Den Inneren Raum nach Außen öffnen

„Ätervanda – Zurückkommen“ Schweden, 2014. Foto: Tobias Hohenacker

Atelierbesuch in Jasberg

Der Fotograf Tobias Hohenacker hält ungewöhnliche Fotoseminare in seinem Atelier, jenseits von Hektik und Lärm. Er lehrt den Teilnehmenden vor allem das Schauen – nach Innen, und erst dann nach Außen.

Das Atelier in Jasberg ist groß und hell. Der Blick fällt in den Garten, bleibt am Blau eines Rittersporns hängen, schweift in die Weite. Draußen hört man Vögel zwitschern, sonst ist es still. Nichts lenkt ab. Es geht um Fotografie. Es geht ums Sehen, ums Schauen. In sich hinein und in die Welt hinaus. Und so beginnen seine Seminare für die Teilnehmer auf ungewöhnliche Art. Sie beginnen mit Musik. Sie beginnen mit Sprache. Halt, Moment, denkt man, ich hatte doch ein Fotografieseminar gebucht? „Hören führt in die Geborgenheit“ sagt er und zitiert den Philosophen Martin Heidegger: „Ich bin bei mir.“ Für den Jasberger ist die Fotografie unmittelbar mit dem eigenen Sein verbunden, ist die „bildliche Verortung in der Welt“. Aus der Geborgenheit und dem Schutz heraus, den Musik und Vorlesen erzeugen, kann dann mit der Kamera agiert werden.

Kamera als Mittel zum Zweck des Dialogs

Die Fotografie ist ein schöpferischer Prozess. Es entstehen eigene Bilder, die der Fotografierende mit eigenem Blick einfängt. Das ist Tobias Hohenacker wichtig, weil in unserer vernetzten Welt zumeist schnelle „Jagd auf Klischees“ gemacht wird. Mit einem Klick wird ein Foto „geschossen“, das, in den sozialen Medien geteilt, nur noch mit „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“ bewertet wird. Der Dialog über das Bild geht verloren. Ihm hingegen geht es um das Begegnen in der Fotografie, um den Dialog, das Gespräch. Die Kamera ist das Medium, ist Mittel zum Zweck. Um in den Prozess zu kommen, braucht es nur wenig Technik. Das Wesentliche ist das Sehen. Der Rest ist Intuition.

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„Der Moment der Wahrheit“ Italien, 2015. Foto: Tobias Hohenacker

Für Tobias Hohenacker ist Fotografie immer zugleich auch Beziehungsarbeit. Beziehung zum Objekt, zur Landschaft, zum Portrait und zu „mir“ selbst. „Was passiert mit mir, warum mache ich das?“, gilt es zu ergründen. So sind die Seminare im Atelier sehr persönlicher Natur. Jedes frei entstandene Foto ist gewissermaßen ein Selbstportrait des Fotografen. Und so nehmen in den Seminaren Gespräche viel Raum ein, die „den Anderen“ ergründen. Wenn man den Bildern Fragen stellt, beispielsweise: „Was ist das für ein Mensch, der dieses Foto gemacht hat?“, dann antworten sie, sagt Hohenacker. Seine Gabe ist das Hinschauen, nicht nur auf die Fotografie, sondern auf den Menschen. Und so sieht er nicht primär das Bild, sondern das Gefühl dahinter: Zuversicht, Zweifel, Hoffnung usw. Dieses Hinsehen, das „In sich gehen“ beim Fotografieren, vermittelt er seinen Seminarteilnehmern. Und jene, die gekommen sind, um technikorientiert das Handwerk der Fotografie zu erlernen, gehen mit ganz unerwarteten Erkenntnissen nach Hause. Haben nach Innen gehen und suchen und etwas finden müssen, das sich nun in ihrer Fotografie widerspiegelt.

„Alles Leben ist Begegnung“

Seit Jahren hält Tobias Hohenacker künstlerische Fotografieseminare. Manche haben an geschützten Rückzugsorten stattgefunden, in Klöstern wie Benediktbeuren oder auf der Fraueninsel. In namhaften Firmen der Industrie sind seine Seminare Teil von Programmen zur Persönlichkeitsentwicklung, wo er mit der Fotografie die Intuition schult. In Kursen und Einzelcoachings steht er Fotografen beim Planen ihrer Ausstellung zur Seite, von der Auswahl der Bilder, der Hängeordnung bis hin zu den Katalogtexten, der Einführungsrede. Er verknüpft Bereiche, die für ihn zusammen gehören und bedient damit eine Nische: Fotografie und Begegnung. Bild und Sprache. Seine fotografisch-künstlerische Herangehensweise folgt einem dialogischen Prinzip, einem Satz des Religionsphilosophen Martin Buber: „Alles Leben ist Begegnung“.

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Im Atelier in Jasberg. Foto: Tobias Hohenacker

So heißt ein Workshop beispielsweise „Begegnungsraum“ und bietet die Möglichkeit, gemeinsam über die Aussage der Bilder zu sprechen. Auch in „Die Essenz der Bilder“ wird der Kern des mitgebrachten Bildmaterials freigelegt. „Workflow Basics“ vermittelt Gegebenheiten von Kamera, Computer und Peripherie, um mit der komplexen Technik in den Fluss der Fotografie zu kommen. In der Portraitfotografie vermittelt er, sich selbst und den Anderen auf aufmerksame Weise zu betrachten. Und dann gibt es natürlich die Seminare, in denen Tobias Hohenacker mit den Teilnehmern hinaus in die Landschaft geht und dort fotografiert. Denn, so sagt er, „man findet den inneren Raum draußen in der Natur“.

Mehr über Tobias Hohenacker erfahren Sie über seine Ausstellung in Bad Tölz im Stadtmuseum.

Im November 2016 wird Tobias Hohenacker im Stadtmuseum Bad Tölz Arbeiten zum Thema „Wallfahrt“ präsentieren. Mehr Informationen über den Fotografen und sein detailliertes Seminarprogramm finden Sie unter: www.tobiashohenacker.de

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