aufs Korn.
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Ein humoriges Missverständnis nach dem anderen bringt alle Beteiligten in heikle Situationen. Foto: Selina Benda
Da sich die beiden Grenzgendarme natürlich auch um die korrekte Verzollung von eingeführten Waren kümmern und ihren Dienst sehr ernst nehmen, kommt es zunächst wegen einer Mailänder Salami und im Laufe der Zeit dann auch noch wegen einem Revolver der wuiden Lady zu großen Missverständnissen zwischen den ungleichen Vieren. Dabei sei besonders hervorgehoben, dass das lediglich vierköpfige Ensemble in diesem Stück nicht eine Sekunde verstreichen lässt, um das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Christina Kern scheint ihre Rolle förmlich auf den Leib geschnitten und Ehemann Andreas Kern überzeugt wieder einmal mit herausragender Mimik und Gestik. Erstaunlich, wie beide das gesamte Stück hinweg vollkommen mit ihren Rollen zu verschmelzen scheinen, was nicht nur ob des englischen und französischen Dialekts einer Meisterleistung gleicht.
Liebeleien im Grenzhaus
Doch schon bald dreht sich die zunächst für die beiden Adligen aussichtslos erscheinende Situation zu deren Vorteil. Als eingespieltes Team, das bereits seit 20 Jahren durch die Welt reist und jeder für sich seinen Liebesabenteuern nachgeht, wissen es Lady Digby und Maurice Chevalier, die Geschichte zu ihren Gunsten zu verdrehen. Denn als ein Gewitter über Kreuth zieht, ist die Weiterfahrt endgültig auf den nächsten Tag verschoben, doch als die beiden naiven Grenzbeamten ihrem adligen Besuch eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten, wissen sie nicht, auf welch schlitzohriges Pärchen sie da getroffen sind. Denn der Franzose frönt gerne seiner Leidenschaft der Verführung junger Liebhaber und hat völlig ungeniert ein Auge auf den Jungspund Alois Scharnagel geworfen. Die wuide Lady hingegen, möchte nichts sehnlicher, als auch Severin Kandlbinder ihrer Liebhaber-Trophäensammlung hinzu zu fügen. Doch geht die Wette zwischen den beiden ungewöhnlichen Aristokraten auf? Dies sei an dieser Stelle nicht verraten.
Alois Scharnagel (Lenz Feichtner) (r.) wird von Maurice Chevalier (Andreas Kern) umschwärmt. Foto: Selina Benda
Am nächsten Morgen soll es für die wuide Lady und ihren Begleiter nun endlich nach München zum König höchstpersönlich gehen doch ein ganz besonderes Buch, macht dem Vorhaben erneut einen Strich durch die Rechnung. Mehr schlecht als recht setzen die Gendarmen die Adligen erneut fest, um sich schlussendlich doch wieder deren Tricks geschlagen geben zu müssen. Alles in allem schafft es das Ensemble des Tegernseer Volkstheaters in der Komödie „De wuide Lady“ wieder einmal, dem Publikum mit Wortwitz, großartigem Schauspiel und einer gehörigen Portion Ironie einen besonders vergnüglichen Abend zu bescheren. Regie führte Kerns Schwägerin Mona Freiberg vom Chiemgauer Volkstheater.
Die Komödie „Die wuide Lady“ begeisterte das Publikum. Foto: Selina Benda
Erleichterung auf der Bühne
Mit minutenlangem Applaus bedankten sich die Premierengäste bei Andreas Kern und seinem Ensemble für einen leichtfüßigen Abend, der die Schwierigkeiten der letzten Zeit verblassen ließ. Auch das gesamte Theaterteam atmete erleichtert auf, denn die Premiere musste aufgrund mehrere Coronafälle unter den Schauspielern und so einem uneinholbaren Probenstop für drei Wochen, schon verschoben werden. „Es ist eine ganz schwierige Zeit momentan, aber wir sind optimistisch“, bedankte sich Andreas Kern bei seinem Publikum. Das durfte sich nach langer Pause auch endlich wieder auf die Tradition der Premierenparty mit Leberkäsesemmeln und Bier freuen.